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PREIS/078: Carl-von-Ossietzky-Medaille 2018 (ILMR)


Internationale Liga für Menschenrechte - 6. Dezember 2018

Internationale Liga für Menschenrechte verleiht Carl-von-Ossietzky-Medaille 2018

Gegen soziale und politische Ausgrenzung von Minderheiten
Auszeichnung für die Verteidigung der Rechte von benachteiligten und unterdrückten Menschen


Festliche Verleihung am Sonntag, 16. Dez. 2018 um 11:00 Uhr
im Grips Theater, Altonaer Str. 22, 10557 Berlin

Die Internationale Liga für Menschenrechte verleiht die Carl-von-Ossietzky-Medaille 2018

an die kurdische Kommunalpolitikerin Leyla Imret aus Cizre/Türkei und an den Diplom-Sozialarbeiter Ottmar Miles-Paul aus Kassel

für ihre Zivilcourage und ihren Einsatz bei der Verwirklichung der Menschenrechte. Mit ihrem herausragenden Engagement setzen sich beide Auszuzeichnende mit allem Nachdruck für die Rechte benachteiligter und unterdrückter Menschen ein und lenken den Blick der Öffentlichkeit auf die soziale und politische Ausgrenzung von Minderheiten.

Leyla Imret, die 2014 demokratisch gewählte Bürgermeisterin der kurdischen Stadt Cizre im Südosten der Türkei, ist nach den türkischen Parlamentswahlen 2015 ihres Amtes enthoben worden. Seitdem wird gegen sie wegen "terroristischer Propaganda" ermittelt; sie sah sich daraufhin willkürlicher Bedrohung durch den türkischen Staat ausgesetzt - mit unabsehbaren Folgen für ihre persönliche Sicherheit. Nach dreimaliger Verhaftung flüchtete sie nach Deutschland zurück, wo sie in der Nähe von Bremen aufgewachsen war. Von hier aus kämpft sie unerschrocken weiter für die Rechte der kurdischen Minderheit, gegen die das türkische Militär mit maßloser Gewalt vorgeht. Zu den unfassbaren Menschenrechtsverletzungen in Cizre sagte Leyla Imret im März 2018 als sachverständige Zeugin vor dem "Internationalen Tribunal der Völker" ("Permanent Peoples Tribunal on Turkey and Kurds") in Paris und im November vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg aus.

In der Behindertenbewegung ist Ottmar Miles-Paul seit über 30 Jahren einer der wichtigsten Protagonisten. Er trägt durch seinen wegweisenden, konsequenten und kämpferischen Einsatz gegen herrschende Vorurteile dazu bei, dass Menschen mit Behinderungen selbst aktiv werden und aus eigener Erfahrung Konzepte zur Durchsetzung ihrer Rechte entwickeln. National und auch international wirkte er an Gründung und Aufbau zahlreicher Initiativen und Projekte von Betroffenen für Betroffene mit, die darauf abzielen, selbstbestimmtes Leben zu organisieren. Nicht zuletzt als rheinland-pfälzischer "Landesbeauftragter für die Belange behinderter Menschen" hat er wesentliche Fortschritte hin zur Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung und zum inneren Frieden einer inklusiven Gesellschaft entschlossen durchgefochten.

Die Laudatoren:

Norman Paech, emeritierter Professor für Politikwissenschaft und Völkerrecht aus Hamburg, wird die Laudatio auf Leyla Imret halten. Er war eines der sieben Mitglieder des "Internationalen Tribunals der Völker" ("Permanent Peoples Tribunal on Turkey and Kurds") im März 2018 in Paris, das am 25. Mai 2018 während einer Pressekonferenz im Europäischen Parlament sein Urteil verkündet hat: Die Türkei wird verurteilt wegen systematischer Menschenrechtsverletzungen, Kriegs- und Staatsverbrechen.

Der Diplom-Pädagoge und Präsident des Behinderten-Sportverbandes Niedersachsen Karl Finke wird die Laudatio auf Ottmar Miles-Paul halten. Karl Finke war Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen. Als unmittelbar Betroffener setzte er wichtige politische Akzente im Bereich der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. 1993 ehrte ihn die Liga mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille für die bundesweite Anti-Gewaltkampagne, die sich nicht nur der Gewalt gegenüber Menschen mit Behinderung, sondern auch gegen Migranten, Obdachlose und Menschen gleichgeschlechtlicher Orientierung entgegenstellte.

Weitere Akteure:

Die Berliner Theater- und Medienwissenschaftlerin Asli Özarslan wird in einem Gespräch über ihre Begegnungen mit Leyla Imret erzählen. Asli Özarslan begann 2012 ihr Regiestudium im Fach Dokumentarfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg und schloss es mit ihrem Diplomfilm Dil Leyla ab. Der Kino-Film hatte seine Weltpremiere im November 2016 auf dem Internationalen Dokumentarfilmfestival in Amsterdam, wurde dann in die Programme zahlreicher Filmfestivals aufgenommen und ist inzwischen mehrfach preisgekrönt. Mit eindrucksvollen und bewegenden Bildern begleitet die Regisseurin Leyla Imret bei ihrer Arbeit als Bürgermeisterin bis zu deren Verhaftung und der brutalen Zerstörung großer Teile der Stadt Cizre durch die türkische Armee.

Der Theaterpädagoge, Projektentwickler und Regisseur Philipp Harpain zeigt und kommentiert einen Mitschnitt aus den Proben des Theaterstücks 'Cheer Out Loud!', das im Januar 2019 im GRIPS Theater uraufgeführt wird. Es handelt sich um eine Komödie um Leonie, ein Mädchen mit Down Syndrom, das in das Cheerleading-Team für eine Basketball-Mannschaft aufgenommen werden möchte. Philipp Harpain, Leiter des GRIPS Theaters in der direkten Nachfolge des Gründers Volker Ludwig, gilt als Experte für das Kampagnentheater und für die Vermittlung von Kinder- und Menschenrechten im theatralen Kontext. Seine Projekte wurden mehrfach ausgezeichnet.

Die enge Verbundenheit der Liga mit dem GRIPS Theater reicht weit in die Vergangenheit. 1994 zeichnete die Liga das GRIPS Theater und seinen Gründer Volker Ludwig für das erzieherische und künstlerische Engagement des Ensembles und die Stellungnahmen gegen fremdenfeindliche, rassistische und nationalistische Strömungen mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille aus.

Den musikalischen Part während der Verleihungsfeier gestaltet Adir Jan (Gesang mit Tembûr, auch Tanbur) in Begleitung von Conny Kreuter (Gitarre). "Cosmopolitan Kurdesque" nennen sie ihre Musik: eine bisher einzigartige Komposition aus Oriental-Traditional, Pop, Rock, Indie und Psychedelic. Adir Jan schreibt die Texte. Seine Botschaft ist klar, einfach und verbindend: Universelle Liebe und Widerstand gegen unterschiedlichste Formen der Unterdrückung.

Die Carl-von-Ossietzky-Medaille wird von der Liga seit 1962 verliehen. Ausgezeichnet werden Personen oder Gruppen, die sich durch Zivilcourage und herausragendes Engagement für die Verwirklichung, Verteidigung und Erweiterung der Menschenrechte und des Friedens verdient gemacht haben. Am 16. Dezember findet die 52. Verleihung statt.

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Quelle:
Mitteilung vom 6. Dezember 2018
Internationale Liga für Menschenrechte
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030 - 396 21 22, Fax: 030 - 396 21 47
E-Mail: vorstand@ilmr.de
Internet: www.ilmr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2018

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