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BERICHT/066: Klimacamp trifft Degrowth - Rechenbar, teilbar, frei zum endlichen Verbrauch ... (3) (SB)


Emissionshandel abschaffen ...

Klimacamp und Degrowth-Sommerschule im Rheinischen Braunkohlerevier 2015


Schon 2013 forderte ein Bündnis zahlreicher zivilgesellschaftlicher Organisationen, das Emissionshandelssystem der EU (ETS) abzuschaffen und nicht zu reformieren. An den dafür aufgelisteten Gründen [1] hat sich nichts geändert, und die gemeinsame Erklärung, daß der Kampf gegen das ETS "der Kampf für soziale, ökologische und klimatische Gerechtigkeit" sowie "für die Veränderung unserer Energie-, Verkehrs-, Landwirtschafts-, Produktions-, Verbrauchs-, Verteilungs-, Entsorgungs- und Finanzierungssysteme" sei, belegt, wie weitreichend die Handelbarkeit von Verschmutzungsrechten und die Finanzialisierung sogenannter Ökosystemleistungen in die gesellschaftlichen Naturverhältnisse eingreift. Da das Thema auch nach dem Klimagipfel von Paris nicht vom Tisch ist und das nach Anlagemöglichkeiten suchende Kapital in diesem Bereich große Investitionschancen wittert, ist die intensive Auseinandersetzung mit der komplexen Materie der finanzwirtschaftlichen Instrumente des Klimaschutzes nach wie vor geboten.

Dies gilt um so mehr, als die gesellschaftlichen Bedingungen von Naturzerstörung von der Frage nach der politischen Ökonomie der menschlichen Lebens- und Produktionsverhältnisse nicht zu trennen sind. Wo die Degrowth-Bewegung den Anstoß gibt, über den Zusammenhang zwischen dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte wie auch der Maßgaben individuellen Verbrauchs nachzudenken, ist die politische Linke vor allem mit der sozialen Frage befaßt. Da beides untrennbar zusammengehört und gerade daraus neue Ansätze emanzipatorischer Politik und des sozialen Widerstandes gegen Ausbeutung und Unterdrückung entstehen könnten, ist der Kampf gegen die Ökonomisierung der Natur auch zur Konvergenz sozial wie ökologisch fortschrittlicher Menschen geeignet.

Ein großer Vorteil des diesjährigen Klimacamps im Rheinischen Braunkohlerevier bestand in der Möglichkeit, sich einem spezifischen Thema auch über mehrere Tage in einem vertrauten Kreis interessierter Menschen zu widmen. Die im Rahmen der Degrowth Sommerschule vier Tage lang jeweils zweieinhalb Stunden laufenden Workshops waren zentralen sozialökologischen Fragestellungen gewidmet. In dem Kurs "Vom Emissionshandel zu Biodiversitätsbanken" gingen Jutta Kill, Fabian Hübner und Magdalena Heuwieser [2], die unter anderem im Netzwerk No Financialization of Nature aktiv sind, den ökologischen und gesellschaftlichen Folgen der ökonomischen Bewertung von Natur auf informative und kritische Weise auf den Grund. So wurde die Unterstellung, Naturzerstörung ließe sich durch die ökonomische Sichtbarkeit der dabei vernichteten Ökosystemleistungen verhindern, ebenso in ihrer Gültigkeit widerlegt wie die Behauptung, der Mechanismus handelbar gemachter Verschmutzungsrechte sei eine hochkomplexe, Experten vorbehaltene Materie, als zweckdienliche Suggestion entlarvt.


