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PREIS/200: Heinz Strunk erhält den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2016 (Stadt Braunschweig)


Stadt Braunschweig - Pressemitteilung von Samstag, 5. November 2016

Heinz Strunk mit dem Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2016 ausgezeichnet


Braunschweig. Der Schriftsteller Heinz Strunk hat für seinen Roman "Der goldene Handschuh" den von der Stadt Braunschweig und dem Deutschlandfunk gestifteten und mit 30.000 Euro dotierten Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2016 erhalten. Der Braunschweiger Oberbürgermeister Ulrich Markurth und Deutschlandradio-Intendant Dr. Willi Steul überreichten die Auszeichnung am Sonntag, 6. November.

"Der diesjährige Preisträger Heinz Strunk schafft in seinem Roman "Der goldene Handschuh" ein Kunststück der erzählerischen Verwandlung, eine virtuose Stimmenimitation, eine Gratwanderung am ekelbesetzten Rand der kommunizierbaren Lebenswelt", heißt es in der Begründung der Jury.

"Heinz Strunk findet die sprachlichen Mittel, uns ein ebenso drastisches wie symptomatisches Kapitel aus der Geschichte der BRD-noir vor alle Sinne zu führen, ohne seine depravierte Figur moralisch bloßzustellen. So dringt er ohne Sozialvoyeurismus in Dimensionen vor, an denen sich schon lange kein deutscher Autor mehr versucht hat."

Die Laudatio hielt der Germanist und Literaturkritiker Prof. Dr. Moritz Baßler.

Mit der Verleihung des Wilhelm Raabe-Literaturpreises zeichnen die Stadt Braunschweig und der Deutschlandfunk jährlich ein in deutscher Sprache verfasstes erzählerisches Werk aus, das einen besonderen Stellenwert in der Entwicklung des Preisträgers markiert. Es muss im Vergabejahr erschienen sein. Ausgeschlossen ist die Würdigung eines Erstlingswerkes oder des Gesamtwerkes.

Die Jury:

Prof. Dr. Moritz Baßler (Germanistisches Institut der Universität Münster)
Prof. Dr. Gerd Biegel (Präsident der Internationalen Raabe-Gesellschaft e.V.)
Alexander Cammann (Die Zeit)
Thomas Geiger (Literarisches Colloquium Berlin)
Dr. Anja Hesse (Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Braunschweig)
Katrin Hillgruber (freie Journalistin)
Dr. Michael Schmitt (3sat)
Prof. Dr. Renate Stauf (Germanistisches Institut, TU Braunschweig)
Dr. Hubert Winkels (Deutschlandfunk)

Die Begründung der Jury:

"Heinz Strunks 'Der goldene Handschuh' ist ein in jeder Hinsicht unwahrscheinlicher Roman. Er nutzt die gut recherchierte Geschichte des Hamburger Frauenmörders Fritz Honka für eine intime Begegnung mit den sozial Ausgeschlossenen der deutschen Nachkriegsgesellschaft, die ihrerseits eingeschlossen sind im dumpfen Raum ihrer Begierden, Räusche und Aggressionen. Er schildert mit diskreter Empathie ein Leben zwischen Abfall, Gewalt und Dauersuff. Ein Kunststück der erzählerischen Verwandlung, eine virtuose Stimmenimitation, eine Gratwanderung am ekelbesetzten Rand der kommunizierbaren Lebenswelt.

Heinz Strunk findet die sprachlichen Mittel, uns ein ebenso drastisches wie symptomatisches Kapitel aus der Geschichte der BRD-noir vor alle Sinne zu führen, ohne seine depravierten Figuren moralisch bloßzustellen. So dringt er ohne Sozialvoyeurismus in Dimensionen vor, an denen sich schon lange kein deutscher Autor mehr versucht hat. Die kontrastiv eingeflochtene Geschichte einer Hamburger Reederfamilie gibt einen starken Hinweis auf die sozial indifferente Verrohung von Individuen oder Milieus. Ein abgründiges Menschenbild, eine düstere Anthropologie wird sichtbar. Man ist geschockt und berührt und weiß schon beim Lesen der Geschichte rund um die Reeperbahn-Absturzkneipe 'Der goldene Handschuh' in den 1970er Jahren, dass sie sich dauerhaft ins Gedächtnis einprägen wird.

Heinz Strunk, den man bisher vor allem aus eher kabarettistischen Zusammenhängen kannte, setzt hier auf unerwartete Weise popliterarische Traditionen von Hubert Fichtes 'Palette' bis Bret Easton Ellis' 'American Psycho' fort, um irgendwo zwischen Dantes 'Inferno' und Büchners 'Woyzeck' zu landen. Literatur vom Feinsten aus einem Milieu vom Gröbsten."

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Quelle:
Pressemitteilung von Samstag, 5. November 2016
Stadt Braunschweig, Pressestelle
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Telefon: (0531) 470 - 37 73
Telefax: (0531) 470 - 29 94
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2016

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