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ITALIEN/262: Roma in der Hauptstadt von Faschisten mit "Tod" und "Verbrennen" bedroht (Gerhard Feldbauer)


Roma in italienischer Hauptstadt von Faschisten mit "Tod" und "Verbrennen" bedroht

Il Manifesto: "Auswüchse des faschistisch-rassistischen Klimas der Lega"

von Gerhard Feldbauer, 6. April 2019


In dem römischen Stadtteil Torre Maura im östlichen Randgebiet ist es vergangene Woche zu schweren faschistisch-rassistischen Ausschreitungen gegen Roma gekommen. Eine Gruppe von etwa 70 Personen, darunter 33 Kinder, sollten dort in der Via Codirossoni in einem Aufnahmezentrum zur Umsiedlung in neue Unterkünfte untergebracht werden. Faschisten der Casa Pound und der Forza Nuova gingen mit dem Zeigen des "Führergrußes" Mussolinis und Hochrufen auf den Faschismus dagegen gewaltsam vor, warfen Brandflaschen, zündeten Benzinkanister, Autos, ein Wohnmobil und Müllcontainer an. Wie die römische La Repubblica schrieb, wurden die Roma als "Affen" beschimpft, die sich wegscheren sollten. Die Faschisten skandierten immer wieder, "wir werden euch töten" und "lebendig verbrennen". Auf Aktivisten von Hilfsorganisationen wurde eingeschlagen, Lebensmittel zur Versorgung der Roma zu Boden geworfen. An den stundenlangen Ausschreitungen, zu denen auch Anwohner aufgestachelt wurden, beteiligten sich zirka 300 Personen. Antifaschisten und Sozialarbeiter leisteten Widerstand und stellten sich schützend vor die Bedrohten.

Als die Ausschreitungen anhielten, gab die Bürgermeisterin von Rom, Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), am Donnerstag bekannt, die Roma würden in einem anderen Stadtteil untergebracht. "Die Sicherheit dieser Personen, darunter 33 Minderjährige, hat höchste Priorität", erklärte sie. Das bedeute nicht, "dem rassistischen Hass, der von rechtsextremen Kräften geschürt wird, nachzugeben", beteuerte sie. Ihre Entscheidung wurde als Zurückweichen vor den Neofaschisten kritisiert. Die Sicherheit der Bürger müsse durch entschiedenen Kampf gegen sie gewährleistet werden, ihnen wolle die mit den Stimmen der faschistischen Fratelli Italiens (FdI) gewählte Raggi nicht zu nahe treten. Die römische Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen tätlicher Angriffe mit rassistischem Hintergrund ein.

Zusammen mit Sinti leben etwa 120.000 bis 180.000 Roma in Italien in den ärmlichsten Verhältnissen. Nach der Niederlage des Sozialismus sind aus Osteuropa neue dazu gekommen, vor allem aus Rumänien, aber auch aus dem früheren Jugoslawien. Viele sind illegale Einwanderer und die meisten vegetieren in sogenannten "Nomadenlagern", "Ghettos für Arme" genannt, unter menschenunwürdigen Bedingungen dahin. In diesen Baracken gibt es keine Toiletten, kein fließendes Wasser, laufen die Menschen bei Regen durch schlammüberflutete Wege. Für kriminelle Delikte werden in diesen Vierteln immer die "Zigeuner" verantwortlich gemacht, heißt es im Südtiroler Nachrichtenportal Stol.it.

Daran hat sich in Rom, das seit 2016 von einer Stadtverwaltung der M5S regiert wird, nichts verändert. Im Gegenteil habe der Kurs der von der rassistischen Lega des Innenministers Salvini dominierten Regierung, an der die M5S beteiligt ist, wie das linke Il Manifesto schreibt, die "Auswüchse des faschistisch-rassistischen Klimas" verstärkt. Für Casa Pound und Forza Nuova, bekanntermaßen Sturmtrupps der Lega Salvinis, ist das soziale Elend in Torre Maura ein Nährboden, die Proteste dagegen auf die Roma zu lenken und sie für alles verantwortlich zu machen, heißt es im Online-Portal des kommunistischen Contropiano. Und Torre Maura sei "nur das Eingangstor zur immensen Peripherie des Elends in Rom".

Im migrantenfeindlichen Kurs des Lega-Chefs Salvini standen die Roma und Sinti von Anfang an an der Spitze. Zunächst versuchte er ihre massenhafte Vertreibung aus Italien mit einer ethnischen "Volkszählung" vorzubereiten. Seit das an der Verfassungswidrigkeit scheiterte, werden ihre ohnehin schon elenden Lebensbedingungen ständig weiter verschärft. Der Antiziganismus, an den Salvini anknüpft, gehöre "zu den widerwärtigsten und niederträchtigsten Formen des Rassismus", schrieb Il Manifesto.

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Quelle:
© 2019 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2019

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