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MELDUNG/019: Finanztransaktionssteuer - Weckruf aus der Finanzbranche (Oxfam)


Oxfam - Pressemitteilung vom 5. Juli 2017

Finanztransaktionssteuer (FTS)

Weckruf aus der Finanzbranche
52 Finanzmanager raten zur Einführung der "Steuer gegen Armut"


Vor dem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel drängen mehr als 50 führende Finanzexpert/innen auf die Einführung der Finanztransaktionssteuer (FTS). In einem offenen Brief argumentieren sie, dass die Steuer die Finanzmärkte stabilisieren und die Einnahmen der Regierungen erhöhen würde. Am Montag, 10. Juli treffen sich die Finanzminister der zehn am Verhandlungsprozess beteiligten Länder in Brüssel; es wird erwartet, dass sie dort über die FTS beraten. Aus diesem Anlass wenden sich 52 führende Expertinnen und Experten der globalen Finanzindustrie in einem offenen Brief an die europäischen Staats- und Regierungschefs, und fordern sie auf, sich für die sofortige Einführung der FTS einzusetzen. Der offene Brief ist eine Aktion von Oxfam und der Kampagne "Steuer gegen Armut".

Kurzfristige Spekulation eindämmen und Finanzmärkte stabilisieren

Die Steuerabgabe auf den An- und Verkauf von Aktien und Derivaten würde laut den Expert/innen die Finanzmärkte stabilisieren und die schädliche kurzfristige Finanzspekulation eindämmen. In dem Brief wenden sie sich auch gegen das Vorurteil, dass die FTS das wirtschaftliche Wachstum bremsen könnte. Laut Meinung der Finanzprofis gibt es immer mehr Hinweise, dass die Steuer ganz im Gegenteil sogar das Wirtschaftswachstum ankurbeln würde.

Avinash Persaud, Vorstandsvorsitzender bei der Beratungsfirma Intelligence Capital Limited und früherer Leiter des Bereichs Curreny and Commodity Research bei JP Morgan (UK), erklärt: "Die Argumente der Finanzindustrie gegen die FTS gehen nicht auf. Die FTS wird eben nicht Investitionen bremsen oder das Wirtschaftswachstum verlangsamen - sondern die gefährlichen Spekulationspraktikeneindämmen, die die Finanzkrise von 2008 ausgelöst haben."

Zu den Unterzeichnern des offenen Briefs gehören internationale Finanzexperten wie Lord Adair Turner, ehemaliger Vorsitzender der britischen Finanzmarktaufsichtsbehörde, Dr. William Barclay, früher Chicagoer Börse oder Dirk Müller, Finanzexperte und ehemaliger Börsenmakler aus Frankfurt.

Die Bundesregierung muss ihr Versprechen halten

Die Einführung der FTS gehört bereits seit 2010 zu Angela Merkels Versprechen, auch die Finanzwirtschaft an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligen. Die Steuer ist Bestandteil des aktuellen Koalitionsvertrags, der nur noch bis zur Bundestagswahl im September umgesetzt werden kann.

Jörn Kalinski, für Oxfam Deutschland im Steuerungskreis der Kampagne "Steuer gegen Armut": "Die Botschaft von Europas Top-Finanzexperten ist deutlich: Die Finanztransaktionssteuer ist ökonomisch sinnvoll. Die Bundesregierung und der deutsche Finanzminister müssen sich nun stärker dafür einsetzen, dass diese kleine Steuer mit großer Wirkung endlich beschlossen wird. Tun sie das nicht, haben Merkel und Schäuble ihr Versprechen an die Bürger gebrochen. Die zehn Finanzminister müssen jetzt einen genauen Zeitplan aufsetzen, damit es noch vor der Bundestagswahl zu einer Einigung kommen kann."

22 Milliarden Euro pro Jahr für den Kampf gegen Armut

Die Finanzexpert/innen betonen in ihrem Brief, dass die europäische FTS signifikante Einnahmen erzielen würde. Diese Mittel könnten für Investitionen in Gesundheit, Bildung und soziale Sicherung eingesetzt werden - in Europa und weltweit. Laut einer Schätzung der Europäischen Kommission würde die FTS in den 10 zehn europäischen Ländern bis zu 22 Milliarden Euro pro Jahr einbringen, davon könnten beispielsweise knapp vier Millionen Kinder zur Schule gehen.


Hintergrund:
In vielen Ländern wie Großbritannien, Südafrika, Hongkong, Singapur oder der Schweiz gibt es bereits Steuerabgaben auf Finanztransaktionen, die jedes Jahr Milliarden Dollarbeträge erbringen.
Der offene Brief ist eine Aktion von Oxfam und der Kampagne "Steuer gegen Armut". In Deutschland wird die Kampagne von 100 Mitgliedsorganisationen unterstützt, die sich gemeinsam für die Einführung der Finanztransaktionssteuer einsetzen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 5. Juli 2017
Oxfam Deutschland e.V.
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Telefon: +49 - 30 - 453069-0, Telefax: +49 - 30 - 453069-401
E-Mail: info@oxfam.de
Internet: www.oxfam.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2017

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