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MELDUNG/015: Wachsende Gefahr für Journalisten durch Organisierte Kriminalität (ROG)


Reporter ohne Grenzen e.V.
Deutsche Sektion von Reporters sans frontières

Pressemitteilung vom 24. Februar 2011

ROG-Bericht: Wachsende Gefahr für Journalisten durch Organisierte Kriminalität


Organisierte Kriminalität ist mittlerweile eine der größten Gefahren für Journalisten und Medien. Weltweit sind zwischen den Jahren 2000 und 2010 insgesamt 141 Journalisten ermordet worden, die sich in ihrer Arbeit mit dem Einfluss und den Machenschaften krimineller Gruppen beschäftigt haben. Diese Bilanz zieht Reporter ohne Grenzen (ROG) in einem heute veröffentlichten Bericht zum Thema Organisierte Kriminalität und Pressefreiheit. Mehr Journalisten kommen durch die Gewalt krimineller Gruppen ums Leben als durch die Gewalt diktatorischer Regimes, heißt es in dem zehnseitigen Bericht. Diese Entwicklung zeichne sich seit Ende des Kalten Krieges ab.

Die höchste Zahl an Todesopfern unter Journalisten durch kriminelle Gewalt zählt ROG in Mexiko und auf den Philippinen. 69 Journalisten, die seit dem Jahr 2000 in Mexiko ermordet wurden, gehen auf das Konto der Drogenkartelle. Elf Reporter werden in dem mittelamerikanischen Land seit 2003 vermisst. Dieser Trend zeichnet sich auf den Philippinen schon seit den 80er Jahren ab: In dem südostasiatischen Land ist die Organisierte Kriminalität für die Mehrheit der 142 ermordeten Journalisten seit 1986 - das Jahr des Falls des Diktators Ferdinand Marcos - direkt oder indirekt verantwortlich.

Mafia, Kartelle sowie Warlords, Paramilitärs und separatistische Gruppen, die illegalen Handel und Geschäfte betreiben, um sich selbst zu finanzieren, " haben die verbliebenen diktatorischen Regimes als größte Quelle physischer Gefahren abgelöst", schreibt ROG in dem Bericht.

Organisierte Kriminalität ist nicht nur die größte körperliche Bedrohung für Medienvertreter. Zugleich stellen die häufig undurchsichtigen kriminellen Strukturen auch höchste Anforderungen an Berichterstatter. Globalisierte Kriminalität stellt mittlerweile eine komplexe ökonomische und geopolitische Realität dar, die sich unter anderem aus globalen ökonomischen Netzwerken, Geldwäsche und Steuerparadiesen zusammensetzt. "Es ist eine mächtige Parallelwirtschaft mit enormen Einfluss über die legale Wirtschaft - eine, über die es für Medien höchst schwierig ist, zu berichten", so ROG in seiner jüngsten Publikation.

Aufgrund des hohen Rechercheaufwands und der mit der Berichterstattung verbundenen Gefahren beschäftigen sich viele Journalisten nur oberflächlich mit dem Phänomen der Organisierten Kriminalität. Tiefer gehende Berichte erscheinen in einigen Ländern erst, wenn ein krimineller Skandal auffliegt und die Polizei tätig geworden ist oder Chefs krimineller Banden gefasst worden sind.

Unter ständiger Bedrohung und mit unzureichenden Ressourcen ausgestattet, beschränken sich viele Medien darauf, gegenseitige Vorwürfe krimineller Organisationen zu veröffentlichen oder offizielle Quellen zu zitieren. Bei zahlreichen kriminelle Gruppen gehört es zum strategischen Ziel, Medien für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und zu unterwandern.

In den von struktureller krimineller Gewalt betroffenen Ländern hat kaum eine der Regierungen ausreichende Maßnahmen für den Schutz von Journalisten vor krimineller Gewalt ergriffen. In den Schlussempfehlungen des Berichts plädiert ROG deswegen unter anderem für verstärkte Selbsthilfemaßnahmen von Medien und Journalisten: Medienmitarbeiter, die in einer Konfliktzone arbeiten, sollten sich zusammentun und einen gemeinsamen Pool für Informationen und Quellen gründen. Redaktionen, Journalistenschulen und Universitäten sollten spezifische Kurse zur Recherche und Berichterstattung über Organisierte Kriminalität anbieten.

Lesen Sie hier den vollständigen 10-seitigen ROG Bericht zu Organisierter Kriminalität und Pressefreiheit.
http://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/rte/docs/2011/110224_ROG_Bericht_organisierte_Kriminalitaet.pdf

Sehen Sie hier gefilmte Interviews mit Journalisten aus Mexiko, Kolumbien und El Salvador zu den Problemen der Berichterstattung über Organisierte Kriminalität.

Film 1
http://bit.ly/elSxgT

Film 2
http://bit.ly/hrIQAG


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Quelle:
Pressemitteilung, 24.02.2011
Deutsche Sektion von Reporters sans frontières
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2011