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AKTION/039: Neue Anti-Rüstungsexportkampagne Aktion Aufschrei startet (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 4 - November 2010
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

Tätern Namen, Opfern Stimme geben!
Die neue Anti-Rüstungsexportkampagne Aktion Aufschrei startet im Frühjahr 2011

Von Jürgen Grässlin


In den letzten Monaten tagte der Kampagnenrat von Aktion Aufschrei - an dem bislang die DFG-VK, Ohne Rüstung Leben, das RüstungsInformationsBüro und die Werkstatt für Gewaltfreie Aktion beteiligt sind - wiederholt in Mannheim. Weitere Friedensgruppen haben bereits ihre aktive Unterstützung zugesagt. Die Kampagnenplanung nimmt klare Konturen an.

Bei Beratung des Kampagnenkoordinators Uli Wohland erweiterten wir die bisherigen Aktionsschwerpunkte "Rüstungsexporte stoppen" und "Opfern eine Stimme geben" um den dritten zentralen Aspekt "den Tätern Name und Gesicht geben". Damit ausreichend Zeit bleibt, weitere Unterstützergruppen und Organisationen zu gewinnen und die Kampagneninhalte gemeinsam weiter zu entwickeln, starten wir die Aktion Aufschrei im Frühjahr 2011.


2011 - den Opfern eine Stimme geben

Im Verlauf des nächsten Jahres werden wir Opfer, Friedensfachleute und Ärzte nach Deutschland einladen, die konkret über den Einsatz deutscher Waffen und die dramatischen Folgen berichten können. Zu den Länderschwerpunkten sollen die Türkei, der Sudan, Somalia und Mexiko zählen.

Von größter Dramatik ist die Entwicklung im Bereich so genannter "Kleinwaffen", also Pistolen und Maschinenpistolen, Sturmgewehre und Maschinengewehre. So sind allein durch Rüstungsexporte und Lizenzvergaben des Oberndorfer Kleinwaffenproduzenten Heckler & Koch bis zum heutigen Tag mehr als 1.500.000 Menschen getötet, weitaus mehr verstümmelt worden. Aufgrund der Lizenzvergaben an Spanien und Saudi-Arabien für das neue G36-Gewehr sind zukünftige Waffenexporte der Lizenznehmer einmal mehr unkontrollierbar, zahllose neuerliche Opfer vorprogrammiert. Die Forderung des Stopps weiterer Waffenexporte und Lizenzvergaben wird durch lebensnahe Berichte aus Krisen- und Kriegsgebieten konkret nachvollziehbar.


2012 - den Tätern Name und Gesicht geben

Im Folgejahr 2012 stellen wir die Täter - Rüstungsmanager wie politisch Verantwortliche - in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten. Politisch besonders brisante Rüstungsexporte werden im geheim tagenden Bundessicherheitsrat beschieden. Die Sitzungsleitung obliegt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Zu den weiteren acht stimmberechtigten Mitgliedern gehören u.a. Guido Westerwelle (FDP) als Vizekanzler und Außenminister sowie der Verteidigungs- und der Wirtschaftsminister.

Geplant sind Aktionen vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin, vor dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) in Eschborn und vor Werken von Heckler & Koch, Daimler/EADS, Diehl, Krauss-Maffei Wegmann, Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) und weiteren großen rüstungsexportierenden Unternehmen. Zudem werden wir die menschenverachtende Geschäftspolitik auf den Hauptversammlungen der Aktiengesellschaften thematisieren.


2013 - Rüstungsexporte verbieten

Das Jahr 2013 steht dann ganz im Zeichen der Bundestagswahl: Bereits im Vorfeld werden wir intensiv Gespräche mit führenden Repräsentanten der fünf im Bundestag vertretenen Parteien führen.

Der Koalitionsvertrag der kommenden Bundesregierung soll uns einem Verbot aller Waffenexporte nachhaltig näher bringen. Bislang lautet Artikel 26 Absatz 2 des Grundgesetzes: "Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz." Ausführungsgesetze sind das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG). Was restriktiv klingt, hat Waffentransfers selbst an menschenrechtsverletzende und kriegsführende Staaten nicht im Mindesten behindert. Im Gegenteil: In den letzten Jahren ist Deutschland zum Rüstungsexport-Europameister und damit weltweit - nach den USA und Russland - zur unrühmlichen Nummer 3 avanciert.

Unser Ziel ist der Stopp aller Rüstungsexporte. Zukünftig soll im Grundgesetz festgeschrieben werden, dass "Kriegswaffen und Rüstungsgüter grundsätzlich nicht exportiert" werden.


Jürgen Grässlin ist Bundessprecher der DFG-VK (j.graesslin@gmx.de), Sprecher der Kritischen AktionärInnen Daimler und des Deutschen Aktionsnetzes Kleinwaffen Stoppen sowie des RüstungsInformationsBüros.


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Quelle:
ZivilCourage Nr. 4 - November 2010, S. 12
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK e.V.),
Kasseler Straße 1A, 60486 Frankfurt
Redaktion: ZivilCourage, Postfach 90 08 43, 21048 Hamburg
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Internet: www.zc-online.de

Erscheinungsweise: zweimonatlich
Jahres-Abonnement: 14,00 Euro einschließlich Porto


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2011