Beim Vortrag auf dem Klimacamp 2015 - Foto: © 2015 by Schattenblick

Jutta Kill
Foto: © 2015 by Schattenblick

Die Biologin und Aktivistin Jutta Kill, die zu den sachkundigsten Kritikerinnen der marktwirtschaftlichen Zurichtung des Klima- und Waldschutzes in der Bundesrepublik gehört [3], hielt zudem unter dem Titel "Klimaschutz und Wirtschaftswachstum - Spannungsfelder und notwendige Debatten" einen Vortrag, der die Kontroverse um das Thema weiter anheizen könnte. Darin schilderte sie die Verwirrung, die die Gutheißung dieser Kompensationmechanismen auch durch zivilgesellschaftliche Organisationen, die gegen den Klimawandel kämpfen, bei ihr auslöste. Die langjährige Aktivistin arbeitete schon in den 90er Jahren mit Organisationen in diversen Ländern des globalen Südens zusammen, um gegen die Landnahme und Waldzerstörung durch agroindustrielle Monokulturen und den Export der Ernten etwa als Futtermittel für die Tierzucht im globalen Norden vorzugehen. Als sie im Jahr 2000 erstmals einen UN-Klimagipfel besuchte, mußte sie erleben, daß sich dort ein brasilianischer Konzern, der Eukalyptusplantagen betreibt, als Klimaschützer profilieren konnte, obwohl sich die betroffenen Kleinbauern seit Jahren gegen die Vertreibung von ihrem Land durch das Unternehmen gewehrt haben. In dem Forum, das sie zusammen mit den Vertretern dieses Konzerns besuchte, wurde allerdings nicht über diesen mit allen Mitteln betriebenen Landraub gesprochen. Das Unternehmen konnte sich vielmehr dadurch legitimieren, daß es sein angebliches Engagement gegen den Klimawandel präsentierte.

Die Handelsinstrumente, mit denen dieses Greenwashing betrieben werden kann, werden auch durch viele Klima- und Umweltorganisationen unterstützt. Obwohl sie die Macht der Konzerne seit Jahrzehnten als Ursache von Klimawandel und Ungerechtigkeit anprangern, blieb eines der wesentlichen Mittel, das sie unangreifbar macht, unangetastet. Jutta Kill zog daraus die Konsequenz, sich mit Menschen und Organisationen zusammenzutun, die ihre Position teilen. Die 2004 entstandene Durban Group for Climate Justice beansprucht, den Klimawandel nicht nur als quantitatives Problem zu diskutieren, sondern als logische Folge eines Wirtschaftssystems zu kritisieren, das auf endlosem Wachstum und endlosem Verbrauch von fossilen Energien basiert.

Anhand des Stern Review Report on the Economics of Climate Change, der 2006 im Namen des britischen Ökonomen Sir Nicholas Stern veröffentlicht wurde und eine wichtige Wegmarke im internationalen Klimaschutzdiskurs darstellt, führte Jutta Kill aus, wohin eine rein quantitative Analyse des Klimawandels führt. Der Versuch, die aus ihm erwachsenden ökonomischen Kosten zu beziffern, mündet bei Stern in die Aussage, daß es sich bei der Externalisierung von Treibhausgasemissionen, also der Verlagerung der Kosten, die die Verursacher zu begleichen hätten, auf andere um Marktversagen handele. Den Klimawandel als das größte Marktversagen, das die Welt jemals gesehen hat, zu bezeichnen, habe die Diskussion über die Instrumente, mit denen der Klimawandel gestoppt werden soll, aus Jutta Kills Sicht nachhaltig in die falsche Richtung gelenkt. Die quantitative Analyse des Problems führte zu der Schlußfolgerung, daß der Klimawandel nur dadurch aufzuhalten sei, daß die Emission klimawirksamer Gase durch ihre Bepreisung reduziert würde.

