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ITALIEN/160: Mit Hetze gegen Partisanen, Migranten und Muslime marschierten Faschisten in Mailand auf (Gerhard Feldbauer)


Mit Hetze gegen Partisanen, Migranten und Muslime marschierten Faschisten und Naziskins in Mailand auf

Entschiedene Antwort einheitlicher Antifa-Demonstration

von Gerhard Feldbauer, 15. Januar 2017


Zwei Wochen vor dem jährlich stattfindenden Gedenktag der Opfer des Holocaust in Italien haben sich am Wochenende Faschisten der Forza Nuova und Skinheads, wie die Naziskins in Italien sich nennen, in Mailand unter keltischen Kreuzen und rot-schwarzen Fahnen gegen das Erbe der Resistenza, für ein "Italien den Italienern" zusammengerottet. In Mailand brachen am 25. April 1945 Partisanen den letzten Widerstand des Mussolini-Regimes, wurde der "Duce" von einem Gericht des Nationalen Befreiungskomitees mit Regierungsvollmachten zum Tode verurteilt und danach hingerichtet. Die vor 20 Jahren gegründete Forza Nuova (FN) beansprucht die Avangardia (Vorhut)-Rolle des Faschismus. FN-Führer Roberto Fiore forderte "ein neues Europa" zu schaffen und "raus mit Migranten und Muslimen". Mit etwa 300 Teilnehmern blieben propagierte Tausende hinter den Erwartungen zurück. Sowohl die Forza Italia (FI) von Ex-Premier Berlusconi als auch die rassistische Lega Nord, die selbst die Führung des rechtsextremen Lagers beanspruchen, hielten sich fern.

Medien, so La Repubblica oder der Mailänder Espresso bezeichneten es als "schockierend" das gleichzeitig mit der FN liierte Skinheads im benachbarten Varese, unter brennenden Hakenkreuzen eine Petition online stellten, die forderte, den Partisanenverband ANPI zu verbieten und "alle noch lebenden Partisanen wegen Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen". Der Aufruf sei binnen kurzem von 120 Personen unterschrieben worden. Der ungeheuerliche Angriff richte sich, wie La Repubblica betonte, gegen die ANPI, die mit ihren 120.000 Mitgliedern "in vorderster Linie zur Verteidigung des Erbes der Resistenza und ihrer in der Verfassung verankerten antifaschistischen Errungenschaften" stehe. Das regierungsnahe Blatt forderte, gegen die Leugnung des Holocaust, die gefährliche Propagierung der Nazi-Ideologie des Hitlerregimes und ihres "Führermythos" müsste entschieden vorgegangen werden.

Die jüdische Gemeinde von Mailand und der Verband der jüdischen Gemeinden Italiens, der regionale Partisanenverband ANPI, Sozialzentren, Gewerkschafter, Kommunisten und Linke beteiligten sich an einer Protestdemonstration mit über 2.000 Menschen. Unter roten Fahnen und der Tricolore ging diese von der Piazza Fontana aus, wo im Dezember 1969 ein von der CIA und Faschisten durchgeführtes Bombenattentat 16 Tote und über 100 Verletzte forderte, und endete vor dem Arco des Friedens, wo die Faschisten sich versammelt hatten. An der Demonstration nahm die Vize-Bürgermeisterin der Stadtverwaltung des sozialdemokratischen Partito Democratica (PD), Anna Scavuzzo, mit Stadträten und Abgeordneten ihrer Partei teil. Der Espresso zitierte aus ihren Ausführungen, "Resistenza ist immer". Eine Gruppe der Antifaschisten konnte die dichte Absperrung der Polizei durchbrechen und rief "Nie wieder Faschismus" und "Weg mit den Faschisten". Der Provinz-Präsident der ANPI, Roberto Cenati, erinnerte an die Opfer des 1938 von Mussolini erlassenen Rassenmanifestes: die 8.529 Opfer der deportierten italienischen Juden, die unzähligen Deutschland ausgelieferten Arbeiter, die 650.000 verschleppten italienischen Soldaten, die der Okkupation durch die Hitlerwehrmacht 1943 Widerstand geleistet hatten, von denen 50.000 nicht mehr aus den Konzentrationslagern zurückkehrten.

Die FN entstand vor 20 Jahren in London als eine Vernetzung mit Blood and Honour und westeuropäischen Naziskins, darunter in Großbritannien, Deutschland und Spanien. Ihr Gründer Roberto Fiore und noch heute ihr Vorsitzender ist ein international bekannter Terrorist, der u. a. an dem faschistischen Anschlag auf dem Hauptbahnhof in Bologna 1984 (85 Tote und über 100 Verletzte) beteiligt war und danach nach London floh. Er wurde zu neun Jahren Haft verurteilt und musste nach der Rückkehr in Italien einen Teil absitzen.

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Quelle:
© 2017 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2017

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