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PROJEKT/206: Mosambik - Vom Friedhof in die Schule - globale Krise betrifft auch Schulkinder


die zeitung - terre des hommes, 1. Quartal 2010

Vom Friedhof in die Schule
Mosambik: Die globale Krise betrifft auch Schulkinder

Von Urte Tegtmeyer


Bei der Frage nach seinem Vater kämpft Lopes mit den Tränen. Der 13-Jährige vermisst ihn jeden Tag. Doch sein Vater ist tot, seitdem sorgt Lopes' Mutter für ihn und seine vier Brüder. Weil sie das alleine nicht bewältigen konnte, mussten die Kinder mitarbeiten. Lopes auch. Er verkaufte Wasser auf dem Friedhof von Maputo, der Hauptstadt Mosambiks. Dort sieht man viele Kinder mit schweren Wasserkanistern. Sie warten auf Friedhofsbesucher, denen die Kinder für ein paar Meticais, der Landeswährung, ihre Dienste anbieten, zum Beispiel um das Grab zu wässern, Unkraut zu jäten und anderes. Für Schule ist da keine Zeit mehr.

Seit 2007 ist Lopes in einem Projekt des terre des hommes-Partners Meninos de Moçambique (MDM). Seitdem geht er nicht mehr zum Arbeiten auf den Friedhof. MDM stellt Kindern Schulmaterialen und -uniformen zur Verfügung und gibt Familien Starthilfen, damit diese zum Beispiel mit einem kleinen Geschäft lernen, wirtschaftlich auf eigenen Füßen zu stehen. MDM versteht sich dabei nicht als dauerhafter Kreditgeber, sondern sieht seine Maßnahmen als Sprungbrett zur Eigenständigkeit. Um mit dieser Idee zu überzeugen, sind Sozialarbeiter in der Gemeinde unterwegs und arbeiten mit den Gemeindevorstehern zusammen.


Steigende Kosten

Insgesamt unterstützt MDM in diesem Projekt knapp 140 Kinder. Doch der Bedarf ist viel größer. Abdul Faquir, Direktor von MDM, würde das Projekt gerne ausweiten und noch mehr Kinder vom Friedhof zurück in die Schule bringen. Doch nicht einmal für die laufenden Projekte ist ausreichend Geld da: »Das Leben hier ist sehr viel teurer geworden. Der Metical verliert an Wert. Vor kurzem war ein Dollar noch 24 Meticais wert, jetzt sind es schon 26, und es wird so weitergehen. Ich befürchte, dass wir dann unsere Projekte für die Kinder stark einschränken müssen.« Auch die Angestellten von MDM bekommen die Krise zu spüren. Ihr Gehalt reiche nicht mehr aus, um die Familie zu ernähren. Doch MDM habe auch eine soziale Verantwortung gegenüber den eigenen Mitarbeitern, sagt Abdul Faquir.

Mosambik gilt noch immer als eines der unterentwickeltsten Länder und nahm 2009 Platz 172 von 182 auf dem Human Development Index der Vereinten Nationen ein. Mehr als die Hälfte des Staatshaushaltes wird von internationalen Gebern finanziert, damit ist Mosambik eines der am stärksten von Auslandshilfe abhängigen Länder weltweit. Ziehen sich die Geber aufgrund der Finanzkrise zurück oder kürzen die Budgets, hat das Auswirkungen auf den gesamten Staatshaushalt. Unter den Streichungen leiden dann in erster Linie soziale Projekte. Südafrika als einer der Haupthandelspartner Mosambiks ist ebenfalls von der Krise betroffen. Dies wirkt sich auch auf die mosambikanische Wirtschaft aus: Weil Südafrika weniger Exportwaren abnimmt, sind in Mosambik die Rohstoffpreise gefallen.


Nachhaltiges Arbeiten

»Projekte, die bislang unterstützt wurden, können nur noch in reduziertem Umfang weitergeführt werden«, erklärt Felix Mulhanga, terre des hommes-Koordinator für das südliche Afrika. Zum Beispiel sei in einem Projekt kein Geld mehr da, um den Kindern ein Mittagessen auszuteilen. Mitarbeiter, die sich um die psychosoziale Betreuung oder um Bildungsarbeit kümmern, können nicht mehr bezahlt werden. Die Leidtragenden sind die Kinder. »Die Reduzierung der Ausgaben und die Entlassung von Mitarbeitern ist keine Lösung für die Bedürfnisse der Kinder. Wir ermutigen die Projektpartner, nachhaltig zu arbeiten und Ideen zu entwickeln, wie sie unabhängiger werden«, so Felix Mulhanga. Denn nur so können sich die Projektpartner von der Anfälligkeit des Marktes freimachen und auf lange Sicht gesehen auf eigenen Füßen stehen.


terre des hommes unterstützt Meninos de Moçambique mit 10.500 Euro.


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Quelle:
die zeitung, 1. Quartal 2010, S. 6
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
Ruppenkampstraße 11a, 49084 Osnabrück,
Tel.: 0541/71 01-0, Fax: 05 41/70 72 33
E-Mail: info@tdh.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2010