Für Jutta Kill besteht das Problem jedoch in der historischen Entwicklung der wachsenden und kontinuierlichen Nutzung in Öl und Kohle extrem konzentrierter Energie für wirtschaftliche Zwecke. Die aus Pflanzen und Tieren in zeitlich langen Fristen komprimierte Biomasse ist die stoffliche Basis der fossilen Energieträger, die in ungleich kürzerer Zeit als energetische Grundlage der industriellen Produktion und des motorisierten Verkehrs verbrannt werden. Dies als quantitatives Problem der herrschenden Wirtschaftsordnung zu betrachten, führt folgerichtig zu der Lösung, den Klimawandel durch die Festsetzung eines Preises für den Ausstoß klimaschädlicher Gase und die Umlenkung der Investitionen in weniger CO2-intensive Produktions- und Verbrauchsformen zu bekämpfen, wie es beim Emissionshandel der Fall ist.

Verortet man die Ursache des Klimawandels jedoch in einer historisch gewachsenen Verantwortung, die sich aus den Folgen des herrschenden Akkumulationsregimes ergibt, dann rückt der Zusammenhang zwischen der Nutzung fossiler Energieträger und den Macht- und Herrschaftsstrukturen, die sich ihrer bedienen und auf sie angewiesen sind, in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Frage, wer darüber entscheidet, wie in Zukunft Energie produziert und verwendet wird, ist nicht unwesentlicher als die Frage, ob es sich um fossile oder erneuerbare Energie handelt. Auch letztere kann ungerechte Verhältnisse hervorbringen und fortschreiben. Der in Anspruch genommene Marktmechanismus, klimawirksame Emissionen über den Preis umzuverteilen, ist gerade nicht dazu angetan, über Macht und Einfluß zu diskutieren, wie es die Klimagerechtigkeitsbewegung beansprucht, meint Jutta Kill.

Mit dem Kyoto-Protokoll, das die Emission von Treibhausgasen in den Industrieländern außer den USA als erstes international verbindliches Abkommen 1997 begrenzt hat, wurde auch der globale Charakter des durch Treibhausgase wie CO2 bedingten Klimawandels anerkannt. In dieser Lesart ist es gleichgültig, wo und wie die Emissionsreduktion getätigt wird, wenn sie nur dazu führt, daß der global festgelegte Grenzwert am Ende eingehalten wird. Diese im Kyoto-Protokoll verankerte Grundannahme des Emissionshandels läßt es im Ergebnis gleichgültig erscheinen, ob Kohlekraftwerke in der Bundesrepublik abgeschaltet oder ein Unternehmen dafür bezahlt wird, in Brasilien mehr Eukalyptusbäume anzupflanzen. Die innigst mit den herrschenden Produktionsverhältnissen verknüpfte soziale Frage kommt hierzulande wie in Brasilien zu kurz, wenn das Problem des Klimawandels durch seine quantitative Behandlung von den gesellschaftlichen Bedingungen der Nutzung fossiler Brennstoffe abgekoppelt wird, so Jutta Kill.

Man könnte einwenden, daß es auch nie die Absicht herrschender Interessen war, die Lösung eines allmählich auch ihnen auf den Leib rückenden Problems mit Fragen zu verknüpfen, die sie vor dem Aufkommen sogenannter Umweltprobleme nie beschäftigt haben. Die Unterdrückung dieser Fragen ist wesentlich für den Erhalt von Klassenprivilegien, die den Besitzern der Produktionsmittel und den großen Kapitaleignern angeblich zustehen. Wer davon ausgeht, daß die Analyse der gesellschaftlichen Naturverhältnisse nicht von den sozialen Bedingungen kapitalistischer Vergesellschaftung getrennt erfolgen kann, bezieht mithin eine Gegenposition zur bloßen Regulation des Klimawandels durch den fossilen Kapitalismus wie zur kapitalistischen Gesellschaftsordnung überhaupt. Wo in diesem Spektrum sich die Klimagerechtigkeitsbewegung positioniert, ist wesentlich für die Antworten, die sie zur Bewältigung der zerstörerischen Folgen des Klimawandels erarbeitet.

