Kia Ora Gaza - Aotearoa, 22. Oktober 2010
Der große Tag - Ankunft in Gaza !
Internationaler Hilfskonvoi - Tag 34, 21. Oktober 2010
Talal von Kuwait wartet am Kai von Al-Arish auf das Startzeichen
Foto: Kia Ora Gaza
12.25: Chris
Ankunft bei den Kaianlagen von Al-Arish. Sehr umfassende Sicherheitsvorkehrungen. Überall bewaffnete Wachen, wirken bedrohlich. Alles läuft glatt soweit.
12.53: Roger
Vom Schiff runter und mit Hone zusammengetroffen. Haben unsere Pässe zurück. Bereiten unter den wachsamen Augen von über 50 Mann Bereitschaftspolizei unsere Fahrzeuge vor, um die Kaianlagen zu verlassen.
Die Jungs aus Kanada, bereit die Kaianlage von Al-Arish zu verlassen
Foto: Kia Ora Gaza
13.12: Roger
Die Fahrzeuge sind mit palästinensischen Fahnen und Flaggen aus den 30 Herkunftsländern geschmückt, aus denen Freiwillige mitgeschickt wurden. Jubel. Das ist es. Wir fahren los. Die ersten Kiwis, die die Kaianlagen durchs Tor verlassen haben, sind Chris und Hone.
13.14: Chris
Ich habe das Hafengelände verlassen. Wir reihen uns an der Straße auf und warten auf die anderen. Bei etwa jedem 10. Wagen des Konvois befindet sich ein gepanzertes Polizeiauto.
13.56: Roger
Der Wagen von Pat und Julie ist raus durchs Tor. Ich befinde mich genau hinter ihnen. Wir reihen uns hintereinander auf, um auf die anderen zu warten, damit wir als ein langer Konvoi losziehen können. In meinem Fahrzeug ist kein Platz mehr für Mousa, deshalb fährt er in einem Wagen aus dem Vereinigten Königreich mit. Die Sonne brennt.
14.04: Roger
Wir fahren los in einer einzigen Kolonne. Gaza, wir kommen!
Ein Team aus Italien zeigt seine Aufregung, während es sich bereit macht für die kurze Fahrt von Al-Arish nach Gaza
Foto: Kia Ora Gaza
15.06: Roger
Uns begleitet eine bewaffnete Militär- und Polizei-Eskorte in Nissan Utes. Noch 10 Kilometer bis zum Übergang Rafah nach Gaza.
15.34: Chris
Die Konvoier passieren den Zoll am Grenzübergang Rafah.
15.39: Roger
Ein Schild mit der Aufschrift "Alles Gute, komm' bald wieder" hängt über dem Zugang nach Gaza. Gepanzerte Wagen parken am Straßenrand und auf angrenzenden kahlen Feldern. Es gibt haufenweise Stacheldraht. Zwei lange Reihen warten darauf, den Übergang passieren zu können.
15.48: Roger
Weitere Wagenladungen von Bereitschaftspolizisten mit automatischen Waffen in den Händen treffen ein, es gibt aber keine Spannungen. Einige Polizisten winken den Konvoiern zu. Fernsehteams warten.
Der Konvoi bildet eine Schlange am Übergang Rafah, dem einzigen Landzugang nach Gaza, der nicht unter Kontrolle des israelischen Militärs steht
Foto: Kia Ora Gaza
15.54: Chris
Wir haben das Tor passiert! Wir sind in Gaza! Unseren herzlichsten Dank an alle unsere Unterstützer zuhause in Aotearoa! Ohne euch wären wir nicht hier.
15.58: Roger
Jugendliche vom Roten Halbmond kommen zu uns und stellen sich für ein Foto neben die Fahrzeuge des Konvois. Die Atmosphäre ist entspannt.
16.00: Chris
Wir haben unsere Wagen direkt hinter der Grenze geparkt, und man bringt uns zu Sitzgelegenheiten für eine Medienrunde.
16.23: Chris
Es herrscht festliche Stimmung. Alle umarmen einander, und man sieht viele Freudentränen.
Konvoier treffen Bewohner aus Gaza direkt hinter der ägyptischen Grenze
Foto: Kia Ora Gaza
16.38: Chris
Viva Palestina-Leiter Kevin Ovenden hält eine Ansprache. Wir kommen aus 30 verschiedenen Ländern mit Hilfsgütern im Wert von 7 Millionen Dollar, erklärt er. Dies ist der bislang größte Konvoi. Wir sind mit dem ersten Konvoi überhaupt bei helligtem Tageslicht in Gaza eingefahren. Politisch gesehen bröckelt die Blockade, aber sie ist noch nicht gefallen. Wenn die Gefängnismauer am brechen ist, müssen wir sie alle gemeinsam umstoßen, erklärt Kevin. "Ich verspreche euch, daß wir wieder und wieder und wieder kommen werden, bis alle Palästinenser in Frieden und Würde nach Hause zurückkehren können." Er dankt den Menschen aus Frankreich, aus der Türkei, aus Syrien und überall in der arabischen Welt, die dem Konvoi geholfen haben. Palästina ist jetzt zu einer internationalen Angelegenheit geworden.
