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BERICHT/185: Billig um jeden Preis? Ananas und Bananen in deutschen Supermärkten (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2009
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Billig um jeden Preis?
Ananas und Bananen in deutschen Supermärkten

Von Marita Wiggerthale


Miserable Arbeitsbedingungen auf Bananenplantagen sind keine Neuigkeit. Zu Recht steht die Geschäftspolitik der großen Multis wie Noboa, Dole, Del Monte und Fyffes seit längerem am Pranger. Doch das Problem hat eine neue Dimension angenommen: Fragt man Gewerkschafter aus Zentralamerika, dann erzählen sie, wie die aggressive Preispolitik und die Einkaufspraktiken der Supermarktketten zunehmend die Liefer- und Produktionsbedingungen vom Feld bis zur Ladentheke diktieren.


In Deutschland haben die Supermarktketten ihre Marktmacht in den vergangenen Jahren stark ausgebaut. 1999 hat es noch acht große Supermarktketten gegeben, die gemeinsam über einen Marktanteil von 70 Prozent verfügten. Heute beherrschen die fünf größten Supermarktketten Edeka, die Schwarz-Gruppe, Aldi, Rewe und Metro etwa 90 Prozent des Marktes. Dabei ist ein Ende des Konzentrationsprozesses noch nicht in Sicht. Bereits heute gilt der deutsche Markt als einer der härtesten Märkte der Welt, mit einem außerordentlich niedrigen Preisniveau. Letzteres ist unter anderem der Durchschlagskraft der Discounter mit ihrer aggressiven Preispolitik geschuldet. Schätzungen zufolge wird ihr Anteil von heute 42 Prozent auf 50 Prozent steigen. Meldungen im Januar machten deutlich: Die Discounter nutzen in wirtschaftlich schlechten Zeiten die Gunst der Stunde, um ihre Marktanteile auszubauen. Ein aggressiver Verdrängungswettbewerb, der nicht ohne Folgen bleibt.


Knallharte Preisdrückerei auf dem Rücken der ArbeiterInnen

Wenn die Supermarktketten die Lieferanten knallhart im Preis drücken, dann haben ArbeiterInnen in Costa Rica und Ecuador, die Ananas und Bananen für Edeka, Rewe, Aldi, Lidl und Metro anbauen, das Nachsehen. Menschenwürdigere Arbeitsbedingungen? Fairere Löhne? Gewerkschaftliche Freiheit? Die ArbeiterInnen in den Produzentenländern bekommen vor Ort den Druck der Supermarktketten zu spüren, den die Lieferanten entlang der Lieferkette weitergeben. Berechtigte Forderungen der ArbeiterInnen werden mit Hinweis auf die Einkaufsmacht der Supermarktketten abgewiegelt. Nicht nur in Entwicklungsländern, auch hier bei uns.

In Costa Rica sind die Schattenseiten des Ananasbooms, der mit der Einführung her süßeren 'goldenen Ananas' Anfang 2000 einsetzte, deutlich zu spüren. Die rasante Ausbreitung der Ananasplantagen als Monokulturen leistete der Zerstörung der Umwelt - illegale Abholzung, Bodenerosion, vergiftete Flussläufe und Brunnen - und der Verletzung von ArbeiterInnenrechten Vorschub. Die gewerkschaftsfeindliche Politik von Piña Frut (Grupo Acon) steht beispielhaft für die Situation im Ananasbereich. Das Unternehmen droht seinen MitarbeiterInnen mit schwarzen Listen, Gehaltskürzungen, Massenentlassungen und Plantagenschließungen und drängt sie zum Austritt aus der Gewerkschaft.


Gewerkschaftler werden drangsaliert

Unter diesen Umständen lehnte die Gewerkschaft SITRAP die Weitergabe der Namen von ArbeiterInnen, die aus der Gewerkschaft ausgetreten sind, an den britischen Lebensmitteleinzelhändler Tesco ab. Diese ArbeiterInnen waren von Grupo Acon gezwungen worden, einen Brief zu unterschreiben, in dem sie ihren freiwilligen Austritt aus der Gewerkschaft erklären. Piña Frut beliefert das Unternehmen Dole, den weltweit größten Produzenten und Vermarkter von frischem Obst und Gemüse und führenden Vermarkter von Ananas in Deutschland. Dole beliefert die Supermärkte Edeka, Rewe, Penny, Plus und Kaiser's. Ananas von Grupo Acon gibt es auch bei Aldi und Lidl.

Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen sind nicht nur auf Bananen- und Ananasplantagen zu finden. Deswegen setzt sich die im September 2008 gegründete Supermarkt-Initiative dafür ein, dass verbindliche Regeln zur Einhaltung sozialer Menschenrechte und ökologischer Standards in der gesamten Lieferkette für alle Produkte eingeführt werden und deren Einhaltung bis in die Produktionsländer sichergestellt wird. Damit dies möglich wird, muss der Missbrauch der Einkaufsmacht der Supermarktketten unterbunden werden. Für den Einkauf der Supermarktketten muss gelten: fair, umweltgerecht und sozial!

Die Autorin ist Mitarbeiterin bei Oxfam Deutschland.


Endstation Ladentheke
Einzelhandel - Macht - Einkauf:
Unter welchen Bedingungen Ananas und Bananen produziert werden,
die in Deutschland über die Ladentheke gehen.
Eine Studie von Marita Wiggerthale,
im Auftrag von Oxfam Deutschland e.V.
Zu beziehen unter www.oxfam.de.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2009, S. 15
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2009