Wie Jutta Kill weiter ausführte, war die Einführung des Emissionshandels als zentrales Umsetzungsinstrument des Kyoto-Protokolls Anlaß für die Akteure auf den Kapitalmärkten, die Wertäquivalente der CO2-Emissionen in handelbaren Derivaten zu bündeln. Da der Finanzsektor in den Jahren vor der Krise dringend nach neuen Möglichkeiten der Geldanlage suchte, kamen die vom Kyoto-Protokoll geschaffenen neuen Wertpapiere gerade recht. Alle großen Banken haben zwischen 2003 und 2011 massiv in den Emissionshandel investiert und mit seinen Zertifikaten spekuliert. Als das Kyoto-Protokoll beim Klimagipfel in Kopenhagen nicht verlängert und keine rechtlich verbindliche Emissionsreduktion festgelegt wurde, entfiel auch die Notwendigkeit, Emissionszertifikate zu kaufen. 2011 und 2012 brach deren Wert so drastisch ein, daß die Weltbank, die marktbasierte Ansätze zur Bewältigung des Klimawandels wie diesen stark unterstützt, keine jährlichen Berichte über den Stand des Emissionsmarktes mehr veröffentlichte.

Obwohl mit dem Emissionshandel heute nicht mehr viel Geld verdient wird, hat er die Bewältigung des Klimawandel maßgeblich beeinflußt. Zum einen haben die größten Verschmutzer nicht bezahlt, sondern gut verdient, indem sie die ihnen staatlicherseits gratis zugeteilten Verschmutzungsrechte verkaufen konnten, sofern sie sie nicht für das von ihnen emittierte CO2 an den Staat zurückgeben mußten. De facto profitierten die größten Verschmutzer auch am meisten, denn sie hatten die beste Verhandlungsbasis für den Erhalt kostenloser Emissionszertifikate. Bevor die Zertifikate, wie heute in den meisten Fällen üblich, von den Verschmutzern ersteigert werden, war der Emissionshandel viele Jahre lang ausgerechnet für diejenigen Akteure profitabel, die zum Klimawandel an erster Stelle beitrugen. Das Übermaß an kostenlos erhaltenen Emissionszertifikaten floß in den Ausbau einer Energiewirtschaft, deren zerstörerische Produktion sie eigentlich begrenzen sollten.


Jutta Kill beim Vortrag vor Projektionswand - Foto: © 2015 by Schattenblick

"Emissionshandel bremst Klimaschutz aus → Emissionshandel abschaffen!"
Foto: © 2015 by Schattenblick

In diesen Zusammenhang gehört auch eine Entwicklung im globalen Süden, bei der Klimaschutz zu Lasten von Menschen betrieben wird, deren natürlicher Lebensraum ins Visier anderer Interessen gerät. Unter dem Vorwand des Klimaschutzes wird indigenen Bevölkerungen und Menschen, deren angestammter Lebensraum im Wald liegt, dessen Nutzung untersagt beziehungsweise die Zuwiderhandlung mit harten Geldstrafen belegt. Ausgerechnet diejenigen Kleinbauern und indigenen Kulturen, die den Wald seit Generationen nutzen und erwiesenermaßen am schonendsten bewirtschaften, werden durch die Logik des Emissionshandels und die Qualifizierung ihrer Siedlungsgebiete zu handelbaren Klimasenken nicht nur in ihrer tradierten Lebensweise bedroht, sondern häufig genug von ihrem Land vertrieben.