Beifallsstürme aus der großen Menge unterstreichen Kevins Rede. Etwa 15 Fernsehteams filmen das Ereignis.
Fahnen aus vielen Ländern wehen in Gaza und zeigen die internationale Unterstützung für ein freies Palästina
Foto: Kia Ora Gaza
17.24: Chris
Ich habe gerade einen jungen Mann getroffen, dessen schwangere Schwester 2007 starb, weil sie zehn Tage lang keine medizinische Hilfe bekommen konnte. Wir starten bald nach Gaza-Stadt, und man erzählt uns, daß dort riesige Menschenmengen auf uns warten.
17.32: Chris
Das ist der Moment, auf den ich gewartet habe: in Gaza die Hände der Menschen auf der Straße zu schütteln. Aber ich stehe noch immer unter Anspannung bis wir unsere Hilfsgüter abgeliefert haben. Dann kann ich mich entspannen und sagen: "Arbeit erledigt!"
17.35: Chris
Es wird Abend und das Licht schwindet. Blitzende Lichter und Sirenen überall um mich herum während wir nach Gaza losfahren. Was für ein Anblick. Was für ein Lärm.
17.47: Chris
Auf der Fahrt Richtung Stadt sitzt Hone auf dem Dach des Ambulanzwagens. Er schwenkt die palästinenische Fahne. Die Gefühle wallen auf. Eine Konvoi-Fahrerin war voller Tränen und hat jetzt den Fahrersitz getauscht und ruht sich im Wagen aus. Es ist alles etwas zuviel.
In Gaza: das wunderbare Gefühl des Augenblicks
Foto: Kia Ora Gaza
18.19: Chris
Wir fahren langsam in Gaza-Stadt ein, und die Mauer ist überall um mich herum. Vor der Mauer ist ein Zaun. Es fühlt sich an, als führe ich ins Gefängnis. Es ist ein Schock. Die Bastarde!
19.03: Chris
Tausende Menschen füllen die Straßen von Gaza-Stadt. Sie sind außer sich vor Freude. "Willkommen! Willkommen!", rufen sie. Kinder drängen sich durch auf die Straße. Ich muß vorsichtig fahren, damit ich in dem Gedränge niemanden verletze. Menschen auf Motorrädern rufen laut: "Danke! Danke dafür, daß ihr nach Gaza gekommen seid!" Alle wollen mich anfassen.
Jetzt singt die Menge und klatscht in die Hände. Sie sind vollkommen aus dem Häuschen. Wir fahren jetzt im Schneckentempo. Es sind zuviele Menschen, um schneller zu fahren. Ich muß aufpassen, muß aufhören zu senden.
20.46: Chris
Wir fahren durch einen schmalen Korridor jubelnder Menschen. Oft springen sie vor uns. Einige Kinder schlagen Trommeln. Überall Soldaten, wir werden sehr gut geschützt. Ich habe gerade ein ausgebombtes Haus gesehen.
Der Konvoi fährt nach Gaza Stadt hinein Foto: Kia Ora Gaza
22.33: Roger
Radio New Zealand hat mich gerade interviewt. Es war unglaublich hier. Die Menge hat uns den ganzen Weg in die Stadt hinein begleitet. Fahren jetzt mit dem Bus zum Hotel.
22.56: Chris
Wir sind die Nacht über in einem Hotel untergebracht. Es ist ziemlich schrecklich, aber wenigstens ein Bett. Habe noch mehr ausgebombte Gebäude gesehen. Ich habe ein langes Interview mit Kim im Morning Report gehabt.
22.27: Chris
War gerade im Interview mit Keith Slater von TV3.
Anmerkungen:
Uhrzeiten: Alle Uhrzeiten entsprechen denen Ägyptens und Gazas. Ihre Zeit ist im Verhältnis zur neuseeländischen 11 Stunden zurück.(*)
Botschaften: Der Inhalt dieses Bulletins besteht aus Echtzeittexten unserer Kiwi-Freiwilligen auf dem Weg nach Gaza. Die Texte wurden um der Lesbarkeit willen redigiert.
Autoren: Roger Fowler und Chris van Ryn.
Photos: Azra to Gaza blog.
http://kiaoragaza.net/
Anmerkungen der SB-Redaktion:
Uhrzeit: auch die deutsche Uhrzeit liegt z.Zt. 11 Stunden hinter der neuseeländischen.
Aotearoa: eine Maori-Bezeichnung für Neuseeland.
aktueller Stand: s.a. kiaoragaza.net
*
Quelle:
Kia Ora Gaza - Aotearoa, 22.10.2010 (neuseeländische Zeit)
Tagesberichte - Tag 34, 21.10.2010
PO Box 59-007, Auckland, Neuseeland
Internet: kiaoragaza.net
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen
veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2010