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BERICHT/926: NATO-Gipfel - Repression (Rote Hilfe)


Bundesvorstand Rote Hilfe e.V. - Pressemitteilung vom 03.04.2009

NATO-Gipfel - Repression


Wie in unserer gestrigen Presseerklärung "Massive staatliche Repression im Vorfeld des NATO-Gipfels in Strasbourg, Baden-Baden und Kehl" bereits vermutet, verfolgen die staatlichen Repressionsorgane in Frankreich und Deutschland weiterhin unbeirrt die angeordneten politischen Ziele, die NATO-GipfelteilnehmerInnen weiträumig und total von ihren zahlreichen KritikerInnen abzuschotten, rechtsstaatliche Schutzstandards und bürgerliche Freiheitsrechte weitreichend außer Kraft zu setzen und jeglichen Protest gegen das 60 Jahre alte Militärbündnis bereits im Keim zu ersticken.

Bereits zum jetzigen Zeitpunkt zeichnet sich überdeutlich die dabei zur Anwendung kommende Taktik ab, mit der all diese Zielvorgaben - flankiert von einer bürgerlichen Medienberichterstattung, die beispielsweise aus Clowns "ausrastende NATO-GegnerInnen" werden lässt -, in die Realität umgesetzt werden sollen: Aus- und Einreiseverbote, rigide Kontrollen an Raststätten oder Bahnhöfen und permanente Polizeiangriffe auf das Widerstandscamp in Strasbourg oder auf Demonstrationen/Blockaden in Baden-Baden!

Auch wenn sich die mittlerweile an allen Grenzübergängen von Deutschland nach Frankreich zum Tragen kommende behördliche Ausstellung so genannter Aus- und Einreiseverbote juristisch als unhaltbar erweisen sollte, bringt das den davon Betroffenen in der jetzigen Situation nicht sehr viel, weil die jeweiligen Überprüfungen zu viel Zeit in Anspruch nehmen könnten. Die von der Legitimität der Proteste gegen den NATO-Gipfel überzeugten Menschen wollen JETZT nach Strasbourg kommen können - und nicht erst in drei Tagen!

Aber auch die, die es schließlich doch zum Camp in Strasbourg geschafft und sich dort eingerichtet haben, sollen nicht sehr viel zum Lachen haben: sie werden nämlich immer wieder - teils mit Tränengasbeschuss, teils mit Schockgranaten, teils mit Wasserwerfern - angegriffen. Von einer völlig entfesselten Polizei, die in jeder Aktivistin, in jedem Aktivisten eine Terroristin, einen Terroristen "ultralinker und anarcho-autonomer Couleur" sieht. Das Camp wurde in den letzten Tagen mehrmals angegriffen und blockiert; in der Gegend um das Camp herum gab es immer wieder teils heftige Auseinandersetzungen zwischen linken Widerständischen und der Polizei, die zu allem bereit zu sein scheint.

Es gab bisher mehrere Hundert vorübergehende Festnahmen und mehrere verletzte linke AktivistInnen. Viele "durften" bereits Bekanntschaft mit der Gefangenensammelstelle in Kehl machen, die zynischerweise innerhalb der Sicherheitszone liegt, also von nicht-autorisierten Personengruppen nicht betreten werden darf.

Repressionstechnisch steht hinter all diesen martialischen staatlichen Maßnahmen letztendlich die möglichst lückenlose Behinderung und Unterbindung von politischem Protest - Protest, der legitim ist in all seinen Ausdrucksformen.

Die Rote Hilfe protestiert hiermit erneut gegen die unzähligen polizeilichen Einsätze im Vorfeld des NATO-Gipfels, gegen Grenzkontrollen und sonstige Einschränkungen der grundgesetzlich verbrieften Bewegungsfreiheit, gegen Schikanen gegenüber den Campenden, gegen willkürliche Kontrollen und Platzverweise, gegen massive Angriffe auf Demonstrationen oder sonstige öffentlichkeitswirksame Aktionen.

Die Rote Hilfe hofft weiterhin, dass das Kalkül der staatlichen Repressionsorgane, mit solchen Maßnahmen die Einschüchterung zu verschärfen und einen unerträglichen "rechtswidrigen Überwachungsdruck" aufzubauen, der politisches Handeln lähmen soll, nicht aufgehen wird.

Die Rote Hilfe wird alles in ihren Kräften Stehende tun, um dem Abbau des Demonstrationsrechts und der Versammlungsfreiheit und der Einschränkung der Bewegungsfreiheit etwas entgegenzusetzen. Wir bitten alle, die in irgendeiner Weise Opfer oder ZeugInnen politischer Repression werden, sich möglichst umgehend beim Legal Team zu melden und den dort sitzenden GenossInnen Auskünfte zu erteilen, mit denen wiederum Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden kann.

Mathias Krause für den Bundesvorstand


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Quelle:
Pressemitteilung vom 03.04.2009
Bundesvorstand Rote Hilfe e.V.
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Telefon: 0551/770 80 08; Fax: 0551/770 80 09
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Internet: www.rote-hilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2009