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BERICHT/859: Begegnungen junger Israeli und Palästinenser gefährdet? (Grundrechtekomitee)


Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Pressemitteilung vom 14. Januar 2009

Sind die Begegnungen junger Israeli und Palästinenser im Sommer 2009 gefährdet?


Seit dem Sommer 2002 haben sich im Rahmen der Aktion "Ferien vom Krieg" des Komitee für Grundrechte und Demokratie über 500 junge Menschen aus Israel mit über 500 Gleichaltrigen aus Palästina zu Dialogseminaren in Deutschland getroffen. Es waren schwierige und oft schmerzhafte Prozesse, denn viele der palästinensischen TeilnehmerInnen trauerten um nahe Angehörige, vermissten Brüder und Väter, die in israelischen Gefängnissen saßen und litten im Alltag unter materieller Not und Demütigungen. Die israelischen TeilnehmerInnen sprachen über ihre Ängste vor Anschlägen durch Selbstmordattentäter und vor den Raketen der Hamas bzw. Hisbollah. Viele von ihnen waren aber erstaunt und erschüttert, als sie von der unverhältnismäßigen Brutalität, mit der die israelische Armee in den besetzten Gebieten vorging, hörten. Alle TeilnehmerInnen bewiesen Mut, denn auf beiden Seiten können diese Kontakte als "Verrat" oder "Kollaboration mit dem Feind" denunziert werden und soziale Sanktionen zur Folge haben. Der Prozess war aber getragen von Hoffnungen und Visionen, die in den "188 Plädoyers für einen israelisch-palästinensischen Dialog" und vielen Berichten zum Ausdruck kommen (www.ferien-vom-krieg.de). Eine Palästinenserin formulierte als Resumee: "Wir können zusammmen leben - sogar unter einem Dach. Das ist eine phantastische Erfahrung!"

Das durch private Spenden finanzierte Projekt "Ferien vom Krieg" versteht sich auch in anderen Kriegs- und Krisengebieten als beispielhafte friedenspolitische Praxis, und nicht als Solidarisierung mit einer bestimmten Opfergruppe.

Noch zu Weihnachten erhielten wir Grüße aus Israel und Palästina und planten ein Vorbereitungsseminar im Januar für die Begegnungen im Sommer 2009. Doch schon 2 Tage später begann das Inferno im Gazastreifen - der Angriff einer der modernsten Armeen der Welt aus der Luft, vom Wasser und mit Bodentruppen auf ein dicht besiedeltes Gebiet ohne Fluchtwege. Die Bevölkerung wird ausgehungert und unterschiedslos dem Bombardement ausgesetzt. Fast 1000 Tote in drei Wochen. Tausenden Verletzten kann nicht geholfen werden. Doch auch die Raketen der Hamas haben Menschen in Israel getötet und verletzt. Sie haben die Rechtfertigung für diesen Krieg geliefert. Mit jedem Tag wachsen Hass und Gewalt ins Unermessliche.

Die zarten Ansätze zur Aussöhnung werden zur Zeit von den Machthabern im Blut ertränkt. Wir können nur hoffen, dass es weiterhin junge Menschen in Palästina und Israel geben wird, deren Denken und Handeln nicht von Rache und Hass bestimmt wird.

Unsere beiden Koordinatoren aus Israel (Keren Assaf von "Breaking Barriers" und Shlomo Regev von "Alternative Voice in the Galilee") und viele TeilnehmerInnen sind MitunterzeichnerInnen einer Petition, die von Intellektuellen in Israel initiiert wurde, und in der die Forderungen von palästinensischen Menschenrechtsorganisationen aufgenommen werden. Über 500 Menschen in Israel beweisen damit zum jetzigen Zeitpunkt großen Mut. Sie fordern ein internationales Eingreifen, da sie keine andere Chance mehr sehen, diesem Krieg ein Ende zu bereiten. Diese Initiative ist in Deutschland so gut wie unbekannt. Wir bitten Sie daher um eine Veröffentlichung.

