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ITALIEN/294: Sozialdemokrat gewinnt Regionalwahl in roter Emilia Romagna (Gerhard Feldbauer)


Sozialdemokrat gewinnt Regionalwahl in roter Emilia Romagna

Auswirkung auf Regierung in Rom offen

von Gerhard Feldbauer, 27. Januar 2020


Bei den Wahlen in der nördlichen Region Emilia Romagna am Sonntag für den Regierungschef und das Parlament ist Stefano Bonaccini von dem sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) an der Spitze einer Mitte-Links-Koalition nach den bisherigen Ergebnissen mit 51,4 Prozent im Amt bestätigt worden, berichtet die Nachrichtenagentur ANSA. Die Lega-Senatorin Lucia Borgonzoni von der faschistischen Allianz, zu der die Forza Italia (FI) Berlusconis und die Fratelli Italiens (FdI) von Giorgia Meloni gehören, kam auf 43,7 Prozent. Die Lega wurde mit 31,9 Prozent stärkste Partei, gefolgt von den FdI mit 8,6 Prozent, während die FI nur auf 2,59 Prozent kam. Die Wahlbeteiligung war mit 67,7 Prozent fast doppelt so hoch wie die von 37,6 Prozent beim Urnengang 2014. Es sei gelungen, in der auf der Strasse geführten Kampagne vor allem Nichtwähler und deren Vertrauen zurückzugewinnen, erklärte PD-Sekretär Nicola Zingaretti.

Mit 4,7 Prozent erlitt die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) erneut eine schwere Schlappe. Bei der Parlamentswahl 2018 war sie mit über 32 Prozent stärkste Partei gewesen. Nachdem sie in der Regierung unter dem parteilosen Premier Giuseppe Conte den rassistischen und ausländerfeindlichen Kurs der Lega mitgetragen hatte, war sie bei den EU-Wahlen 2019 und drei Regionalwahlen auf unter acht Prozent abgesunken. Als Lega-Chef Salvini diese Regierung im August 2019 zu Fall brachte, bildete Conte mit der PD ein neues Kabinett, in das M5S eintrat. Der Wechsel bewahrte sie nicht vor der neuen Niederlage, wozu beitrug, dass sie ein Wahlbündnis mit den Sozialdemokraten ablehnte, um deren Niederlage herbeizuführen.

Bei den gleichzeitig im südlichen Kalabrien stattfindenden Regionalwahlen trat die faschistische Allianz mit einem Kandidaten der FI an, der mit 55,7 Prozent künftig Regierungschef wird. Die Linke Mitte kam auf 30,3 Punkte. Die FI selbst kam hier in einer alten faschistischen Hochburg auf 12,8 Prozent, die Lega, die seit ihrer Aufstellung als gesamtnationale Partei seit 2017 erstmals antrat, erreichte 12,1 und die FdI 11,2, die PD 16,3 Prozent.

Für den Erfolg der PD in der Emilia dürfte die Unterstützung der neuen Protestpartei "Sardinen" den Ausschlag gegeben haben, die zur Wahl Bonaccinis aufgerufen hatte. Zingaretti hob das als "entscheidend" hervor und dankte ausdrücklich herzlich für den Beitrag der "Sardinen". Bis zuletzt hatte Salvini getrommelt, er werde die in der ganzen Nachkriegsgeschichte zunächst von den Kommunisten der PCI, später Linksdemokraten und seit 2008 der PD regierte "rote Hochburg" in der Emilia schleifen. Noch am Sonntag hatte er per Twitter siegessicher geprahlt, nach dem Sieg in der Emilia werde "die Räumung" des Regierungssitzes in Rom vorgenommen. Diese Arroganz sei, wie Medien, so die römische La Repubblica oder der Mailänder Corriere della Sera, hervorhoben, abgestraft worden.

Es war befürchtet worden, dass sich eine Niederlage der PD in der Emilia auf die Regierung Contes auswirken würde. Nun sei, da "Salvini verloren hat, die Regierung gestärkt", zitiert La Repubblica Zingaretti. Ob das so ist, bleibt allerdings abzuwarten, denn die Sternepartei steht vor dem Scherbenhaufen ihrer von dem bisherigen Parteichef Luigi Di Maio verfolgten rechten Politik und der Kollaboration mit der Lega. Dass Parteigründer Beppe Grillo, der noch immer die Fäden in der Hand hält, in letzter Minute die Reißleine zog und am Mittwoch vergangener Woche den Rücktritt Di Maios durchsetzte, hat nichts mehr bewirkt.

Conte hält die Koalition der PD mit M5S, der auch die Linkspartei Freie und Gleiche (LeU) angehört, mühsam zusammen. Di Maio bleibt nach seinem Rücktritt als Parteichef in der Regierung Außenminister und kann mit einem Rücktritt jederzeit die Krise auslösen. Zunächst soll laut Grillo ein Kongress im März über den weiteren Kurs der Sterne entscheiden. Wahrscheinlich ist auch, dass man die Ergebnisse in drei weiteren im Frühjahr anstehenden Wahlen in den Regionen (Marken, Campanien und Puglien) abwarten will.

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Quelle:
© 2020 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2020

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