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STANDPUNKT/072: Damals wie heute - Bertha von Suttner "Die Waffen nieder!" (SOLIDAR WERKSTATT)


SOLIDAR WERKSTATT für ein solidarisches, neutrales und weltoffenes ÖSTERREICH
WERKSTATT-Blatt Nr. 3/2014
unabhängig.selbstbestimmt

Bertha von Suttner: "Die Waffen nieder!"

von Eveline Steinbacher



Vor 100 Jahren ist die große österreichische Friedenskämpferin, Schriftstellerin und Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner am 21. Juni 1914 gestorben. Vor über 100 Jahren warnten Menschen, wie Berta von Suttner und andere Friedensfreunde vor dem herannahenden 1. Weltkrieg. Ihre zentrale Botschaft: "Die Waffen nieder!" Die EU-Machthaber verkündeten beim Rüstungsgipfel Ende 2013 die gegenteilige Botschaft: "Rüstung hat Priorität!"


"Rüstung hat Priorität!", heißt es Vorbereitungspapier der EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zum EU Rüstungsgipfel Ende 2013. Die Union müsse "zu direkten Interventionen in seiner Nachbarschaft in der Lage sein, in Allianzen oder wenn nötig alleine". Für diese "Interventionen" muss die EU "militärische Kapazitäten auf allen fünf Schauplätzen in Anspruch nehmen ... zu Land, zur See, in der Luft im Weltraum und im Cyberspace", entfalten. "In Bezug auf schnelle militärische Antworten sind höchst schlagkräftige, interoperabel Streitkräfte, die innerhalb kürzester Zeit für EU-Operationen zur Verfügung stehen, wichtiger denn je."(1).

Diesem Zweck dient auch die Verschmelzung der Zivil- mit der Rüstungsforschung an Unis und Forschungseinrichtungen(2). Zum Teil als Dual Use Güter getarnt, wird im zivilen Rahmen an Produkten geforscht die ebenso im Rüstungsbereich eingesetzt werden können und sollen. Sollen. Wie in den niedergeschriebenen Beschlüssen des letzten EU Rüstungsgipfels aus dem Dezember 2013 zu lesen ist: "Ersucht der Europäische Rat ... [ ] ... die Kommission und die Europäische Verteidigungsagentur, eng mit den Mitgliedsstaaten zusammenzuarbeiten, um Vorschläge auszuarbeiten, wie die Dual-Use-Forschung noch stärker angekurbelt werden kann."(3).

Bei diesem Gipfel wurde auch ein eigenes EU-Drohnenprogramm beschlossen. Man will den USA offenbar in nichts nachstehen, um weltweit Krieg führen zu können. Wozu Drohnen benutzt werden können ist selbst in den Mainstream Medien zu lesen. Vorerst von den USA zur gezielten Tötung von sog. Terroristen. In Pakistan, Jemen, Afghanistan, .werden Menschen ohne Gerichtsverhandlung zum Abschuss frei gegeben. Dabei werden kalkulierte Kollateralschäden, nämlich zivile Opfer, in Kauf genommen. Unter den kolportierten 4000 getöteten Menschen befinden sich hunderte Zivilisten, Kinder. Jüngst wurde ein Hochzeitszug ausgelöscht, was großes Leid und Schmerz zu den Menschen dort brachte, aus Ohnmacht geborenen Zorn verständlich macht. Offiziell werden derartige Verwechslungen von Zivilisten mit Terroristen bedauert und liefern Begründung für weitere Präzisierungen der Killerdrohnen. Krieg hat an seiner Grausamkeit bis heute nichts verloren, aber es wird versucht seine Opfer unseren Blicken zu entziehen.

