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ASIEN/038: Nepal - Von der Monarchie zur Republik!


peace brigades international - Internationale Friedensbrigaden
pbi Rundbrief 02/08

Von der Monarchie zur Republik!
Politische Entwicklungen in Nepal

Von Bishnu Prasad Sharma


Nepal - dem Westen bekannt wegen seiner sagenumwobenen Stätte Shangri La, dem Himalaya und dem Mount Everest - hat in den letzten Jahrzehnten vor allem wegen seiner schweren Konflikte internationale Berühmtheit erlangt. Wirtschaftlich schwach verfügt es doch über eine kulturelle Vielfalt und einen Reichtum an natürlichen Rohstoffen. Die Monarchen haben in Alleinherrschaft allerdings über 240 Jahre lang die Menschen dieses Landes bildlich gesprochen in einem dunklen Verlies gehalten.


1950 hatte sich zum ersten Mal eine breite Protestbewegung bilden können, um die 100 Jahre alte Familienherrschaft der Rana zu vertreiben, allerdings ohne Erfolg. Erst 1990 konnten sich die Oppositionskräfte erneut sammeln, wiederum vergeblich! Doch ein bewaffneter Widerstand hatte seinen Anfang genommen. Die militärischen Auseinandersetzungen in den folgenden Jahren kosteten 13.000 Menschen das Leben. Schließlich konnte eine vereinte Protest- und Widerstandsbewegung, zu der auch die Maoisten gehörten, im April 2006 die Herrschaft von König Gyanendra niederringen. Zuvor war die Familie seines älteren Bruders Birendra ermordet (wohl durch Mitglieder aus der königlichen Familie selber) und alle Menschenrechte außer Kraft gesetzt worden.

Zwei Jahre später, am 10. April 2008, fand die entscheidende Wahl statt - eine Wahl, die eine Vertretung aller Bevölkerungsgruppen garantiert und eine verfassunggebende Versammlung zum Ziel hatte. Diese verfügt über insgesamt 601 Sitze - 240 Sitze repräsentieren die Regionen; 335 Sitze wurden auf die politischen Parteien verteilt. Der Ministerrat hat die verbleibenden 26 Mitglieder berufen. Aus den Wahlen am 10. April 2008 gingen die Maoisten mit 220 Sitzen klar als Sieger hervor. Auf der ersten Sitzung der verfassunggebenden Versammlung ist die Königsherrschaft beendet worden. Nepal ist heute eine Republik.


Erst die neue Verfassung kann die Freiheit garantieren Bislang hat die internationale Gemeinschaft den Wahlprozess und sein Ergebnis wohlwollend begleitet. Es ist zu hoffen, dass sich das während der Regierungsbildung und in der Zeit der neuen Regierung fortsetzt.

60% der Bevölkerung haben sich an der Wahl beteiligt. Der Präsident der Maoistischen Partei, Prachanda, hat versichert, das Wahlergebnis zu respektieren und freundschaftliche Beziehungen zu den anderen Parteien in Nepal und zu anderen Staaten zu pflegen. In wieweit das verwirklicht wird, kann erst beurteilt werden, wenn der Jubel über den Wahlsieg verflogen ist. In der Vergangenheit haben es die Parteien am Einsatz für die Belange des Landes mangeln lassen. Parteiinteressen und die Interessen einzelner Personen standen im Mittelpunkt. So hat Nepal viel von seiner Würde und von seinen Reichtümern verloren. Diese Fehler dürfen sich nicht wiederholen, denn sie könnten Nepal erneut in die Spirale der Gewalt reißen, den Frieden gefährden und einen Scherbenhaufen zurücklassen. Umso wichtiger ist es, dass die nepalesische Bevölkerung den weiteren Demokratisierungsprozess kritisch beobachtet und begleitet, bis eine neue Verfassung verabschiedet ist und die nationale Einheit sichergestellt ist. - pbi

Bishnu Prasad Sharma / Übersetzung aus dem Englischen: Peter Tachau


Bishnu Prasad Sharma ist Vorsitzender des National Media Development Center, einer Nichtregierungsorganisation, die sich für die Stärkung der Medien im ländlichen Raum in Nepal und anderen Entwicklungsländern einsetzt. Er arbeitet zudem als Journalist zu den Themen Politik und Medien in Nepal. Davor war er im Press Council Nepal für die Pressearbeit der Regierung zuständig. Auf Einladung der Redaktion des pbi-Rundbriefes hat er diesen Beitrag verfasst.


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Quelle:
pbi Rundbrief 02/08, S. 4
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2008