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PROJEKT/195: Philippinen - Psychologische Hilfe für Vertriebene


die zeitung - terre des hommes, 1. Quartal 2009

Die seelischen Wunden heilen
Philippinen: Psychologische Hilfe für Vertriebene

Von Anne Wolf


Den 18. August 2008 werden viele Menschen in der philippinischen Provinz Lanao del Norte nie vergessen. An diesem Tag brachen die Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und der islamistischen Rebellengruppe MILF (Moro Islamic Liberation Front) wieder aus. In der ganzen Region wurden Dörfer und Städte angegriffen, Häuser niedergebrannt und Zivilisten verschleppt. Besonders heftig tobten die Kämpfe in den Städten Kauswagan und Kolambugan. Insgesamt starben mindestens 20 Menschen, unzählige mussten fliehen. Der Auslöser für die Gewalt war ein gescheitertes Friedensabkommen zwischen der MILF und der philippinischen Zentralregierung in Manila. Dieser Konflikt flammt schon seit Jahren immer wieder auf. Gewaltausbrüche und massenhafte Vertreibungen der Bevölkerung sind die Folge.


Langfristige Hilfe ist nötig

"In einer solchen Situation wie nach dem 18. August brauchen die Vertriebenen natürlich sofort materielle Hilfe wie Wasser, Lebensmittel und Notunterkünfte", erklärt Pilgrim Guasa, Länderkoordinatorin von terre des hommes auf den Philippinen. Ihrer Meinung nach wird ein weiterer wichtiger Aspekt der Hilfe jedoch häufig vernachlässigt: "Wer solche Angriffe überlebt hat, der hat Schreckliches gesehen und gehört." Schüsse, Schreie, hilflose Menschen - all dies seien schlimme Erinnerungen und seelische Wunden, die bleiben, auch wenn die Vertriebenen in der Regel schon nach kurzer Zeit wieder in ihre Dörfer und ihren Alltag zurückkehren. "Hier ist langfristige psychologische Hilfe nötig", ist Pilgrim Guasa überzeugt.

Aus diesem Grund fördert terre des hommes die philippinische Organisation "Birthdev". Diese ist die einzige in Lanao del Norte, die unter dem Titel "Emotional Recovery Work" eine spezielle psychologische Betreuung für Vertreibungsopfer anbietet. Birthdev arbeitet mit geschulten Fachkräften, die unmittelbar nach Katastrophen und gewaltsamen Konflikten die Opfer aufsuchen und Gespräche mit ihnen führen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Arbeit mit Frauen und Kindern.

"Wo wart ihr, als der Angriff geschah? Was habt ihr gesehen? Was habt ihr gehört?" Auf diese typischen Fragen der Birthdev-Mitarbeiter reagieren die Betroffenen sehr unterschiedlich, wie Pilgrim Guasa erzählt: "Einige müssen ihre Erlebnisse unbedingt loswerden und wiederholen immer wieder, was geschehen ist." Andere seien jedoch gar nicht fähig, die Schrecken auszusprechen. "Aber manche können sie zeichnen. Auch das hilft weiter", weiß die Koordinatorin. Das Erzählen und Zeichnen von Erinnerungen hilft den Vertriebenen, ihre Erlebnisse zu begreifen, sie einzuordnen und zu verarbeiten. "Nur so können traumatisierte Menschen allmählich zu einem Zustand zurückfinden, in dem sie ihren Alltag bewältigen können. Und der ist hart genug für Vertreibungsopfer, die häufig zerstörte Häuser wieder aufbauen und geplünderte Felder in Ordnung bringen müssen", erklärt Pilgrim Guasa.


Große Fortschritte

Seit Beginn des Projektes im Jahr 2007 haben in Lanao del Norte über 380 Menschen an Sitzungen und Gesprächen mit Birthdev teilgenommen. "Insbesondere die von Vertreibungen betroffenen Kinder zeigen durch die psychologische Betreuung große Fortschritte", berichtet die terre des hommes-Koordinatorin. Nun soll die Methode von Birthdev auch bei anderen Hilfsorganisationen in Lanao del Norte verankert werden. Bisher wurden bereits 170 Mitarbeiter anderer Organisationen ausgebildet.

terre des hommes fördert Birthdev mit 33.506 Euro.


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Quelle:
die zeitung, 1. Quartal 2009, S. 6
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
Ruppenkampstraße 11a, 49084 Osnabrück,
Tel.: 0541/71 01-0, Fax: 05 41/70 72 33
E-Mail: info@tdh.de
Internet: www.tdh.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2009