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PROJEKT/200: Peru - Junge Bauern wehren sich gegen ein Bergbauprojekt


die zeitung - terre des hommes, 3. Quartal 2009

Wege zum guten Leben

Peru: Junge Bauern wehren sich gegen ein Bergbauprojekt

Von Peter Strack


Für die Bauerngemeinden von Quispillaccta im zentralen Bergland von Peru hätte die Weltwirtschaftskrise eine Chance sein können. Sie ernähren sich vor allem vom eigenen Acker. Um die gescheiterten Spekulationen der Lehman Brothers brauchen sie sich nicht zu sorgen, wohl aber um ein in ihrer Region geplantes Gold- und Kupferbergwerk. Auf einem Treffen mit 65 Autoritäten und Anwohnern, vor allem aus dem nahen Verwaltungszentrum Chuschi, hatte der US-amerikanische Newmont-Konzern sich noch im September 2008 die Genehmigung für Erkundungen erteilen lassen. Eine schleunigst einberufene Gemeindeversammlung mit über 500 Mitgliedern widerrief die Genehmigung. Doch Newmont kümmerte sich nicht darum. Erst die sinkende Nachfrage nach Rohstoffen und Kreditengpässe auf den Weltmärkten ließen nun einen Investitionsstopp erhoffen.


Wirtschaftliche Wiederbelebung bremst Abwanderung

"Wir wünschen uns, dass mit Regierungsdekreten unser Land und unser Wasser respektiert wird. Der Regen fällt doch auf alle. Deshalb sollen auch alle geschützt werden. Die Regierungen nehmen aber keine Rücksicht", beklagen sich Jugendliche, die mit der Vereinigung Bartolomé Aripaylla (ABA) hier im abgelegenen Hochgebirge seit Jahren verödete Flächen aufforsten. Sie legen an Steilhängen Terrassen für Nahrungsmittelproduktion an und kümmern sich als dörfliche Autoritäten um den Schutz von Baumpflanzungen oder Weideflächen, um die Anlage von Wasserrückhaltebecken für die Trockenzeit und die Erhaltung von Bewässerungskanälen. So konnten die knapp 300 jungen Männer und Frauen in den letzten drei Jahren zum Beispiel die Milchproduktion von täglich 1,8 auf 6,4 Liter pro Kuh verbessern oder die beim Hüten der Tiere verbrachte Arbeitszeit von Frauen und Mädchen von täglich neun auf sechs Stunden reduzieren. So blieb mehr Zeit für Schule oder auch den Gemüsegarten am Haus. Und so werden die Familien noch unabhängiger vom Markt oder gar von Überweisungen Verwandter aus der Ferne: Wanderten vor Projektbeginn acht von zehn Jugendlichen in die Stadt ab, sind es heute immerhin nur noch sieben. Am Ziel sind die Jugendlichen noch lange nicht. Zumal sie von der peruanischen Regierung Gegenwind spüren. Präsident Man García betrachtet die indianischen Kulturen nicht als Bewahrer der Erde, sondern als Entwicklungshindernis.


Regierung untergräbt internationales Recht

Mit einer Vielzahl von Dekreten hat er deshalb versucht, unter Umgehung der Verfassung und der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) die Rechte der indianischen Völker zu untergraben. Auch mit Niedrigststeuersätzen soll Peru attraktiv für ausländische Investoren im Erdöl- und Bergwerkssektor gemacht werden. Die Streiks, Blockaden und gewaltsamen Auseinandersetzung in der peruanischen Amazonasregion im Juni haben jedoch gezeigt, dass die 65 indianischen Völker dort die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen nicht mehr hinnehmen wollen. Auch die Jugendlichen im Bergland von Quispillaccta protestierten. Newmont versuche, ihre Gemeinde zu spalten und einzeln auf Familien Druck auszuüben. In Tuco, einem Weiler von Quispillaccta, wurden die Erkundungen aufgegeben, doch in den Bergen über Chuschi drohen die mühsam angelegten 46 Rückhaltebecken vom Bergwerksprojekt zerstört zu werden. Angesichts des derzeitigen Ringens der EU um ein Handelsabkommen mit Peru, appellierte terre des hommes deshalb an den EU-Chefunterhändler, Rechte der indianischen Völker in den Vereinbarungen zu respektieren und zu gewährleisten. Eine Reaktion gab es nicht. Dabei wäre ein Kurswechsel der Politik gegenüber Peru ein wichtiger Beitrag dazu, dass die jungen Quechua ihre international verbrieften Rechte durchsetzen können. So könnten ihre Vorstellungen von einem guten Leben im Einklang mit der Natur auch dann Wirklichkeit werden, wenn die Weltmarktpreise für Metalle hoch sind.

terre des hommes unterstützt die Arbeit von ABA jährlich mit 14.000 Euro.


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Quelle:
die zeitung, 3. Quartal 2009, S. 7
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2009