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APPELL/128: Memorandum für Frieden und weltweite Abrüstung aller Atomwaffen (IPPN)


IPPNW-Mitteilung vom 3. November 2018
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

Memorandum für Frieden und weltweite Abrüstung aller Atomwaffen

Tagung "Demokratie und Frieden in Gefahr?" in Landsberg am Lech


Über 15.000 Atomwaffen bedrohen die Existenz allen Lebens auf unserem Planeten Erde. Die Hiroshima-Bombe mit einer Sprengkraft von 15 Kilotonnen tötete 1945 innerhalb weniger Minuten über 70.000 Menschen. Heutige Atomwaffen haben eine Sprengkraft bis zu 3 Megatonnen: das 200-fache der Hiroshima-Bombe - ein Vernichtungspotential unvorstellbaren Ausmaßes! Eine einzige Interkontinentalrakete mit 10 getrennt steuerbaren Sprengköpfen kann eine Fläche von ca. 60.000 km² zerstören, vergleichbar fast der Größe Bayerns.

Nachdem der amerikanische Präsident Donald Trump beschlossen hat, den INF-Vertrag aufzukündigen, wächst die Gefahr eines neuen atomaren Wettrüstens!

Atomwaffen abrüsten - Jetzt!

"Die Atomkriegsgefahr ist allgegenwärtig. Mit der Aufkündigung des INF-Vertrages droht eine neue atomare Rüstungsspirale wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Dem müssen wir uns mit aller Kraft entgegenstellen. Als Internationale Ärzteorganisation appellieren wir eindringlich an alle Atommächte, im Namen der Menschheit diesen Wahnsinn zu beenden", so Dr. Till Bastian, Arzt und Gründungsmitglied der IPPNW.

Im Juli 2017 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen - gegen den massiven Widerstand der Atomwaffenstaaten - mit dem Votum von 122 Staaten einen Vertrag zum Verbot aller Atomwaffen. Initiator und Wegbereiter dieser bahnbrechenden Entscheidung der UN war die Internationale Kampagne gegen Atomwaffen (ICAN), die für ihr erfolgreiches Engagement im Dezember 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Inzwischen haben 69 Staaten den Vertrag unterzeichnet, 19 haben ihn ratifiziert. Wenn 50 Staaten den Vertrag ratifizieren, tritt er völkerrechtlich bindend in Kraft.

Als IPPNW unterstützen wir mit weit über hunderttausend Ärztinnen und Ärzten in über 60 Ländern die ICAN-Kampagne zur Ratifizierung des UN-Vertrags für ein Verbot von Atomwaffen. Unser realistisches Ziel ist es, mindestens 50 Staaten für eine Ratifizierung des Vertrags zu gewinnen. Damit wäre das Verbot und die Ächtung der Atomwaffen völkerrechtlich wirksam.

Die Bundesregierung hat sich wie die Atommächte einer Zustimmung des Verbotsvertrags verweigert. Als deutsche Sektion beschämt uns dieses Verhalten seitens der Bundesregierung gegenüber den hunderttausenden Opfern, die die Produktion und die Anwendung von Atomwaffen bis heute gekostet hat.

Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel und an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages

An die Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, richten wir folgenden eindringlichen Appell:

"Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben sich 2013 in Berlin Präsident Barack Obamas Appell einer weltweiten Abrüstung von Atomwaffen angeschlossen. Deshalb erinnern wir Sie an dieses Vorhaben und erwarten von Ihnen die konkrete Umsetzung Ihrer Ankündigung.

Unterzeichnen Sie den Verbotsvertrag von Atomwaffen der Vereinten Nationen und leiten Sie unverzüglich die Ratifizierung des Vertrags durch die Bundesrepublik Deutschland ein! Diese Maßnahme duldet anlässlich des drohenden neuen atomaren Wettrüstens keinen Aufschub!

Setzen Sie ein glaubwürdiges Zeichen Ihres Abrüstungswillens und sorgen Sie dafür, dass alle noch in Deutschland stationierten US-Atomwaffen abgezogen werden!"

Vier Jahre nach Kriegsende, am 8. Mai 1949, beschloss der Parlamentarische Rat das Grundgesetz. Über Parteigrenzen hinweg wurde im Artikel I unserer Verfassung die Antwort auf Krieg und Gewaltherrschaft gegeben:
"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt."
Der im Grundgesetz vorgesehene Auftrag ist eindeutig und klar: Das Streben nach Frieden und Gerechtigkeit in der Welt hat eindeutig Vorrang und ist unvereinbar mit der Drohung mit Atomwaffen. Somit hat die Bundesregierung eine bindende Verpflichtung, sich für ein völkerrechtliches Verbot aller Atomwaffen und deren weltweite Abrüstung einzusetzen.

Es ist ein Widerspruch, einerseits für die Würde und die grundlegenden Rechte der Menschen einzutreten und sich gleichzeitig dem völkerrechtlichen Verbot von Massenvernichtungswaffen, die eine permanente Bedrohung der Menschheit darstellen, zu verweigern.

Als Ärztinnen und Ärzte der IPPNW fordern wir die Bundesregierung und alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, den UN-Vertrag für ein Verbot aller Atomwaffen zu unterzeichnen und anschließend die Ratifizierung des Vertrags zu vollziehen!

V.i.S.d.P.:
Rolf Bader, Tagungsleiter und ehem. Geschäftsführer der IPPNW, Kaufering
Dr. Till Bastian, Arzt und ehem. Vorstand der IPPNW, Isny

Memorandum für Frieden und weltweite Abrüstung aller Atomwaffen verabschiedet auf der Tagung "Demokratie und Frieden in Gefahr?" der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges e.V. (IPPNW) am Samstag, 3. November 2018 in Landsberg am Lech

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Quelle:
IPPNW - Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2018

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