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BERICHT/081: Zwangsheirat - Anzahl der Hilferufe im Jahr 2008 dramatisch gestiegen!


Terre des Femmes - Pressemitteilung vom 22.01.2009

Zwangsheirat: Anzahl der Hilferufe im Jahr 2008 dramatisch gestiegen!


TÜBINGEN. Im Jahr 2008 erhielt die Menschenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES 197 Hilferufe von Frauen und Mädchen, die von Zwangsheirat oder Gewalt im Namen der sogenannten Ehre bedroht oder betroffen waren. Dies bedeutet einen deutlichen Anstieg um fast 15 % im Vergleich zum Vorjahr. "Insgesamt hat TERRE DES FEMMES damit seit 2006 543 Frauen und Mädchen beraten, die von Zwangsheirat und Gewalt im Namen der Ehre bedroht oder betroffen sind. Gegen ein Drittel davon waren zum Zeitpunkt ihres Anrufes bereits Morddrohungen ausgesprochen worden", so Jasmine Olbort, Referentin für Einzelfallhilfe bei TERRE DES FEMMES.

Meist melden sich die Mädchen und Frauen erst kurz vor der geplanten Zwangsheirat oder nachdem diese bereits stattgefunden hat, so dass schnell gehandelt werden muss. "Eine sofortige Flucht aus der Familie kann in einem solchen Fall Leben retten", so Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von TERRE DES FEMMES. Um den betroffenen Frauen auch weiterhin schnell und unbürokratisch helfen zu können, ist die Bereitstellung öffentlicher Mittel jedoch unerlässlich. "Diese Arbeit ist langfristig nicht allein durch Spenden zu finanzieren", so Stolle weiter.

Damit wäre ein konsequenter Ausbau des Hilfesystems möglich. Es müssen mehr Beratungsstellen und anonyme Schutzeinrichtungen geschaffen werden, die auf das Thema Gewalt im Namen der "Ehre" spezialisiert sind. Außerdem muss ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden. "Erst kürzlich hat ein Schulleiter zweier verschleppter Mädchen uns erklärt, das Erziehungsrecht liege bei den Eltern. Er könne sich da nicht einmischen. Diese Haltung muss sich ändern", so Jasmine Olbort.

Seit Dezember 2008 hat TERRE DES FEMMES deshalb damit begonnen, eine bundesweite Koordinierungsstelle zum Thema Zwangsheirat/Gewalt im Namen der Ehre einzurichten. Ziel ist es, neben der Beratungsarbeit das bereits bestehende Hilfesystem weiter zu vernetzen und Aufklärungsarbeit zu leisten. Das Projekt wird vorerst zur Hälfte aus Mitteln des Europäischen Integrationsfonds gefördert. Doch auch nach Ende der einjährigen Projektlaufzeit werden bei TERRE DES FEMMES Frauen und Mädchen weiter um Hilfe bitten, weil ihr Leben in Gefahr ist.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 22.01.2009
Terre des Femmes
Menschenrechte für die Frau e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2009