"Wer die Opfer nicht schreien hören, nicht zucken sehen kann, dem es aber, sobald er außer Seh- und Hörweite ist, gleichgültig ist, dass es schreit und zuckt - der hat wohl Nerven, aber - Herz hat er nicht."
(Berta v. Suttner)

Darüber hinaus werden Drohnen außer im Kriegsdienst u.a. zur Beobachtung, zur Überwachung von Demonstrationen, Großveranstaltungen eingesetzt. Vorgeblich zu unserer Sicherheit arbeiten Militär und Zivilforschungseinrichtungen im Rahmen nationaler und von EU-Sicherheitsforschungsprogrammen an unzähligen Überwachungsprogrammen an dafür benötigter Hardware und Software um eine allumfassende Überwachung zu ermöglichen.

Zivil- und Menschenrechtliche Errungenschaften aus einer Zeit, in der sich viele Menschen und Organisationen ernsthaft um friedliche Lösung der Konflikte bemühten, und eine Gesellschaft aufbauend auf humanistischen Ansätzen entwickeln wollte, darunter die Unschuldsvermutung, werden dabei mühelos, unter Vorgabe es diene unser aller Sicherheit, über Bord geworfen.

Menschenrechte werden allzu leicht geopfert, wenn Waffenschmiede, Kriegsgewinnler und politisch einflussreiche Mächtige unter mannigfaltigen Deckmäntelchen versuchen die Glut des Krieges zu entfachen, um ihre Gewinne und ihre Macht zu sichern, sie auszubauen. Egal wo und wieviel Blut dafür fließen muss. Afrika, Asien, Südamerika, Europa.

100 Jahre, 2 Weltkriege, Millionen Kriegsopfer später. 2014 kämpfen friedensbewegte Menschen immer noch für eine friedlichere Welt, in der Humanität mehr zählt als Macht, Geld und Rohstoffbestrebungen - in der humanitäre Einsätze Brot, Hilfe für Notleidende, Hilfe zur Selbsthilfe und nicht Bomben, von "Friedensnobelpreisträgern", wie der EU oder von Obama, auf deren Häuser, Äcker und Städte bedeuten. Wo Faschisten nicht - wie in der Ukraine - zum Sturz von Regierungen benutzt werden, sondern humanistische gesellschaftspolitische Systeme gefördert werden; wo Menschen nicht eingeschüchtert, sondern deren Entwicklung gefördert wird.

"Die Waffen nieder, sagt es allen!", das waren die letzten Worte der großen österreichischen Friedenskämpferin Bertha von Suttner kurz vor ihrem Tod 1914, kurz vor dem Beginn des 1. Weltkriegs, vor dem sie stets gewarnt hatte und gegen den sie bis zuletzt mit aller Kraft kämpfte.

2014, der mehrheitliche Wille der Menschen nach friedlicher Konfliktlösung hat sich noch nicht durchgesetzt. Noch geht das Schlachten und Morden weiter, zu gut funktioniert das Prinzip der nach Macht und Profit gierenden: Divide et impera - teile und herrsche. Deshalb ist eine aktive Friedens- und Neutralitätspolitik, eine Friedensbewegung so wichtig. Brechen wir aus der sich formierenden imperialen Großmacht aus und weigern wir uns bei Kriegen mitzumarschieren, setzen wir uns in weltoffenen Allianzen für Abrüstung, friedliche Konfliktbeilegung und den Abbau struktureller Gewalt ein. Sagen wir es allen: "Die Waffen nieder!"

Der Beginn der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts", der 1. Weltkrieg, jährt sich heuer, 2014, das 100ste Mal. Doch statt an der Überwindung von Militärblöcken und an friedlichen Konfliktlösungen sowie den Abbau struktureller Gewalt zu arbeiten, habe die EU-Staatschefs beim EU-Gipfel Ende 2013 die Aufrüstung der EU für globale Militäreinsätze zur "Priorität" erklärt und neue milliardenteure Rüstungsprogramme gestartet.

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Quelle:
WERKSTATT-Blatt (guernica) 3/2014, Seite 5
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. September 2014