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MELDUNG/141: Doppelstandards beim Vertrieb von Pestiziden


Fian - Pressemitteilung vom 13.03.2017
Internationale Menschenrechtsorganisation für das Recht, sich zu ernähren

Doppelstandards beim Vertrieb von Pestiziden

Gefährliches Bayer-Pestizid: Deutsche Behörde kontrolliert Export von Pestiziden nicht ausreichend


Berlin, 13. März 2017 - Bei Export-Kontrollen von Pestiziden endet die Pflicht deutscher Behörden an den eigenen Landesgrenzen. Darauf beharrt die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. In einer Ordnungswidrigkeitsanzeige im Oktober 2016 hatte das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) die Kammer aufgefordert, die Geschäftspraktiken der Bayer AG zu untersuchen. Der Pflanzenschutzdienst sollte prüfen, ob Bayer beim Vertrieb des giftigen Pflanzenschutzmittels Nativo 75 WG gegen gute Handelspraktiken verstößt. In Europa verkauft der Bayer-Konzern Nativo mit der Warnung: "Kann möglicherweise das ungeborene Leben schädigen". Auf den in Indien erhältlichen Produkten der Tochterfirma Bayer CropScience Ltd. fehlt diese Warnung.

"Die Landwirtschaftskammer hat den Nativo-Export zwar gemäß deutschem Pflanzenschutzgesetz untersucht, doch die internationalen Vorschriften der Welternährungsorganisation FAO außer Acht gelassen", sagte Carolijn Terwindt vom ECCHR. "Bei der Ausfuhr von Pestiziden ist laut Pflanzenschutzgesetz der FAO Verhaltenskodex für Pestizidmanagement zu berücksichtigen." Hierzu gehört, dass sichergestellt wird, dass deutsche Unternehmen auch im Ausland die Verbraucher_innen ausreichend über die Gefahren der Pestizide und die nötigen Schutzmaßnahmen informieren.

Der Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer antwortete nun, er sei nicht verpflichtet, den angezeigten Verstoß genauer zu prüfen. Erst aufgrund der ECCHR-Anfrage untersuchte die Kammer den Export von Nativo. Dabei stellte sie fest, dass Bayer das Pestizid in sogenannten Big Bags nach Indien verschickt. "Diese enthalten zwar einen Hinweis zu den Risiken für das ungeborene Leben, doch auf den abgabefertigen Produkten in Indien fehlt diese in der EU obligatorische Warnung. Obwohl Länder, aus denen Pestizide exportiert werden, sicherstellen sollen, dass gute Handelspraktiken beachtet werden", betont Terwindt. "Die Landwirtschaftskammer hätte zumindest ihre Kolleg_innen in Indien über die problematische Etikettierung informieren können, damit diese den Nativo-Vertrieb vor Ort prüfen."

Die Landwirtschaftskammer räumte ein, dass es von 2014 bis 2016 keinerlei Kontrollen beim Export von Pestiziden gab. Den Behörden hätten keine "relevanten Hinweise, dass hier ein wichtiger Tatbestand vorliege", gehabt. Seit Oktober 2016 gäbe es jedoch eine länderübergreifende Arbeitsgruppe zur Vorbereitung solcher Kontrollen.

Unterstützt wird die Anzeige bei der Kammer von den ECCHR-Partnerorganisationen Kheti Virasat Mission aus Indien sowie von FIAN Deutschland, MISEREOR und PAN Germany. Sie alle appellieren an die deutsche Behörde, sich an einem laufenden Monitoring-Verfahren gegen Bayer (und Syngenta) beim Expertengremium der FAO/WHO zu beteiligen. Dieses Verfahren kam durch einen Monitoring-Bericht des ECCHR im Oktober 2015 in Gang. Im April 2017 plant das Gremium bei seiner Jahrestagung in Delhi (Indien) dazu eine Anhörung.

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FIAN (FoodFirst Informations- & Aktions-Netzwerk) ist die Internationale Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung mit Mitgliedern in 60 Ländern.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 13. März 2017
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
Tel.: 221/702 00 72, Fax: 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2017

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