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PREIS/183: Wolf Haas erhält den Literaturpreis für Grotesken Humor (Stadt Kassel)


Stadt Kassel - Pressemitteilung von Montag, 6. Juli 2015

Österreichischer Schriftsteller Wolf Haas erhält den Kasseler Literaturpreis für Grotesken Humor


Der "Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor", vergeben von der Stiftung Brückner-Kühner und der Stadt Kassel, geht im Jahr 2016 an den österreichischen Schriftsteller Wolf Haas. Der Preis zeichnet den 1960 geborenen und in Wien lebenden Autor für seine hochkomische Erzähl- und Sprachkunst aus. Dafür stehen neben aufregenden Romanexperimenten insbesondere die bekannten "Brenner-Krimis", von denen einige auch sehr erfolgreich verfilmt wurden. Dies gab Oberbürgermeister Bertram Hilgen jetzt bekannt.

Der "Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor", gestiftet von dem Schriftstellerpaar Christine Brückner und Otto Heinrich Kühner, wird seit 30 Jahren vergeben. Er ist mit 10.000 Euro dotiert und zeichnet Autoren aus, deren Werk auf hohem künstlerischem Niveau von Komik und Groteske geprägt ist. Der erste Preisträger war Loriot; nach ihm wurden u. a. Ernst Jandl, Irmtraud Morgner, Robert Gernhardt, Dieter Hildebrandt und zuletzt Frank Schulz ausgezeichnet. Die Kasseler Sparkasse unterstützt den Preis großzügig.

Die Preisverleihung findet am 20. Februar 2016 im Kasseler Rathaus statt und beschließt das am 13.Februar 2016 beginnende Festival des 7. Kasseler Komik-Kolloquiums. Die Laudatio hält der Berliner Autor und Literaturvermittler Thomas Böhm.

Wer den mit 3000 Euro dotierten und auf Vorschlag von Verlagen vergebenen "Förderpreis komische Literatur" erhält, wird im September bekannt gegeben.

Begründung des Stiftungsrates

Wolf Haas verquickt auf einzigartige Weise durch seinen literarischen Witz die Kunst der Unterhaltung mit ausgefeilten Sprach- und Erzählexperimenten. Klug und ironisch nutzt er die populäre Form des Krimis ebenso wie andere Erzählweisen als Antrieb in einem Herstellungsprozess, der - immer überraschend - spannende Handlungen, verrückte oder bewegende Szenen sowie skurrile, aber auch ganz menschliche Figuren hervorbringt. Er bedient sich dabei einer Wunderkammer des Komischen: Ob Wortneuschöpfung, Abschweifung, Verkürzung, absichtlicher Stilbruch oder eine parodistisch heruntergekommene Kunstsprache - all das bewahrt seine handwerkliche Perfektion vor dem Erhabenen. So verführt Wolf Haas mit seinem Humor, den Jean Paul das 'umgekehrt Erhabene' nannte, die Leser zum Lesen und macht sie empfänglich für die existenziellen, gesellschaftskritischen und ästhetischen Themen, die er ihnen auf diese Weise poetisch entfaltet. "Aber interessant!"

Über Wolf Haas

Wolf Haas wurde 1960 in Maria Alm am Steinernen Meer geboren. Seine acht Kriminal-Romane um den kauzigen Privatdetektiv Simon Brenner wurden mehrfach ausgezeichnet. Einige wurden erfolgreich mit Josef Hader in der Hauptrolle verfilmt; im März 2015 startete in den Kinos der vierte Brennerfilm "Das ewige Leben". Zuletzt erschien 2014 in dieser Roman-Reihe der vor grotesker Komik sprühende Roman "Brennerova". Die Brenner-Krimis legen durchweg eine ironische Erzählhaltung an den Tag, getragen vor allem von der merkwürdigen, in Nähe zur Mündlichkeit geführten Kunstsprache des Erzählers.

