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STANDPUNKT/079: 60 Jahre Nato - kein Grund zum Feiern, sondern für Protest (Zivilcourage)


ZivilCourage Nr. 1 - Februar/März 2008 Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

60 Jahre Nato - kein Grund zum Feiern, sondern für Protest
DFG-VK-Materialien unterstützen die Mobilisierung für die Protestaktionen am 4. April in Straßburg

Von Monty Schädel


Mit dem Gipfeltreffen zum 60. Nato-Geburtstag Anfang April in Straßburg auf französischer und Kehl sowie Baden-Baden auf deutscher Seite haben sich die Staats-/Regierungschefs und Generalstäbe der Mitgliedsstaaten einen Termin gesetzt, an dem sie sich für ihre Politik feiern (lassen) wollen. Selbstverständlich nahmen Aktive der bundesweiten und internationalen Friedensbewegung diesen Termin auch als Einladung zum Protest gegen die Kriegspolitik dieses Bündnisses in ihre Terminkalender auf. Intensiv laufen derzeit die Vorbereitungen auf allen Ebenen zu verschiedenen Formen und Aktionen des Protests. International wird es parallel zu der Friedensdemonstration am 4. April in Straßburg auch Demos u.a. in Istanbul und New York City geben.

Ein Aufruf zu Demonstrationen am 28. März in Frankfurt am Main und Berlin unter dem Motto "Wir bezahlen Eure Krise nicht!" aus gewerkschaftlichen und Attac-Kreisen hatte zum Jahresende noch für Verwirrung gesorgt, da in den dortigen Diskussionen die Bedeutung des Protests gegen den Nato-Gipfel negiert und derjenige gegen das Krisenmanagement der Regierungen als vorrangig betrachtet wurde. Von Aktiven der Friedensbewegung wurde die Festlegung eines Termins für Demos eine Woche vor der internationalen Friedensdemonstration in Straßburg als bewusste Schwächung des Antikriegsprotestes und einer öffentlichen Kritik an der Nato verstanden. Basisaktivisten des Weltsozialforums haben sich nun in der letzten Januarwoche gegen einen Aktionstag allein am 28. März ausgesprochen und statt dessen zu einer weltweiten "Aktionswoche gegen Kapitalismus und Krieg" vom 28. März bis zum 5. April aufgerufen. Dabei werden die beiden Demonstrationen in Berlin und Frankfurt einen Auftakt darstellen und ihren Höhepunkt in der Demonstration und den anderen Aktionen am 4. April in Straßburg finden.

Für die DFG-VK als Friedensorganisation, die die sozialen Verwerfungen sowie Militarismus und Krieg immer als zwei Seiten der gleichen Medaille betrachtete, sollte es jetzt intensiv darum gehen, dass sie sich aktiv in diesen Protesten positioniert und zum 4. April nach Straßburg mobilisiert. Viele DFG-VK-Aktive sind bereits jetzt an verschiedenen Stellen der Nato-Protestvorbereitung involviert. Denn obwohl es auch in unserem Verband zunächst noch Diskussionen darüber gegeben hatte, ob sich die DFG-VK überhaupt in die Mobilisierung zu den Protesten einbringen sollte - aus Angst, sich zu verzetteln -, ist der Termin Anfang April mittlerweile für viele Gliederungen fest eingeplant.

Viele haben erkannt, dass sich mit dem Nato-Gipfel für die DFG-VK die Möglichkeit ergibt, ihre Kompetenz in unterschiedlichen Aspekten der Friedensfrage zur Verfügung zu stellen. Alle in unserem Verband bearbeiteten Themen decken sich mit den Themen des Protestes, so dass dieser für uns nicht nur die Chance bietet, als gemeinsame Organisation aufzutreten, sondern ihn auch zur Stärkung und Mitgliedergewinnung zu nutzen. Im günstigsten Fall können wir so dazu beitragen, dass die deutsche Friedensbewegung in Zeiten der Ausweitung der Kriegsaktivitäten der Bundeswehr im Ausland und der Militarisierung im Inneren aus der "Anonymität" hervortritt und mit unserem pazifistisch-antimilitaristischen Verbandsnamen DFG-VK verknüpft wird. Nutzen wir die Chance!

