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PROJEKT/165: Burkina Faso - bessere Arbeitsbedingungen für Hausmädchen


die Zeitung - terre des hommes, 4. Quartal 2006

Die guten Mädchen aus den Dörfern
Burkina Faso: Bessere Arbeitsbedingungen für Hausangestellte

von Claudia Berker


"Bonne" ist eigentlich ein nettes Wort. Als französisches Adjektiv steckt darin eine positive Wertung, etwas ist gut oder schön. Doch als "bonne" werden in Burkina Faso auch Hausmädchen bezeichnet - eben eine, die für alles gut ist. Damit wird aus einem kleinen Wort ein Schicksal.

"Die zum Teil noch sehr jungen Mädchen werden nur ausgenutzt, sie müssen ständig zur Verfügung stehen, werden mit abgelegten Kleidern und Essensresten abgespeist und bekommen als Schlafplatz nur eine Matte in irgendeiner Ecke des Hauses zugewiesen", erläutert Ruth Hilbert, Leiterin des terre des hommes- Regionalbüros in Bobo Dioulasso im Süden von Burkina Faso. Nicht selten würden die minderjährigen Haushaltshilfen geschlagen oder von den männlichen Familienmitgliedern sexuell missbraucht. Und dass sie ihren Lohn von durchschnittlich drei Euro im Monat wirklich erhalten, ist längst nicht selbstverständlich.

Selbstverständlich hingegen ist, dass ihre Hilfe in fast jedem städtischen Haushalt mit regelmäßigem Einkommen genutzt wird. Ohne sie geht nichts, und da passt es gut, dass es ein Heer von solchen Mädchen gibt, die ungelernt und ohne Schulausbildung aus den verarmten Dörfern in die Städte strömen. "Wenn sie etwas eigenes Geld verdienen wollen, haben sie quasi nur die Wahl zwischen Prostitution oder einem Dienstmädchendasein, das eher an modernes Sklaventum denken lässt", so Ruth Hilbert.

Diese Schieflage zu korrigieren, ist ein Anliegen der Frauenorganisation "Marche Mondiale des Femmes (MMF)" in der Provinz Houet. Ursprünglich gegründet zur Durchführung eines landesweiten Marsches für die Frauenrechte im Jahr 2000 hat sich MMF inzwischen zu einer unabhängigen Organisation entwickelt, die sich engagiert für die Verbesserung der Situation der Hausmädchen einsetzt. "Ein großes Problem ist, dass die Mädchen weder als Person noch für die schwere Arbeit, die sie tun, geachtet werden. Wir müssen diese Einstellung zusammen mit den Arbeitsbedingungen verändern", erklärt Marcella Traoré von MMF-Houet.


Modernes Sklaventum

Wie weit die Respektierung grundlegender Arbeitsnormen von der Wirklichkeit entfernt ist, zeigte sich auf einem Seminar, das MMF in diesem Jahr durchgeführt hat.

Teilnehmerinnen waren sowohl 20 Hausmädchen, als auch 20 Arbeitgeberinnen, die sich gegenseitig nicht kannten. "Beide Seiten erfuhren bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal, dass es überhaupt gesetzliche Regelungen gibt und dass Hausmädchen Rechte haben, insbesondere, wenn sie minderjährig sind", berichtet Marcella Traoré. Doch bereits der Anspruch auf einen Ruhetag sei für viele der Arbeitgeberinnen völlig inakzeptabel. Die Arbeit im Haushalt soll und kann allerdings nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden. Neben fehlenden Alternativen für Mädchen ohne Ausbildung ist auch die finanzielle Situation zu Hause ein Problem: "Es wird oft von den Müttern erwartet, für die notwendigen Dinge wie Kleidung und Aussteuer ihrer Töchter aufzukommen. Viele glauben auch, dass es den Mädchen in der Stadt besser geht. Aber natürlich sind es auch die Jugendlichen selbst, die auf eigenen Füßen stehen wollen", erklärt Marcella Traoré.

MMF setzt daher auf bessere Arbeitsbedingungen: Die Frauen bemühen sich um eine Zusammenarbeit mit Sozialbehörden, treten in Kontakt mit Arbeitgebern und machen Politiker auf die Situation der Hausmädchen aufmerksam. Zu den Strategien gehört aber auch eine bessere Vorbereitung der Mädchen auf das völlig unbekannte Leben in der Stadt. Alphabetisierungskurse und Fortbildungen sollen ihnen helfen, selbstbewusster zu werden und ihre Rechte besser einfordern zu können.

Damit eines Tages das Wörtchen "bonne" nur noch benutzt wird, um die tägliche Höchstleistung der Hausmädchen zu loben.


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Quelle:
die zeitung, 4. Quartal 2006, Seite 6
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick am 4. Januar 2007