Neben den Verfilmungen gibt es auch Hörspiel- und Theaterfassungen. 2006 erschien Haas' Roman "Das Wetter vor 15 Jahren", der mit dem Wilhelm-Raabe-Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Dieses Erzählexperiment hat die Form eines Interviews mit dem (fiktiven) Autor Wolf Haas zu seinem neuen (fiktiven) Buch über die tragikomische Liebesgeschichte eines Wetterspezialisten. Das illustrierte Kinderbuch "Die Gans im Gegenteil" mit herrlich schrägen Versen über eine Gans im Rettungseinsatz erschien 2010. Zwei Jahre später kam der mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichnete Roman "Verteidigung der Missionarsstellung" heraus. Hier betreibt der Autor eine poetisch-fröhliche Sprachwissenschaft, bei der auf verblüffende Weise die Nähe von Erotik und Seuchen oder auch der Zusammenhang von Sprache, Schrift und Wirklichkeit deutlich werden. Wolf Haas lebt in Wien.

"Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor" und "Förderpreis Komische Literatur"

Der "Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor" wurde der Stadt Kassel von der Stiftung Brückner-Kühner zum Geschenk gemacht und erstmals 1985 vergeben. Er ist mit 10.000 Euro dotiert und wird Sprachkünstlern (im ersten Jahrzehnt des Preises auch Literaturwissenschaftlern) zugesprochen, deren Werk sich auf hohem künstlerischem Niveau durch Humor, Komik und Groteske auszeichnet.

Folgende Personen erhielten die Kasseler Auszeichnung: Loriot, Eike Christian Hirsch, Ernst Jandl, Wolfgang Preisendanz, Irmtraud Morgner, Ernst Kretschmer, Robert Gernhardt, Walter Hinck, Christoph Meckel, Volker Klotz, Hanns Dieter Hüsch, Karl Riha, Max Goldt, Franzobel, Ingomar von Kieseritzky, Peter Bichsel, George Tabori, Franz Hohler, Eugen Egner, Ror Wolf, Katja Lange-Müller, Gerhard Polt, F.W. Bernstein, Peter Rühmkorf, Herbert Achternbusch, Thomas Kapielski, Ulrich Holbein, Wilhelm Genazino, Dieter Hildebrandt und zuletzt Frank Schulz.

Den gleichzeitig vergebenen "Förderpreis Komische Literatur" in Höhe von 3000 Euro, gefördert von der Kasseler Sparkasse, erhielten Frank Schulz, Jochen Schmidt, Tilman Rammstedt, Jess Jochimsen, Philipp Tingler, Michael Stauffer, Rebekka Kricheldorf, Jan Neumann, Tino Hanekamp, Wolfram Lotz und zuletzt Arno Camenisch. Die Förderpreisvergabe für das Jahr 2016 ist noch offen.

Die Stiftung Brückner-Kühner

Die Stiftung wurde 1984 von den Schriftstellern Christine Brückner und Otto Heinrich Kühner ins Leben gerufen, die 30 Jahre zusammen in Kassel lebten und dort 1996 kurz nacheinander verstarben. Die Stiftung wirkt heute als Literaturzentrum auf den Gebieten des Komischen und der international avancierten Poesie, und sie unterhält das Dichterhaus Brückner-Kühner als Literaturmuseum, um von hier aus die Erinnerung an das Stifterpaar wach zu halten.

Dem Stiftungsrat gehören folgende Personen an: der Literaturprofessor Dr. Dr. h.c. Walter Pape (Vorsitzender, Köln), die Lektorinnen Friederike Emmerling (Frankfurt a.M.) und Dr. Renate Jakobson (Berlin), der Autor und Kasseler Literaturpreisträger Ingomar von Kieseritzky (Berlin), der Literaturwissenschaftler und Autor Christian Maintz (Hamburg), der Literaturprofessor Dr. Uwe Wirth (Gießen), Dr. Thomas Wohlfahrt, Leiter der literaturWERKstatt Berlin, sowie einmalig der jeweilige Preisträger. Geschäftsführender Kurator der Stiftung ist der Literaturwissenschaftler Dr. Friedrich W. Block.

Weitere Informationen

Näheres zum Engagement der Literaturstiftung unter
http://www.brueckner-kuehner.de.

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Quelle:
Pressemitteilung von Montag, 6. Juli 2015
Stadt Kassel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2015

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