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STANDPUNKT/066: Rechtsextreme "Europäische Allianz" zu EU-Wahlen (Gerhard Feldbauer)


Rechtsextreme "Europäische Allianz" zu EU-Wahlen

AfD-Chef Meuthen: EU soll "europäische Festung" werden

von Gerhard Feldbauer, 10. April 2019


Auf einer laut dem linken Manifesto "großaufgezogenen medialen Show" hat der Führer der faschistisch-rassistischen Lega Italiens und Vizepremier der Regierung, Matteo Salvini, am Montag im luxuriösen Hotel Gallia in Mailand mit drei Vertretern rechtsextremer EU-Parteien die Bildung einer "Europäischen Allianz der Völker und Nationen" (European Alliance of People and Nations - EAPN) angekündet, die "zur stärksten Fraktion im EU-Parlament" werden soll. Neben der deutschen AfD mit ihrem Chef Jörg Meuthen waren die Dansk Folkeparti aus Dänemark mit Anders Vistisen und die finnische Finns Party mit Olli Kontro erschienen. Mit Frankreichs Marine Le Pen vom französischen Rassemblement National (RN), Österreichs Chef der neofaschistischen FPÖ, Vizekanzler Heinz-Christian Strache, und Ungarns Regierungschef Viktor Orbán vom Fidesz waren Spitzenleute der Rechtaußen-Parteien Europas nicht erschienen. Auch die polnische Regierungspartei PiS war zunächst nicht mit von der Partie. Nicht gerade "ein guter Sprint", meinte Manifesto.

Während Salvini vergangene Woche noch davon gesprochen hatte, daß bis zu 20 Parteien und Bewegungen dem neuen Bündnis beitreten würden, war jetzt laut der Nachrichtenagentur ANSA nur noch von etwa zehn die Rede. Dazu würden mit Fidesz und Spaniens Vox, die seit den Regionalwahlen vom Dezember im Regionalparlament von Andalusien vertreten ist, weitere Gespräche geführt.

Zur Eröffnung des Treffens hatte Salvini laut ANSA auch noch davon gesprochen, daß sofort in fast allen EU-Ländern mit dem Aufbau von Parteien der Allianz begonnen werde und dazu "Kommissare" eingesetzt werden sollten. Offensichtlich waren nicht alle Teilnehmer mit dem von ihm vorgelegten Tempo und auch seinen Führungsambitionen einverstanden. Denn auf der abschließenden Pressekonferenz ruderte er zurück und erklärte: "Heute entsteht der erste Kern einer großen europäischen Familie", die EAPN werde erst nach der EU-Wahl gebildet. Obwohl AfD-Chef Meuthen Salvini als selbsternannten Führer der Alliance unterstützte und meinte, er wäre "ein perfekter Kandidat" für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten, dementierte dieser, als Spitzenkandidat anzutreten. Er werde aber an der Spitze seiner Lega überall in Italien kandidieren. Jüngste Meinungsumfragen, die die römische "La Repubblica" am Dienstag veröffentlichte, sehen ihn mit 31,8 Prozent als stärkste Partei Italiens an der Spitze.

Olli Kotrop (Die Finnen) warnte vor der Gefahr eines "europäischen Super-Staates", an dem Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron arbeiteten. AfD-Chef Meuthen nutzte die Gelegenheit, Kanzlerin Merkel zu kontern und forderte, die EU-Außengrenzen zu schützen, um "Europas reiches Erbe" zu verteidigen. Dazu werde "die illegale Migration in die EU hinein auf Null reduziert". Man müsse "eine europäische Festung sein, wo wir selber beschließen, wer kommen darf und wer nicht". Salvini und seine Lega "bezeugten", daß das zu machen ist.

Meuthen betonte, es gebe weitere künftige Mitglieder der Fraktion, die "sich uns anschließen werden". Willkommen seien alle, "für die Attribute wie konservativ, freiheitlich und patriotisch mehr sind als leere Worthülsen". "Nicht willkommen sind uns Sozialisten, Kommunisten, Ökofaschisten und Extremisten - und zwar aus dem linken wie aus dem rechten Lager."

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky teilte am Dienstag auf Twitter ein Dokument, in dem sich die FPÖ dem "gemeinsamen patriotischen Projekt" anschließt. "Auch die EU-Abgeordneten der FPÖ werden nach der Wahl dem in Mailand von @matteosalvinimi präsentierten Reformbündnis selbstverständlich gerne beitreten", schrieb Vilimsky. AfD-Chef Meuthen zeigte sich erfreut. "Ein ganz herzliches Willkommen, @HCStracheFP, @vilimsky und all unsere Freunde von der #FPÖ! Ich freue mich riesig auf die künftige Zusammenarbeit, nun auch endlich in gemeinsamer Fraktion", schrieb er auf Twitter.

Was "Europa" von diesem von Salvini geführten Bündnis zu erwarten hat, demonstrierten in den vergangenen Tagen in Rom die international vernetzten faschistischen Stoßtrupps Casa Pound und Forza Nuova der Lega, die eine Umsiedlung von Roma in der Hauptstadt mit Drohungen "wir werden euch alle töten" verhinderten.

Um der angekündigten Bildung der rechtsextremen Alliance den nicht ganz erreichten Auftrieb zu verschaffen, gab Salvini auf der Pressekonferenz bekannt, daß die verbündeten Partner zum Abschluß der EU-Wahlkampagne am 18. Mai in Mailand zu einer Großveranstaltung zusammenkommen werden.

M5S-Chef und Vizepremier Luigi Di Maio schwimmen die Felle davon. Ihm sagen die Umfragen von erreichten 32 Prozent bei den italienischen Wahlen im März vergangenen Jahres zum EU-Votum ein Absinken auf 22 Prozent voraus. Er bemüht sich um Distanz zur Lega und will eine Fraktion mit der rechten polnischen Oppositionspartei Kukiz'15, der ähnlich angesiedelten oppositionellen "Zivi zid" (Lebende Mauer) aus Kroatien sowie mit der finnischen Bewegung Liike Nyt und einer griechischen Gruppierung bilden.

In diese Tendenz paßt auch die Meldung vom Dienstag, laut der ein Urenkel des italienischen faschistischen Diktators Benito Mussolini, Caio Giulio Cesare Mussolini für die faschistische Partei "Fratelli d'Italia" für die EU-Wahl kandidiert. "So viele wollen 'Mussolini' auf ihre Wahlzettel schreiben", erklärte er. "Deshalb habe ich entschieden, daß das Motto meiner Kampagne #ScriviMussolini (schreib Mussolini) ist. Und ich muß sagen, es gefällt", sagte er der römischen Zeitung Il Messaggero (Dienstag).

Parteichefin Giorgia Meloni habe ihn nicht nur wegen seines Namens ausgewählt, sondern "für das, was ich in meinem Leben gemacht habe: Offizier bei der Marine, Manager von großen Unternehmen, zwei Uniabschlüsse, viel internationale Erfahrung".

Zuletzt hatte der italienische Präsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani, mit einer Bemerkung über Mussolini Empörung ausgelöst. Der habe vor der Einführung der Rassengesetze und vor der Kriegserklärung "an die ganze Welt" auch "einige positive Dinge getan", sagte Tajani Mitte März.

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Quelle:
© 2019 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2019

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