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BERICHT/879: Befragung des BfV-Vizepräsidenten für die Anklage ergebnislos (Einstellungsbündnis)


Bündnis für die Einstellung der Paragraph 129(a)-Verfahren
Pressemitteilung vom 26. Februar 2009

Befragung des Vizepräsidenten des BfV im "mg"-Verfahren für die Anklage ergebnislos

Aussage eines angeblichen V-Mannes nicht überprüfbar


Am 26. Verhandlungstag des zur Zeit beim Staatsschutzsenat des Berliner Kammergerichts geführten Prozesses wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung "militante gruppe", wurde heute am 25. Februar 2009 der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans Elmar Remberg als Zeuge gehört.

In dem langwierigen Verfahren hat der Senat mittlerweile einen Großteil der Beweisaufnahme zu der angeklagten versuchten Brandstiftung abgeschlossen und wollte nun mit dem hochrangigen Zeugen zum Hauptkomplex der Mitgliedschaft übergehen. Bis zum heutigen Tage ist völlig unklar, ob tatsächlich eine einheitliche, organisatorisch verbundene Gruppierung "militante gruppe" besteht, oder ob verschiedene Gruppierungen unter diesem Namen aufgetreten sind, noch ist klar, ob die in diesem Prozeß Angeklagten Mitglieder einer solchen Gruppe waren.

Der Zeuge Remberg sollte zu drei von ihm bzw. dem Präsidenten des Bundesamtes Fromm ausgestellten sogenannten "Behördenzeugnissen" befragt werden. Besonders brisant war ein solches "Zeugnis" in dem angegeben wurde, nach einer dem BfV vorliegenden, vertraulichen und unbestätigten Information sollten die Angeklagten der "militanten gruppe" angehören. Über diesen Personenkreis hinaus solle es noch weitere Mitglieder der "militanten gruppe" geben. Der Informationsgeber würde seitens des BfV als im Allgemeinen zuverlässig berichtend und nachrichtenehrlich eingestuft.

Der Vizepräsident des BfV gab an, die Bewertung der Informationen eines V-Mannes würde anhand des persönlichen Eindrucks, der Qualität und Validität der von diesem bis dahin erhaltenen Informationen und aufgrund dessen Motivation für die Zusammenarbeit vorgenommen. Zu all diesen Umständen wolle und dürfe er allerdings aufgrund seiner beschränkten Aussagegenehmigung keinerlei Angaben machen. Er selbst habe diese Überprüfung des V-mannes nicht vorgenommen und dürfe auch nicht sagen, welche Mitarbeiter insoweit tätig geworden seien. Die Bewertung der Angaben des V-Mannes sei daher für das Gericht nicht überprüfbar.

Aus Sicht der Verteidigung ist hiermit offensichtlich, dass der Beweiswert des Behördenzeugnisses bzgl. dieses V-Mannes gleich Null ist. Fragen zu den beiden weiteren, von dem Zeugen selbst ausgestellten "Behördenzeugnissen", die die Mitgliedschaft der Angeklagten in zwei politischen Gruppen betrafen, konnte der offensichtlich schlecht vorbereitete Zeuge größtenteils nicht beantworten. Im wesentlichen berief er sich darauf, dass er sich gegebenenfalls erst umfangreich in die Aktenlage einarbeiten müsse.

Die Verteidigung hat bereits mehrfach kritisiert, dass in dem gesamten Verfahren immer wieder belastende Informationen des Bundesamtes für Verfassungsschutz an das BKA bzw. die Bundesanwaltschaft gegeben wurden, die ungeprüft übenommen wurden. Diese Vorwürfe haben sich mit der heutigen Zeugenbefragung bestätigt.

Es konnte am heutigen Tage nicht herausgefunden werden, ob die mit der Anklage präsentierte Aussage des V-Mannes mehr ist als das Ergebnis eines belanglosen Kneipengesprächs oder wilde Vermutungen.

Berlin 25. Februar 2009

Alexander Hoffmann
Rechtsanwalt
http://anwalthoffmann.de/


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Quelle:
Pressemitteilung vom 26. Februar 2009
Bündnis für die Einstellung der §129(a)-Verfahren
c/o Haus der Demokratie und Menschenrechte e.V.
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Internet: einstellung.so36.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2009