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KRIEG/013: Brandsatz Nahost - Krieg in den Medien ... (Friedensratschlag)


Bundesausschusses Friedensratschlag - Pressemitteilung vom 24. Juli 2014

Appell aus der Friedensbewegung: Stoppt den Krieg in Gaza

Für einen gerechten Frieden im Nahen Osten, der die Rechte der Palästinenser einschließt.



Kassel, 24. Juli 2014 - Anlässlich des nicht enden wollenden Kriegs im Gazastreifen richtet sich der Bundesausschuss Friedensratschlag mit einem dringenden Appell an die Konfliktparteien, die Bundesregierung und die Öffentlichkeit:

Die gegenwärtige Situation im Gazastreifen ist unerträglich geworden, nachdem israelische Flugzeuge und Raketen aus der Luft und israelische Streitkräfte auf dem Boden die Gewaltspirale immer weiter anheizen. 640 getöteten Palästinensern, darunter ca. 150 Frauen und Kinder, stehen 29 tote israelische Soldaten und zwei Zivilpersonen gegenüber(*). Doch nicht dieses Missverhältnis trifft auf unsere Kritik: es ist der Krieg, der insgesamt gestoppt werden muss - weil jedes Menschenleben gleich viel wiegt.

Der Friedensbewegung wird gern Einseitigkeit vorgeworfen - und gewiss wird auch der soeben veröffentliche Appell "Stoppt den Krieg in Gaza!" unter diesen Vorbehalt fallen. Es gibt aber keine Alternative zur Beendigung der Kämpfe - und es gibt auch keine Alternative zum Rückzug der israelischen Truppen aus Gaza. Über alles andere kann gesprochen und verhandelt werden, wenn erst die Waffen schweigen.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag ruft mit seinem Appell die Friedensbewegung und die Öffentlichkeit auf, initiativ zu bleiben und Solidarität mit den Menschen im Nahen Osten zu üben. Zum wiederholten Mal kann auf die Völkerrechtswidrigkeit der palästinensischen Raketenangriffe auf bewohnte israelische Regionen geübt werden. Auch wir tun das. Sobald indessen der israelische Feldzug gegen Gaza kritisiert wird, auf die Asymmetrie der Gewaltanwendung und der Gewaltfolgen hingewiesen wird und Solidarität mit dem leidenden palästinensischen Volk in Gaza und Westjordanland angemahnt wird, wird die Friedensbewegung in die "antiisraelische" oder gar "antisemitische" Ecke gestellt. Damit soll jegliche Kritik an der israelischen Gewalt- und Besatzungspolitik mundtot gemacht werden.

Die Friedensbewegung weist dieses Ansinnen zurück und denkt nicht daran, sich der Sprachregelung der herrschenden Politik und mancher "Leitmedien" zu fügen. Der Appell des "Friedensratschlags" soll dazu dienen, dem Protest gegen den Gazakrieg eine rationale und entschiedene politische Stimme zu geben.

Der Appell "Stoppt den Krieg in Gaza" folgt unten und kann auf der Website der AG Friedensforschung heruntergeladen werden unter:
http://www.ag-friedensforschung.de/bewegung/baf1/gaza.pdf

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski, Sprecher

(*) Zahlen vom 23. Juli 2014

*

Stoppt den Krieg in Gaza
 
Waffenstillstand
 
Rückzug der israelischen Armee
 
Einstellung der Raketenangriffe


Friedensbewegung sieht den Westen in der Pflicht

640 getötete Palästinenser, darunter viele Frauen und Kinder, auf der einen Seite, nahezu 31 getötete Israelis, darunter zwei Zivilpersonen auf der anderen Seite: Ist das nicht Grund genug, die Kampfhandlungen zu beenden und die Waffen nieder zu legen? Was soll denn noch geschehen, bis die Bundesregierung und andere westliche Regierungen einsehen, dass ihre bisherige Nahostpolitik kläglich gescheitert ist!? Eine Nahostpolitik, die jahrelang mit angesehen hat, wie Israel gegen jedes Völkerrecht Siedlung um Siedlung im Westjordanland baut, den Palästinensern Land und Besitzrechte raubt, Ostjerusalem ganz für sich in Anspruch nimmt (obwohl es laut Teilungsplan der UNO Hauptstadt eines Palästinenserstaates werden sollte), Palästinenser in den besetzten Gebieten und Araber in Israel als Bürger zweiter Klasse behandelt, alle UN-Resolutionen der letzten 60 Jahre ignoriert und bis heute nicht bereit ist, die Grenzen von 1967 und die Rechte der Flüchtlinge und Vertriebenen grundsätzlich anzuerkennen.

