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MARKT/182: Lokaltermin EU-Milchpulverlager (EMB)


European Milk Board - Pressemitteilung vom 24. Januar 2018

Lokaltermin EU-Milchpulverlager

Was kann die EU-Intervention realistisch leisten und was nicht?


Mit knapp 380.000 Tonnen liegt aktuell eine sehr große Menge an Milchpulver in der EU-Intervention. Um sich ein Bild von zunächst auch nur einigen tausend Tonnen machen zu können, besichtigten EU-Politiker und der Vorstand des European Milk Board heute das belgische Milchpulverlager Vincent Logistics in Herstal. Hier stapeln sich derzeit 12.600 Tonnen Milchpulversäcke und warten auf ihre Weiterverwendung.

Romuald Schaber, Präsident des European Milk Board, möchte die Intervention an sich nicht verteufeln. "Durch die Intervention lassen sich sicherlich saisonal bedingte Mehrmengen auffangen und umverteilen. Es macht Sinn, Milchpulver bei Produktionsspitzen abzuschöpfen und zu einem späteren Zeitpunkt, sobald der Markt sich wieder entspannt hat und die Nachfrage steigt, zu verkaufen". Allerdings sei die Intervention kein vollwertiges Kriseninstrument, um einen chronisch instabilen Markt im Gleichgewicht zu halten, so der Vorsitzende des europäischen Milcherzeugerverbandes. Die übervollen Lagerbestände zeigen klar auf, dass die Intervention nicht als permanentes Kriseninstrument tauge. Das Milchpulver steht einer langfristigen Markterholung entgegen.

Das European Milk Board setzt sich für eine generelle Reduktion der Interventionsmengen von derzeit 109.000 Tonnen pro Jahr und eine gleichzeitige Anhebung des Interventionspreises ein. "Das Interventionspulver muss zu einem stabilen Preis verkauft, d.h. das Pulver darf nicht verramscht werden", betont Erwin Schöpges, belgisches EMB-Vorstandsmitglied. Denkbar wäre es auch, die aktuellen Lagerbestände auf alternativen Wegen marktunschädlich zu räumen.

Der Verband fordert ein in der GAP installiertes Kriseninstrument, das chronischen Marktinstabilitäten entgegenwirken kann. Ein Instrument, das den Markt beobachtet und bei Krisengefahr auf die aktuelle Produktionslage reagiert, in dem es u.a. einen freiwilligen Lieferverzicht schaltet und die Produktionsmenge während des Zeitraums deckelt.

Wie EU-Agrarkommissar Phil Hogan auch in seinen Leitlinien für die neue GAP "The Future of Food and Farming" fordert, braucht es einen robusten Rahmen für den Agrarsektor, um Risiken und Krisen erfolgreich entgegen zu treten. Dazu sind effiziente und passende Instrumente unerlässlich. Angesichts der 12.600 Tonnen Magermilchpulver, die allein das wallonische Lager ausfüllen, wird den anwesenden Milcherzeugern und EU-Politikern die Unzulänglichkeit des aktuellen Rahmens der gemeinsamen Agrarpolitik mehr als deutlich.

Auch für Bocar Diaw, Präsident des senegalesischen Milchbranchenverbands FENAFILS, zeichnen die randvollen Regale mit Milchpulversäcken ein unheilvolles Bild: "Wenn viel Milchpulver aus der EU - egal ob aus der Intervention oder direkt von den Verarbeitern - nach Westafrika gelangt, geht das zu Lasten unserer heimischen Milcherzeuger." Erst im Oktober 2017 hatten daher Vertreter mehrerer westafrikanischer Staaten sowie befreundeter europäischer Erzeuger eine Deklaration unterzeichnet, die sich gegen die massiven Exporte von europäischem Magermilchpulver nach Westafrika wendet. Der senegalesische Milcherzeuger richtet in seiner Grußbotschaft klare Worte an die anwesenden EU-Politiker: "Die Überproduktion muss innerhalb der Europäischen Union reguliert werden - Hört auf, das Problem nach Westafrika zu verlagern!"

Marktverantwortungsprogramm - MVP

Das MVP ist ein Programm für den EU-Milchsektor, das zum Einsatz kommt, wenn der Milchmarkt aus dem Gleichgewicht zu geraten droht. Eine Kombination aus Marktbeobachtung und -reaktion ermöglicht es, drohende Krisen zu erkennen und in einem 3-Stufen-Programm auf sie zu reagieren

Krisen erkennen - Marktindex

  • Über einen Marktindex, der sich aus der Entwicklung von Produktnotierungen, Milchpreisen und Erzeugungskosten (Marge) zusammensetzt, können Krisen antizipiert werden.
  • Liegt der Index über 100, decken die Preise die Produktionskosten - der Markt ist stabil, es besteht kein Handlungsbedarf. Fällt der Index unter die Schwelle von 100, liegt keine Kostendeckung vor. Ist die Kostenunterdeckung zu groß, wird das Marktverantwortungsprogramm gestartet.

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Reaktion auf Krisen - Einsatz des MVP
Die Anwendung des MVP ist in 3 Stufen vorgesehen:

1. Frühwarnung (Absinken des Index um 7,5 %)

Monitoringstelle spricht Frühwarnung aus
Öffnung der privaten Lagerhaltung
Anreizprogramme für zusätzlichen Verbrauch wie Vollmilchkalberzeugung Milchmast von Färsen, etc.
Stufe bleibt solang erhalten, bis sich Index wieder bei 100 befindet

2. Krise (Absinken des Index um 15 %)

Krise wird von der Monitoringstelle offiziell festgestellt und bekannt gegeben
Zentrale Elemente des Marktverantwortungsprogramms werden gestartet Bezugszeitraum wird festgelegt
Ausschreibung freiwilliger Lieferverzicht (mind. 5 %), Bonus für Produktionsreduktion
Marktverantwortungsabgabe für steigernde Betriebe ab dem ersten Kilogramm

3. Phase Obligatorische Kürzung (Absinken des Index um 25 %)

Allgemeinverbindliche Rückführung der Milchanlieferung um 2-3 % für einen definierten Zeitraum, zum Beispiel 6 Monate

Ende der Krise - Aufhebung der Krisenmaßnahmen

Entwickelt sich der Index wieder in Richtung 100 Punkte und sind die Prognosen der Monitoringstelle für den weiteren Marktverlauf positiv, so kann die Krise für beendet erklärt werden. Zu diesem Zeitpunkt enden sämtliche produktionsbeschränkende Maßnahmen. Eingegangene Verpflichtungen auf freiwilliger, vertraglicher Basis enden vereinbarungsgemäß.


Hier finden Sie mehr Details zum MVP:
http://www.europeanmilkboard.org/fileadmin/Dokumente/Positions_EMB/Market_Responsibility_Programme/MVP_DE.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 24. Januar 2018
EMB asbl - European Milk Board
Rue du Commerce 124, bte 4, 1000 Brussels
Telefon: +32 (0)2 808 1935, Fax: +32 (0)2 808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Internet: www.europeanmilkboard.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2018

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