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GRENZEN/055: Treffen der EU-Innenminister in Athen im Zeichen der Katastrophe von Farmakonisi (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 24. Januar 2014

Treffen der EU-Innenminister in Athen im Zeichen der Katastrophe von Farmakonisi

PRO ASYL: Tödliche Operation der griechischen Küstenwache bedarf unabhängiger Untersuchung



Anlässlich des heutigen Innenministertreffens in Athen fordert PRO ASYL ein Ende des Schweigens der politisch Verantwortlichen Europas zu den schweren Menschenrechtsverletzungen an der griechischen EU-Außengrenze.

Am Montag starben drei Frauen und neun Kinder, als die griechische Küstenwache versuchte, ihr Boot völkerrechtswidrig und mit roher Gewalt in Richtung türkische Küste zu schleppen. Dies geht aus den Aussagen der 16 Überlebenden hervor. Die von den Überlebenden beschrieben Praktiken der Küstenwache entsprechen exakt dem Muster zahlreicher anderer völkerrechtswidriger Push-Back-Operationen vor der griechischen Küste, die PRO ASYL in seiner Studie "Pushed back" vom 7. November 2013 dokumentiert hat.

Die Innenminister der EU und die Innenkommissarin Cecilia Malmström haben bislang für die Toten, die 16 Überlebenden und die hinterbliebenen Angehörigen noch nicht einmal die sonst üblichen Gesten der Betroffenheit übrig.

Der für die griechische Küstenwache zuständige Minister Miltiadis Varvitsiotis sprach angesichts der Katastrophe keine Worte des Bedauerns aus, sondern griff den Menschenrechtskommissar des Europarates, Nils Muižnieks, an, der wie auch UNHCR eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls fordert.

Tod während einer Push-Back-Operation bei Farmakonisi

Den Aussagen der Überlebenden zufolge wurde ihr Boot nur ca. 100 Meter vor der griechischen Küste von der Küstenwache entdeckt, die das Boot der Schutzsuchenden ins Schlepptau nahm und es mit hoher Geschwindigkeit Richtung türkischer Küste zog. Nachdem Wasser in das Boot der Flüchtlinge lief, versuchten einige von ihnen auf das Boot der Küstenwache zu gelangen, wurden davon jedoch mit Gewalt abgehalten. Als Flüchtlinge - darunter auch Kinder - über Bord fielen, verhinderte die Küstenwache Rettungsversuche anderer Flüchtlinge. Erst als das Boot der Flüchtlinge zu sinken begann, wurden die Überlebenden an Bord des Boots der Küstenwache genommen, wo einige von ihnen anschließend misshandelt wurden.

Druck auf griechische EU-Präsidentschaft erhöhen

PRO ASYL fordert EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström und die EU-Innenminister auf, dafür zu sorgen, dass der tödliche Einsatz der griechischen Küstenwache vor Farmakonisi von einer unabhängigen Untersuchungskommission aufgeklärt wird. Sie muss jetzt dafür sorgen, dass alle Logbücher, Videoaufnahmen und sonstige Beweismittel zum Ablauf der Operation schnell sichergestellt werden.

Die EU muss endlich sicherstellen, dass die völkerrechtswidrigen Zurückweisungen und systematischen Menschenrechtsverletzungen gegenüber Flüchtlingen an der griechischen EU-Außengrenze sofort beendet werden. Die EU finanziert nahezu alle Abwehrmaßnahmen in Griechenland. Die europäische Grenzagentur Frontex ist seit Jahren an den griechischen EU-Außengrenzen tätig. Die Staaten im Zentrum der EU - vor allem Deutschland - haben massiven Druck auf Griechenland ausgeübt, seine Grenzen hermetisch abzuriegeln.

In Deutschland lebende Angehörige fordern Bergung der Leichen

In Deutschland lebende Angehörige der Toten appellieren, dass wenigstens die Körper ihrer Lieben geborgen werden. Zwei der Toten wurden an der türkischen Küste gefunden. Zehn weitere Leichen werden im gesunkenen Wrack des Schiffes vermutet. PRO ASYL fordert die griechischen Behörden auf, alle Toten zu bergen und den Angehörigen eine würdevolle Bestattung zu ermöglichen.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 24. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2014