In diesen Tagen schickte unser Koordinator aus Palästina schreckliche Bilder und forderte uns zu materieller und medizinischer Hilfe auf. Wir bitten um

Spenden an medico international, Frankfurter Sparkasse
Kontonummer 1800, BLZ 500 502 01
Stichwort: "Palästina"

Für das Team der Aktion "Ferien vom Krieg" des Komitee für Grundrechte und Demokratie

gez. Helga Dieter


In der Anlage finden Sie die Petition in der von den israelischen Initiatoren autorisierten Fassung


Petition von über 500 Menschen aus Israel an die Vereinten Nationen und die Europäische Union

In Unterstützung des internationalen Aktionsaufrufs der palästinensischen Menschenrechtsorganisationen Als ob die Besatzung, die anhaltenden brutalen Repressionen gegen die palästinensische Bevölkerung, der Siedlungsbau und die Blockade von Gaza nicht genug wären - folgt nun das Bombardement der Zivilbevölkerung: Männer, Frauen, Alte und Kinder. Hunderte Tote und Verletzte, überfüllte Krankenhäuser und das zentrale Medikamentendepot von Gaza zerbombt. Das Schiff "Dignity" ("Würde") der Free-Gaza-Bewegung, das dringende Medikamentenlieferungen und Ärzte brachte, wurde ebenfalls angegriffen. Israel kehrt zu seinen offenen Kriegsverbrechen zurück - schlimmer als das, was wir seit langem gesehen haben.

Die israelischen Medien berichten ihren Zuschauern nicht von den Schrecken und eben so wenig von der harten Kritik an diesen Verbrechen. Die mitgeteilte Geschichte ist uniform. Israelische Dissidenten werden als Verräter gebrandmarkt. Die öffentliche Meinung einschließlich die der zionistischen linken Unterstützer der israelischen Politik ist vorbehaltlos unkritisch.

Israels destruktive, verbrecherische Politik wird ohne eine massive Intervention durch die internationale Völkergemeinschaft kein Ende finden. Diese ist allerdings - mit Ausnahme einiger, vergleichsweise schwacher Verurteilungen - nicht gesonnen zu intervenieren. Die Vereinigten Staaten unterstützen die israelische Gewalt offen. Gleichzeitig ist Europa, trotz mancher Stimmen der Verurteilung, nicht bereit, ernsthaft die Rücknahme des "Geschenks" in Betracht zu ziehen, das es Israel mit der Aufwertung seiner Beziehungen zur Europäischen Union beschert hatte.

In der Vergangenheit wusste die Welt kriminelle Politik zu bekämpfen. Der Boykott gegen Südafrika war wirksam. Israel wird hingegen wie ein rohes Ei behandelt: Seine Handelsbeziehungen blühen, akademische und kulturelle Kooperationen werden mit diplomatischer Unterstützung fortgesetzt und vertieft.

Diese internationale Rückendeckung muss aufhören. Das ist der einzige Weg, die maßlose israelische Gewalt zu stoppen. Wir rufen die Welt auf, Israels Gewalt zu stoppen und die Fortsetzung der brutalen Besatzung nicht zuzulassen. Wir rufen die Welt auf, die Verbrechen Israels zu verurteilen und sie nicht als Komplizen zu decken.

Vor diesem Hintergrund rufen wir die Welt auf, den Aufruf der palästinensischen Menschenrechtsorganisationen umzusetzen, der darauf drängt, dass:

- "Der UNO-Sicherheitsrat eine Dringlichkeitssitzung einberuft und konkrete Maßnahmen - einschließlich der Auferlegung von Sanktionen - beschließt, um sicherzustellen, dass Israel seine Verpflichtungen gemäß dem internationalen Recht erfüllt.

- Die Vertragsparteien der Genfer Konventionen ihre Verpflichtungen gemäß Artikel 1 erfüllen und die Einhaltung der Statuten der Konventionen sicherstellen sowie geeignete Maßnahmen ergreifen, um Israel zu zwingen, seinen allgemeinen Verpflichtungen aus dem internationalen humanitären Recht nachzukommen, wobei besonderes Gewicht der Achtung vor Zivilisten und ihrem Schutz vor den Auswirkungen der Feindseligkeiten gelegt werden sollte.

- Die Vertragsparteien ihre gesetzlichen Verpflichtungen gemäss Artikel 146 der Vierten Genfer Konvention erfüllen und diejenigen strafrechtlich belangen, die schwere Verstöße gegen die Konvention zu verantworten haben.

- Die Institutionen und Mitgliedstaaten der EU die Richtlinien der Europäischen Union zur Förderung der Einhaltung des internationalen humanitären Rechts (2005/C327/04) ernst nehmen und unter Einbeziehung strikter Sofortmaßnahmen und Sanktionen bis hin zur Beendigung aller Aufwertungsgespräche mit Israel sicherstellen, dass Israel das internationale humanitäre Recht unter §16 (b), (c) und (d) dieser EU-Richtlinien einhält."

(Übersetzung durch die Initiatoren)


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Quelle:
Pressemitteilung vom 14. Januar 2009
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Aquinostr. 7-11, 50670 Köln
Telefon: 0221/972 69-20
Telefax: 0221/972 69-31
E-Mail: info@grundrechtekomitee.de
Internet: www.grundrechtekomitee.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2009