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BERICHT/196: Vorsicht geboten - World Investment Report der UNCTAD zu Landwirtschaft (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 3/2009
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Vorsicht geboten
World Investment Report der UNCTAD zu Landwirtschaft

Von Ute Hausmann


Der im September erschienene Bericht der United Nations Conference on Trade and Development (Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung, UNCTAD) zur Rolle von transnationalen Unternehmen (TNC) in der Landwirtschaft empfiehlt Ländern des Südens, eine sehr bewusste Entscheidung zu treffen, wie sie diese Unternehmen in ihre Strategie zur Ernährungssicherung einbeziehen. Auf der einen Seite, sind Entwicklungsländer abhängig von TNCs, um Marktzugang im Norden zu erhalten. Auf der anderen Seite können Investitionen von TNCs zur Verdrängung von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern führen.


Eine wesentliche Aussage des Berichts der UNCTAD ist, dass TNCs nicht zur Nahrungsmittelsicherheit in Entwicklungsländern beitragen, da sie fast ausschließlich für den Export produzieren oder produzieren lassen. Dabei handelt es sich um Bananen, Baumwolle oder Schnittblumen und verstärkt auch um die Produktion von Agrartreibstoffen. Eine aktuelle Entwicklung sind die staatlich gesteuerten Investitionen aus Ländern wie den Golfstaaten und China zur Sicherstellung der einheimischen Versorgung. Bereits in den 1980er Jahren gab es solche Formen der Investitionen durch Länder wie Südkorea. Laut UNCTAD scheiterten diese Investitionen damals, da die Landwirtschaft als ein besonders geschützter Wirtschaftszweig galt und das Know-How bei den Investoren fehlte. Als wesentlichen Unterschied macht der Bericht deshalb die veränderten politischen Rahmenbedingungen für Investitionen aus: offene Märkte und Investitionsanreize haben die Position von TNCs deutlich verbessert.


Entwicklungsländer spielen mit

Eine neue Entwicklung ist darüber hinaus, dass immer mehr TNCs in der Landwirtschaft ihren Heimatort in einem Entwicklungsland haben. So sind zwölf der 25 größten Unternehmen in der Landwirtschaft in einem Entwicklungsland beheimatet - allein sechs davon in Malaysia, weitere fünf in Asien und eines in Südafrika. Auch unter den 25 größten Handelsketten befinden sich jeweils ein Unternehmen aus China, Hongkong und Kuwait. Bei der Zulieferindustrie liegt die Macht weiter in den Händen von Unternehmen aus Europa und den USA. BASF und Bayer stehen hier ganz oben auf der Liste. Die zunehmende Konzentration von Marktmacht in den Händen des Agrobusiness und der Supermärkte wird im Bericht zur Kenntnis genommen. Wie diese Machtkonzentration aufgebrochen werden kann, bleibt jedoch offen. So wird zum Beispiel deutlich, dass von Supermärkten geforderte Qualitätsstandards als Machtmittel eingesetzt werden. Die Empfehlung lautet jedoch, dass die Regierungen und die Entwicklungszusammenarbeit KleinbäuerInnen dabei unterstützen sollen, diesen Standards gerecht zu werden.


Zukunft Vertragsanbau?

Obwohl der Bericht den negativen Auswirkungen von TNC-Aktivitäten und der Bedeutung der Regulierung durch den Staat - um Umwelt und Menschen zu schützen - viel Raum gibt, spiegelt sich in den Empfehlungen vor allem der Versuch, dem Engagement von TNCs in der Landwirtschaft etwas Positives abzugewinnen. So setzen die Autoren des Berichts darauf, dass das verstärkte Engagement von TNCs im Vertragsanbau mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu einem Technologietransfer und höheren Einkommen für die Bauern führen kann. Voraussetzung sei, dass der Staat über Modellverträge und die Unterstützung von Genossenschaften die Verhandlungsmacht der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern stärkt. Während die Empfehlung an Entwicklungsländer ist, sich kritisch mit der Rolle von TNCs in der landwirtschaftlichen Produktion in ihren Ländern auseinander zu setzen, lautet die Empfehlung an die internationale Gemeinschaft, bei der Vergabe von Entwicklungsgeldern auf Strategien zu setzen, die TNCs einbeziehen. Dies entspricht dem aktuellen Vorgehen der Weltbank, die über die Vergabe von Krediten gezielt das internationale Agrobusiness fördert. Der UNCTAD-Bericht empfiehlt darüber hinaus, den Marktzugang für von TNCs in Entwicklungsländern produzierten Gütern zu erleichtern und internationale Verhaltensregeln für großflächige Investitionen in die Landwirtschaft zu entwickeln, die unter anderem das Recht auf Nahrung betonen.

Ute Hausmann ist Geschäftsführerin von FIAN-Deutschland.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 3/2009, Juni 2009, S. 8
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2009