Jutta Kill, die in ihrem Vortrag einige Fallbeispiele für die durch Emissionsgutschriften bedingte Entstehung massiver sozialer Konflikte präsentierte, verwahrt sich allerdings gegen die in Kreisen von Umweltschützern gängige Behauptung, die Einführung des Emissionshandels und des Clean Development Mechanisms (CDM), der den Handel mit Verschmutzungsrechten zwischen den hochproduktiven Industriestaaten und den sogenannten Entwicklungsstaaten organisiert, sei lediglich schiefgelaufen. Ihrer Ansicht nach handelt es sich bei den negativen sozialen Auswirkungen des Emissionshandels und CDMs um die logische Folge marktbasierter Instrumente. Am Schluß ihres morgendlichen, frei gehaltenen Vortrag im großen Versammlungszelt des Klimacamps übte die Aktivistin produktive Selbstkritik am Umgang mit dieser Maßnahme des internationalen Klimaschutzes:

Die Klima- und Umweltbewegung, die sich vorgemacht hat, daß ein marktbasiertes Instrument anders funktioniert als marktbasierte Instrumente nun einmal funktionieren, nur weil ein zweites Ziel auf dem Papier dem CDM zugeordnet wurde, nämlich daß er auch zur nachhaltigen Entwicklung beitragen soll, hat sich verschaukeln lassen. Wir haben gezeigt, daß wir nicht verstehen, wie ökonomische, marktbasierte Instrumente funktionieren, wenn wir enttäuscht sind über das, was wir heute in der Realität des Clean Development Mechanisms sehen. Wir durften nichts anderes erwarten. Denn das war die Struktur des Instrumentes, das wir auch mit unterstützt haben.

Daher müssen wir uns fragen: Tragen wir, indem wir auch die Interpretationsweise übernommen haben, daß Klimawandel primär ein quantitatives Problem ist, nicht dazu bei, daß weiterhin in Paris, in der UN und zu oft auch bei uns nicht über die Ungerechtigkeit gesprochen wird, die mit der Förderung von Öl verbunden ist, die Grausamkeiten, die mit der Förderung von Kohle verbunden sind? Müssen wir uns nicht fragen, ob wir mit dem Emissionshandel, mit der Zustimmung dazu, daß Klimawandel primär ein quantitatives Problem ist, dazu beitragen, daß die Lösungsansätze mindestens genauso problematisch sind wie das eigentliche Problem und für manche sogar schlimmer? Das ist, so glaube ich, eine Frage, der wir uns irgendwann einmal stellen müssen, wenn wir mit Ernsthaftigkeit und gutem Gewissen den Begriff Klimagerechtigkeit für uns reklamieren wollen.

Warum ist es mir ein Anliegen, daß wir uns noch einmal sehr kritisch damit auseinandersetzen, wie wir uns zum Instrument Emissionshandel positionieren? Der Emissionshandel und das Kyoto-Protokoll sind auch ein Sprungbrett gewesen, haben die internationale Plattform geboten für den gleichen Ansatz, die gleiche Denke in vielen anderen Bereichen. Unsere Naturschutzgesetzgebung, unsere Umweltgesetzgebung wird umgebaut, so daß es immer einfacher wird, mehr zu verschmutzen als der eigentliche Grenzwert besagt, solange wir äquivalent der Idee des Emissionshandels jemand anders woanders bezahlen, um zusätzlich Biodiversität zu schützen. (...) Das ist fatal, damit werden die Obergrenzwerte von Verschmutzung, von Naturzerstörung, von Landzersiedlung zu den Minimalwerten. Denn das Recht zur Verschmutzung, das ich nicht nutze, kann ich zu Geld machen, indem ich es anbiete und jemandem verkaufe, der mehr verschmutzen möchte als das Gesetz eigentlich erlaubte.

(...)

