Mietergemeinschaft Kotti & Co. - 14. Januar 2013 Pressemitteilung zum Mietenkonzept / Hauptausschuß Senat
Mietenkonzept
Am Mittwoch, dem 16.1. wird dem Hauptausschuß des Senats ein neues "Mietenkonzept" zur Abstimmung übergeben.
Damit reagiert der Senat auf die Proteste der Mietergemeinschaft Kotti & Co. Wir fordern eine Absenkung der Miete im sozialen Wohnungsbau in Berlin. Die Miete liegt hier inzwischen oft weit über den Sätzen, die vom Jobcenter bezahlt werden, so dass sehr viele vom Regelsatz dazu bezahlen müssen. Die, die das nicht können, sind in Folge von Zwangsräumung bedroht. Wer Arbeit hat, zahlt derzeit zwischen 50 und 70% seines Einkommens für die Miete, zumindest am Kottbusser Tor. Wir fordern deshalb 4,- EUR nettokalt pro Quadratmeter.
Was der Senat jetzt tut, hält jedoch Verdrängung und Verarmung nicht auf. Er will die Mieten pauschal in 16 Großsiedlungen senken lassen. Auf 5,50 EUR in den nächsten zwei Jahren und danach auf 5,70 EUR. Für uns Mieterinnen und Mieter am "Kotti", die wir seit Mai ununterbrochen auf der Strasse in einem Protestcamp protestieren, bringt das fast gar nichts.
Eine Familie aus der Admiralstraße, die am 6.2.2013 auf Anordnung der GSW zwangsgeräumt werden sollte, da sie seit Jahren nur den vom Jobcenter genehmigten Betrag zahlt, hat überhaupt nur eine Miete von 5,35 EUR. Die GSW nimmt am Kottbusser Tor aber so hohe Betriebskosten, dass die Warmmiete bei etwa 10,- EUR liegt. Das war dem Jobcenter zu viel. Die GSW hat ausgerechnet, dass die Kalt-Miete, die das Jobcenter noch übernehmen würde bei 3,80 EUR/qm liegen würde!
Ein Ehepaar mit drei Kindern erhält vom Jobcenter im Monat:
382,- EUR Regelsatz
345,- EUR Regelsatz Partner
224,- EUR für ein Kind unter 6 Jahren
255,- EUR für ein Kind bis 13 Jahre
289,- EUR für ein Kind bis 17 Jahre
753,- EUR Warmmiete (bei Gebäuden über 1.000 qm Grundfläche, typisch im Sozialen Wohnungsbau)
27,- EUR Fernwärmezuschuss
2.265,- EUR monatlich hat eine 5köpfige Familie zur Verfügung das sind 27.180,- EUR im Jahr
Betrachten wir einmal, was diese Familie mit der neuen Regelung am Kottbusser Tor bezahlen würde: Bei einer Miete von 5,50 EUR auf 97 qm zahlen wir monatlich 533,50 EUR Kaltmiete + 2,97 EUR/qm kalte Betriebskosten, also 288,09 EUR. Das sind insgesamt 821,59 EUR Bruttowarmmiete zuzüglich Heizkosten von ca. 70,- EUR. Wir errechnen eine Miete von 891,59 EUR. Das sind 40% des Einkommens, nicht 30%, wie von SenStadt errechnet.
Eine solche Warmmiete ist allerdings bei Vermietern wie der GSW völlig utopisch. Dort liegt derzeit die Kaltmiete oftmals noch bei 5,35 EUR und die Betriebskosten sind noch einmal so hoch. Durchschnittlich 10 EUR/qm warm zahlen wir für diese Wohnungen.
Hier hat der Berg leider nur eine Maus hervorgebracht.
Und diese Maus wird als großer Elephant der Stadtentwicklungspolitik angepriesen.
Wir sind uns bewusst, dass mit diesem geringfügigen Zugeständnis lediglich die Spitze unserer Kritik und des Protestes gebrochen werden soll. Es soll so aussehen, als wenn der Senat bereits etwas tut. Es ist ein ebenso scheinheiliger Kompromiss wie in der Liegenschaftspolitik. Es werden immer noch Grundstücke vergeben, ohne dass dort preiswerte Wohnungen für die untere Einkommensklasse zur Pflicht werden. Aber nur an diesen besteht Mangel.
Unser Protest ist noch lange nicht zu Ende. Erst wenn keine Mieter mehr aus finanziellen Gründen ausziehen müssen und wenn private Eigentümer, wie Hermes und GSW, nicht mehr mit Sozialmieten Gewinne erzielen dürfen, hat der Protest sein Ziel erreicht.
Eine temporäre Senkung der Mieten im sozialen Wohnungsbau ist nur ein Baustein für eine nachhaltige Lösung im Bestand des Berliner sozialen Wohnungsbaus. Das Problem ist damit jedoch nicht einmal ansatzweise gelöst - es wird nur verschoben. Auf unserer Konferenz im November letzten Jahres haben wir Vorschläge zur Kommunalisierung des Sozialen Wohnungsbau Bestandes skizziert. Hier gilt es nun anzusetzen, alle Erhebungen und Studien der letzten Monate zeigen, dass die vom Senat anvisierten Neubauprogramme die Wohnungsnot und explodierenden Mieten nicht kompensieren werden. Wir sehen den Senat und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung heute in der Bringschuld, Modelle für die Kommunalisierung des Bestandes von 150.000 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau zu liefern.
Dass sich überhaupt etwas bewegt und die Logik der Austeritätspolitik durchbrochen wurde, ist das Verdienst einer breiten Protestbewegung und der Beharrlichkeit der protestierenden Mieter. Wir protestieren als Nachbarn nun schon seit mehr als 7 Monaten für unser Bleiben in Kreuzberg. Wir erhalten nach wie vor sehr viel Unterstützung und unser Protest verbreitert sich stetig. Die Ankündigung von Senator Müller, die Mieten zu senken, hat uns zwar gefreut, aber als wir die Summe gehört haben war klar, wir werden weiter kämpfen, bis auch diejenigen von uns, die zu wenig Lohn bekommen oder beim Jobcenter sein müssen, bleiben können und nachhaltige Lösungen auf dem Tisch liegen.
Kotti & Co
Die Mietergemeinschaft am Kottbusser Tor
Anmerkung:
[1] Siehe hierzu auch die Tabellen in der PDF-Version dieses Beitrags:
http://kottiundco.files.wordpress.com/2013/01/kottico_pm-zum-mietenkonzept_14-1-13_kl.pdf
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Quelle:
Pressemitteilung vom 14. Januar 20123
Kotti & Co - Die Mietergemeinschaft am Kottbusser Tor
E-Mail: kottico(at)gmx.net
Internet: http://kottiundco.net
Facebook: http://www.facebook.com: Kotti Undco
veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2013