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INTERNATIONAL/084: Bahrain - Von Manama nach Mughsha, Protestbewegung meldet sich zurück (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. Februar 2012

Bahrain: Von Manama nach Mughsha - Protestbewegung meldet sich zurück

von Suha Mohammed


Manama, 8. Februar (IPS) - Die Protestbewegung in Bahrain ist von der Hauptstadt in ein Dorf im Norden umgezogen. Nach dem Perlenplatz im Finanzviertel von Manama ist der Freiheitsplatz in Mughsha zum neuen Zentrum des Arabischen Frühlings in dem Golfstaat geworden.

"Wir sind zurück" skandierten Tausende Demonstranten, die sich seit dem 4. Februar in Mughsha versammeln. Sie erinnerten damit an den Beginn des Schiiten-Aufstands am 14. Februar 2011, der sich als Protest gegen die Politik der Regierung des sunnitischen Shaikh Chalifa bin Salman Al Chalifa versteht. Laut dem Zensus von 2001 sind 81,2 Prozent der 1,2 Millionen Einwohner von Bahrain Muslime. Schätzungen zufolge sind mehr als 70 Prozent der Muslime Schiiten.

"Die Sitzblockade in Mughsha zeigt die Entschlossenheit der Menschen, nicht zu den Verhältnissen zurückkehren zu wollen, in denen sich das Land vor dem 14. Februar 2011 befand", meinte Shaikh Aai Salman, Generalsekretär der größten Oppositionspartei 'Al-Wefaq' (Nationalislamische Gesellschaft). "Eine solche Diskriminierung hat in Bahrain keine Chance mehr."

Wie auf dem Perlenplatz heiße die Opposition nun auf dem Freiheitsplatz all diejenigen willkommen, die sich gegen die Diktatur stellen wollten, erklärte Salman, der alle Anwesenden aufforderte, weiter friedlich für ihre Rechte einzutreten.


Gewaltsame Ausschreitungen

Anderorts kam es hingegen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten, die in einigen Teilen des Landes Molotow-Cocktails warfen.

Salman zufolge werden die Proteste in Mughsha so lange fortgesetzt, bis die regierende Elite ihr Machtmonopol aufgibt und 14 als Rädelsführer verurteilte Oppositionelle freilässt. Nach Angaben von Aktivisten wurden seit Beginn des Aufstands vor einem Jahr mehr als 60 Menschen getötet.

Die Wut der zumeist jugendlichen Demonstranten richtet sich auch gegen Ausländer. Am 3. Februar verlor ein Brite zwei Finger, als er von Unbekannten mit einem Schwert attackiert wurde. Innenminister Shaikh Raschid bin Abdullah Al Chalifa erklärte daraufhin, Übergriffe auf Ausländer und Migranten nicht zu dulden. Kriminelle, die öffentliches und privates Eigentum oder Mitglieder der Gemeinschaft einschließlich Polizisten angriffen, würden zur Rechenschaft gezogen.

Wie die Zeitung 'Gulf Daily News' berichtete, waren fast 100 Polizisten in der zweiten Dezemberhälfte 2011 bei Auseinandersetzungen verletzt worden. Ein geplantes Gesetz soll derartige Übergriffe künftig mit bis zu 15 Jahren Haft ahnden.

Die Menschenrechtsorganisation 'Amnesty International' forderte unterdessen die Regierung auf, Ermittlungen zu Dutzenden Todesfällen aufzunehmen, die vermutlich durch den Einsatz von Tränengas verursacht wurden.


Tränengas auch in geschlossenen Räumen

"Die steigende Zahl von Toten und Augenzeugenberichte lassen auf einen völlig unangemessenen Einsatz von Tränengas etwa in Privatwohnungen und anderen geschlossenen Räumen schließen", sagte Hassiba Hadj Sahraoui, die die Organisation in der Region vertritt.

Da sich die Proteste zurzeit auf Mughsha und andere Dörfer beschränken, geht es im Geschäftsviertel von Manama ruhig zu. Die Behörden untersagen der Opposition bisher Demonstrationen in Manama und haben den Perlenplatz abgeriegelt. Zu Begründung hieß es, dass Geschäftsinteressen geschützt werden müssten. Zudem solle vermieden werden, dass die Proteste den Verkehrsfluss auf den Hauptstraßen zum Erliegen brächten. (Ende/IPS/ck/2012)


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http://www.amnesty.org/en/region/bahrain
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=106680

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2012