Ein quantitatives Problem, weniger hier, mehr da, netto null - funktioniert doch. Das sind die neuen Gesetze, die der Emissionshandel, die das Kyoto-Protokoll erleichtert hat und die heute real verabschiedet werden. Es gibt noch viele andere, das BMZ engagiert sich auch für grünes Uran in Namibia, so daß Uran auch im Nationalpark mit archäologischen Stätten in Namibia abgebaut werden kann - wofür, wo geht es hin? In das grüne AKW Hinkley 3, das in Großbritannien erweitert werden soll. Auch grün, weil nämlich die Biodiversität für die Ausweitung von Hinkley Point zerstört wird, es geht um Fledermäuse und viele andere Arten, es wird auch kompensiert, auch netto null - verloren hier, gerettet da, wo es vorher verloren wäre, netto null. Grünes Uran, grüne AKWs und noch grünerer Biodiversitätsschutz. Verändert an den Strukturen haben wir damit nichts. Und deshalb ist es mir ein Anliegen zu sagen, den Emissionshandel müssen wir abschaffen, der muß abgeschafft werden. Dazu bedarf es auch sehr viel mehr Unterstützung von uns als Klimagerechtigkeitsbewegung in Deutschland, in Europa, denn wir sind immer noch die Bremser, die sich schwertun damit, die Forderungen unserer Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde aus dem Süden zu hören, wenn es eben darum geht, den Emissionshandel abzuschaffen.

Jutta Kill sprach damit auch ein Problem der großen Heterogenität der Klima- und Umweltschutzbewegung und der vielen Interessen und Faktoren, die sie beeinflussen, an. Da das Thema des Klimawandels und seiner desaströsen Folgen immer mehr in den Mainstream der Politik drängt, wird auch die Unübersichtlichkeit des Terrains, auf dem auf ernstzunehmende Weise oder auch nur des guten Images wegen Klimaschutz betrieben wird, zunehmen. Analog zu einer Linken, deren revolutionärer Anspruch auf dem langen Marsch durch die Institutionen nicht selten in sein Gegenteil umschlug, ist keine soziale und emanzipatorische Bewegung davor gefeit, den Konterstrategien derjenigen Akteure zu unterliegen, die sich in ihrer destruktiven Praxis nicht stören und aufhalten lassen wollen [4]. Von daher wird der Diskurs um die sozialökologischen Folgen des Klimawandels desto produktiver geführt, je nachdrücklicher und offener die gesellschaftlichen Bedingungen politischer Kämpfe in Frage gestellt und Alternativen entwickelt werden.

(wird fortgesetzt)

Logo 'BLA BLA' und Hinweisschild 'Dolmetscher*innen Bitte nicht stören' - Foto: © 2015 by Schattenblick Logo 'BLA BLA' und Hinweisschild 'Dolmetscher*innen Bitte nicht stören' - Foto: © 2015 by Schattenblick

Das Übersetzernetzwerk Bla Bla sorgt dafür, ...
Foto: © 2015 by Schattenblick


Übersetzernetzwerk bei der Arbeit - Foto: © 2015 by Schattenblick

... daß Jutta Kills Worte alle Sprachbarrieren überwinden
Foto: © 2015 by Schattenblick


Fußnoten:

[1] http://scrap-the-euets.makenoise.org/KV/category/language/german/

[2] REZENSION/646: Magdalena Heuwieser - Grüner Kolonialismus in Honduras (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/buch/sachbuch/busar646.html

[3] Ökonomische Bewertung von Natur. Der Preis für Naturschutz?
Eine kritische Untersuchung von Jutta Kill. Brüssel, Juli 2015
http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/Oekonomische_Bewertung_von_Natur_2015.pdf

[4] Versprechen und Wirklichkeit des grünen Wachstums
Vortrag von Clive Spash an der Universität Leipzig am 5. September 2014
http://www.schattenblick.de/infopool/buerger/report/brrb0035.html
Gegenentwurf Degrowth - Radikalität und Vereinnahmung
Interview mit Clive Spash am 6. September 2014 an der Universität Leipzig
http://www.schattenblick.de/infopool/buerger/report/brri0064.html


Siehe auch im Schattenblick:

INTERVIEW/192: Waldvorräte, Kolonien - manche sind gleicher ...    Jutta Kill im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0192.html


Klimacamp und Degrowth-Sommerschule 2015 im Schattenblick
www.schattenblick.de → INFOPOOL → BUERGER → REPORT:

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22. Dezember 2015


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