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INTERNATIONAL/010: Ruanda - Ehrgeiziges Wohnbauprogramm macht Batwa-Pygmäen obdachlos (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Mai 2011

Ruanda: Ehrgeiziges Wohnbauprogramm macht Batwa-Pygmäen obdachlos

Von Barrie Terreblanche und Julia Barthel


Kigali, 2. Mai (IPS) - Durch den bläulich grünen Dunst, der über Ruandas Tälern liegt, schimmert der Glanz fabrikneuer Wellblechdächer. Sie sind sichtbares Zeichen einer Metamorphose 17 Jahre nach dem Völkermord, der in nur drei Monaten rund 800.000 Menschen das Leben kostete.

Die Dächer gehören zu Häusern, die im Zuge eines staatlichen Modernisierungsprogramms entstanden sind. Die weit verstreute Landbevölkerung soll künftig in modernen Siedlungen leben. In den sogenannten 'imidugudu' erhalten die Menschen Zugang zu Strom, Wasser und Bildung. In Ruanda leben etwa 80 Prozent der elf Millionen Einwohner auf dem Land.

Bis 2010 wohnten die Ärmsten der Armen in Hütten mit Grasdächern, die 'nyakatsi' heißen und aus Lehmziegeln oder lehmbedecktem Flechtwerk bestehen. Im Zuge der Wohnbau-Modernisierungskampagne 'Bye-Bye Nyakatsi' zerstört die Regierung gerade die letzten dieser Hütten.

Was als Entwicklungsinitiative gedacht war, hat sich zum Alptraum für die ethnische Gruppierung der Batwa entwickelt. So wurden hunderte Häuser der Minderheit planiert, ohne dass die Behörden für Ersatz gesorgt hätten.


Betroffene bitten Deutschland um Hilfe

Die Hilfsorganisation COPORWA (Gemeinschaft der Töpfer Ruandas), die die 35.000 ruandischen Batwa vertritt, hat Deutschland um humanitäre Hilfe für die Betroffenen gebeten. In Ruanda versuchen viele der im Alltagsleben oft diskriminierten Ureinwohner als Töpfer ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Die Batwa seien die Hauptleidtragenden des neuen Wohnbauprojekts 'Bye-Bye-Nyakatsi' (Auf Wiedersehen, Grasdach), das bis Ende Mai 2011 abgeschlossen sein soll, kritisiert auch die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Im Rahmen des staatlichen ruandischen Programms zur Armutsbekämpfung sei geplant, 115.000 Häuser mit Grasdächern niederzureißen und durch Gebäude mit festen Dächern zu ersetzen.

"Der Staat Ruanda will die Armut bekämpfen, macht jedoch die Ärmsten noch ärmer", so die GfbV in einer Stellungnahme. Als bedeutendster Partner Ruandas in der Entwicklungszusammenarbeit dürfe Deutschland der Situation der Betroffenen nicht gleichgültig zuschauen. "In den Jahren 2009/2010 leistete Deutschland dem Land 38,5 Millionen Euro Entwicklungshilfe."

Wie Ildephonse Niyomugabo von COPORWA kritisiert, wurden inzwischen die Häuser von 720 Batwa-Familien zerstört, ohne ihnen dafür einen Ersatz anzubieten. "Es war eine Katastrophe", berichtet Niyomugabo. Bisher haben nur 100 dieser Familien ein neues Zuhause gefunden. Der Rest lebt zurzeit unter schrecklichen Bedingungen in improvisierten Unterkünften.

So müssten in einigen Fällen sechs Familien in fenster- und türlosen Behausungen ausharren. Durch diese unerträgliche Enge wird Niyomugabo zufolge der ohnehin schlechte Gesundheitszustand der Batwa noch verschlimmert. Die Pygmäen haben mit hohen Infektionsraten bei HIV und Cholera zu kämpfen. Da sich das Pygmäenvolk von der ruandischen Regierung im Stich gelassen fühlt, hofft es nun auf Unterstützung aus Deutschland. (Ende/IPS/jb/2011)


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http://www.gfbv.de/pressemit.php?id=2686&stayInsideTree=1&backlink=volk.php?id=445
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2011