Die von Beginn an im Bündnis vieler Friedens- und Antikriegsgruppen vorbereiteten Aktionen sollen den Protest gegen die Nato eindrucksvoll auf der Straße sichtbar machen, Alternativen zur Militär- und Kriegspolitik aufzeigen und mit Aktionen Zivilen Ungehorsams bewusst Grenzen (und Gesetze) übertreten, um das Nato-Gipfeltreffen mindestens zu behindern. Dagegen rüsten die Verwaltungen, die Polizei und das Militär nicht nur verbal auf. Wie bereits bei Großereignissen der vergangenen Jahre - z.B. der Fußball-WM oder dem G8-Gipfel - sollen nicht nur ein Großaufgebot der Polizei, sondern auch die Bundeswehr zum Einsatz kommen. Erste "Amtshilfeersuchen" dafür liegen bereits vor. Die Polizei spricht - oftmals von den Medien ungefiltert so transportiert - in einem Zusammenhang undifferenziert von der Gefahr terroristischer Anschläge, Randalierern und Vermummten sowie Demonstrationen und warnt u.a. mit falschen Zahlen über die Zahl verletzter Polizisten bei der Demonstration gegen den G8-Gipfel in Rostock. Mit übertriebenen und falschen Informationen werden vor Ort Verwirrung gestiftet und Ängste geschürt.

Regionale und bundesweite Bündnisse versuchen dem mit Informationen über die Ziele und Planungen des Protestes entgegenzuwirken. Viele Veranstaltungen sowohl vor Ort in der Protestregion wie auch bundesweit tragen jedoch nicht nur zur Protestvorbereitung bei, sondern auch zur Information über das Kriegsführungsbündnis Nato, welches uns immer noch als Verteidigungsbündnis präsentiert werden soll. Sollten DFG-VK-Gruppen noch Veranstaltungen organisieren wollen, sind wir gerne behilflich. Als Referenten bieten sich z.B. die DFG-VK-Mitglieder Claudia Haydt, Tobias Pflüger, Lühr Henken, Jürgen Wagner mit den Schwerpunkten der inhaltlich-politischen Analyse an wie auch die Landesgeschäftsführer und der Bundesgeschäftsführer mit den Schwerpunkten der Mobilisierung zu den Protesten.

Zur Mobilisierung haben wir neben dem Kleber auf der Vorderseite dieser ZivilCourage weitere Materialien entwickelt. Beim DFG-VK-Materialvertrieb sind Flyer, Plakate, Aufkleber, Ansteckbuttons sowie die von IMI und DFG-VK gemeinsam herausgegebene Broschüre zur Geschichte und Politik der Nato erhältlich (www.dfg-vkde/material).

Neben der Demonstration am 4. April in Straßburg werden besonders die Aktionen und Blockaden der Nato-GegnerInnen für Aufmerksamkeit sorgen. Es ist deshalb besonders erfreulich, dass mit dem Bündnis NATO-ZU (ZU steht für Ziviler Ungehorsam) eine Struktur geschaffen werden konnte, die sich ausdrücklich dem gewaltfreien Protest verschrieben hat und zu Blockaden des Nato-Gipfels am Morgen des 4. April in Straßburg aufruft.

Mit diesem Bündnis können wir im Rahmen des Gesamtprotestes deutlich gewaltfreie Aktionen anbieten und für unsere Vorstellungen von Konfliktlösungen werben. Im Bündnis sind neben der DFG-VK und unserem internationalen Dachverband WRI sowie weiteren internationalen Gruppen u.a. der Bund für Soziale Verteidigung und die Werkstatt für gewaltfreie Aktion Baden vertreten.

Für die weitere Information zur Protestvorbereitung, zu Materialien, ReferentInnen oder inhaltlichen Positionierungen lohnt sich immer ein Blick auf unsere Homepage unter www.dfg-v/e.de oder mit dem Direkteinstieg www.keinfrieden-init-der-nato.de. Hier kann auch der bundesweite Bündnisaufruf zu den Nato-Protesten online-unterstützt werden.


Monty Schädel ist Bundesgeschäftsführer der DFG-VK.

Zur Finanzierung der Protestaktionen gegen den Nato-Gipfel ist die DFG-VK dringend auf Spenden angewiesen:
Sonderkonto DFG-VK NATO 2009-Protest, Konto: 830 46 01 BLZ 370 205 00


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Quelle:
ZivilCourage Nr. 1 - Februar/März 2008, S. 7-8
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK e.V.),
Kasseler Straße 1A, 60486 Frankfurt
Redaktion: ZivilCourage, Postfach 90 08 43, 21048 Hamburg
Tel. 040/18 05 82 87, Telefax: 03212/10 28 255
E-Mail: zc@dfg-vk.de, Internet: www.zc-online.de

Erscheinungsweise: zweimonatlich, sechs Mal jährlich
Jahres-Abonnement: 12,00 Euro einschließlich Porto
Einzelheft: 2,00 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2008