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BERICHT/040: Zivil und Militär? Zivil oder Militär?


peace brigades international - Internationale Friedensbrigaden - pbi Rundbrief 01/07

Zivil und Militär? Zivil oder Militär?

Rückbesinnung auf die Kraft der Gewaltfreiheit

Von Karim Jah


pbi erhält im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) Finanzmittel vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Der ZFD, der als Alternative zum Militär aus der Zivilgesellschaft in Deutschland entwickelt wurde, ist durch das BMZ institutionalisiert worden. Könnte pbi dadurch Teil einer militärischen Strategie der Bundesregierung werden? pbi möchte zu der Frage der zivil-militärischen Zusammenarbeit einen klaren Standpunkt entwickeln. Seit etwa einem Jahr gibt es eine Diskussion entlang der Prinzipien und des Mandates von pbi, welche folgende Punkte aufgreift:

Gewaltfreiheit: Militärische Strukturen widersprechen fundamental dem absoluten Prinzip von Gewaltfreiheit.

Konsens: Hierarchische, autoritäre Strukturen wie im Militär entsprechen nicht dem Demokratieverständnis auf Konsensbasis.

Nichteinmischung: Im Gegensatz zum militärischen Einsatz versucht pbi das Friedenspotenzial in den betroffenen Ländern zu stärken durch die Unterstützung lokaler NGOs.

Nichtparteinahme: Militäreinsätze sind prinzipiell parteiisch, denn sie vertreten immer die Interessen einer Macht. *Langfristigkeit: Militärische Interventionen sind meist darauf gerichtet, kurzfristige Erfolge zu erzielen, während die Arbeit von pbi zur Lösung eines Konfliktes langfristig angelegt ist.

Anfrageprinzip: Bei Militäreinsätzen wird die betroffene Bevölkerung nicht gefragt. pbi dagegen arbeitet nur auf Anfrage der Betroffenen.

Unabhängigkeit: pbi ist nicht an eine Weltanschauung gebunden, während Militärs immer politische bzw. wirtschaftliche Interessen eines Landes vertreten.

Legalität: pbi arbeitet streng nach internationalen und nationalen Gesetzen, während Militäreinsätze oft nicht einmal völkerrechtlich legitimiert sind.

Transparenz: Für die Arbeit von pbi und damit für die Sicherheit von begleiteten Personen und Freiwilligen ist größtmögliche Transparenz unerlässlich. Militärs setzen dagegen auf geheime Informationen und Strukturen.

pbi arbeitet seit über 25 Jahren nach den genannten Prinzipien erfolgreich in verschiedenen Ländern. Die aktive Teilnahme an zivil-militärischen Einsätzen würde die Freiwilligen in den betroffenen Ländern akut gefährden, da eine Zusammenarbeit mit Militärs das Vertrauen zu den Organisationen der Zivilgesellschaft nachhaltig beschädigen Würde. Es gibt für pbi keinen Grund, die erfolgreiche Arbeit mit lokalen Organisationen zu ändern und mit Militärs in einer Strategie zusammenzuarbeiten, deren Erfolge für uns nicht eindeutig und nachhaltig sind. Dies schließt natürlich nicht aus, dass es zu Kontakten zu Militärs in sogenannten Friedensmissionen kommen kann. Diese Kontakte stehen unter dem Vorbehalt der pbi-internen Analyse, dass sie nämlich zur Verbesserung der Situation der Zivilbevölkerung führen können. Diese Vorgehensweise basiert auf der langjährigen Erfahrung gewaltfreier Arbeit in Konfliktgebieten weltweit.

pbi distanziert sich von jeglicher Form militärischer Kooperation oder Koordination. Sie widerspricht dem Grundverständnis unserer Arbeit und unseren Zielen. Sie entspricht auch nicht den Prinzipien und dem Mandat von pbi, und sie gefährdet außerdem begleitete Personen und Freiwillige.

Dies ist soweit der augenblickliche Diskussionsstand. Vieles davon wird auf dem nächsten Bundestreffen am 18. -20. Mai 2007 in Hamburg in eine formulierte Position von pbi Deutschland einfließen.


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Quelle:
pbi Rundbrief 01/07, Seite 10
Herausgeber: pbi-Deutscher Zweig e.V.
Bahrenfelder Strasse 79, 22765 Hamburg
Tel.: 040/380 69 03, Fax: 040/386 94 17
E-Mail: info@pbi-deutschland.de,
Internet: www.pbi-deutschland.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2007