Stattdessen werden die Folgen der Besatzungspolitik beklagt und zugleich den Opfern in die Schuhe geschoben. Zu den Folgen der Besatzungspolitik gehört nicht nur die Entrechtung der palästinensischen Bevölkerung, nicht nur deren entwürdigende Behandlung an den zahllosen Checkpoints, nicht nur ihre Abriegelung im Gazastreifen, sondern auch die Verhinderung jeglichen wirtschaftlichen Aufbaus. Das Versprechen der Roadmap aus dem Jahr 2000, wiederholt in zahllosen Sonntagsreden führender Politiker, einen palästinensischen Staat neben dem Staat Israel zu gründen, auf dass beide in sicheren Grenzen nebeneinander leben können, wird seit Jahr und Tag von Israel torpediert: Sogar die Aufnahme der palästinensischen Autonomiebehörde in Unterorganisationen der UNO wie die UNESCO wollte die israelische Regierung (und mit ihr die USA) verhindern. Und als 2006 zum ersten Mal eine - vom Westen lange geforderte - demokratische Wahl in Palästina stattfand, wurde deren Ergebnis nicht anerkannt, weil mit der Hamas die "falsche Partei" gewählt wurde.

Jeglicher Widerstand gegen die israelische Besatzungspolitik wird unter den Generalverdacht des Terrorismus gestellt. Tausende solcher "Terroristen" sitzen in israelischen Gefängnissen - vielfach ohne Anklage oder ohne ordentliches Gerichtsverfahren; amnesty international berichtet auch von Kindern und Jugendlichen, die in Haft genommen werden oder bei Razzien von der Polizei misshandelt werden.

Das alles entschuldigt keineswegs Gewaltakte, die von der anderen Seite gegen israelische Staatsbürger begangen werden. Raketenangriffe auf bewohntes Gebiet z.B. sind auch dann völkerrechtswidrig, wenn keine Menschen dabei ums Leben kommen. Wir müssen aber die Dinge ein wenig zurecht rücken: Auch wenn es längere Phasen der Ruhe gab und z.B. keine Raketen abgefeuert wurden, suchte (und fand) die israelische Regierung einen Anlass, ihre Repression gegen Palästinenser zu erhöhen, sporadische Luftangriffe auf den Gazastreifen zu fliegen oder Razzien in den besetzten Gebieten durchzuführen. Auch die "größeren" Kriege sind eher "Straf"aktionen als "Kampf"maßnahmen: Der letzte Gazakrieg kostete 1.400 Palästinensern das Leben; die Todesrate Israels betrug 13.

Wir dürfen nicht warten und tatenlos zusehen, bis der neuerliche Gazakrieg vergleichbare Ausmaße annimmt wie 2009. Hinter dem Slogan "Solidarität mit Israel" darf die Solidarität mit dem leidenden palästinensischen Volk nicht verloren gehen.

Auch die Palästinenser, die Menschen im Gazastreifen haben ein Recht auf Leben, auf einen lebensfähigen eigenen Staat, auf sichere Grenzen, auf Freizügigkeit und auf soziale Wohlfahrt.

Bundeskanzlerin Merkel hat die Freundschaft mit Israel zur "Staatsräson" erklärt. Im Sinne dieser Staatsräson wäre es heute, Frau Merkel der israelischen Regierung zu verstehen geben würde, dass der fortdauernde Kriegs- und Besatzungszustand nicht nur das palästinensische Volk im Unglück belässt, sondern immer wieder auch den israelischen Staat und seine Bürger gefährdet. Auch im Nahen Osten gilt: Sicherheit geht nur gemeinsam.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag ruft die Friedensbewegung dazu auf, auch in diesen schweren Zeiten sich auf die Seite des Rechts und der Menschenrechte, auf die Seite der Gewaltlosigkeit und des Völkerrechts zu stellen.

  1. Beendet den Krieg in Gaza!
  2. Rückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen!
  3. Einstellung der Raketenangriffe auf Israel!
  4. Für einen gerechten Frieden im Nahen Osten, der die Rechte der Palästinenser einschließt!

Bundesausschuss Friedensratschlag
Kassel, Berlin, Dortmund, Frankfurt, Nürnberg, Hamburg usw., 23. Juli 2014

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 24. Juli 2014
AG Friedensforschung und Bundesausschuss Friedensratschlag
Germaniastr. 14, 34119 Kassel
Telefon: (0561) 93717974
E-Mail: Bundesausschuss.Friedensratschlag@gmx.net
Internet: www.ag-friedensforschung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juli 2014