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HINTERGRUND/168: Patienten statt Patente


die zeitung - terre des hommes, 4. Quartal 2010

Patienten statt Patente

Patentschutz, TRIPS und Generika


Millionen Aids-Kranke in Entwicklungs- und Schwellenländern können nicht behandelt werden, weil neue, wirksamere Medikamente zu teuer sind. Pharmaunternehmen verhindern durch ihre Patentanträge, dass Nachahmermedikamente (Generika) frei hergestellt werden können und damit der Preis gesenkt wird.

Im Rahmen der WTO-Gründung wurde das sogenannte TRIPS-Abkommen (Trade-Related Aspects of Intellectual Property) besiegelt, das den Schutz des geistigen Eigentums regelt. Demnach kann auf alle Produkte und Herstellungsverfahren ein Patent von mindestens 20 Jahren Laufzeit erteilt werden. In dieser Zeit hat der Patenthalter das alleinige Recht, über Produktion und Preis eines Medikaments zu bestimmen. Die Herstellung von wirkstoffgleichen, aber günstigen Generika ist nur möglich, wenn zuvor ein Nutzungsrecht an Dritte vergeben wurde. Laut WTO dürfen patentgeschützte Medikamente in die ärmsten Entwicklungsländer exportiert werden. Das Exportland muss dafür aber eine Zwangslizenz erlassen.

Der Hauptteil der Nachahmerprodukte wird aus Schwellenländern wie Indien und Brasilien importiert. Erst durch die Produktion von Generika konnte ein Wettbewerb in Gang gesetzt werden: In Südafrika kostet derzeit ein Cocktail bestehend aus mehreren älteren, patentfreien Aids-Medikamenten rund 70 US-Dollar pro Jahr und Patient. Diese sogenannte erste Therapielinie ist die Standardtherapie, wenn Aids ausbricht. Sobald bei Patienten diese Medikamente nicht mehr wirken, müssen sie auf die sogenannte zweite Therapielinie gesetzt werden. Diese besteht aus mehreren patentgeschützten Medikamenten und lassen die Kosten auf 1.000 US-Dollar pro Jahr und Patient ansteigen.

Das hat zur Folge, dass weniger HIV-Positive in armen Ländern Zugang zu einer Therapie haben werden. Derzeit laufen Bemühungen, unter Beteiligung möglichst vieler Länder einen Patentpool einzurichten, der Patentinhaber wie Pharmaunternehmen und Forschungsinstitute dazu bringt, ihre Patente für HIV-Medikamente für ärmere Länder an den Pool abzugeben.


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Quelle:
die zeitung, 4. Quartal 2010, S. 4
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Dezember 2010