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ITALIEN/367: Schwere Ausschreitungen der faschistischen Forza Nuova vor Stichwahl in Rom (Gerhard Feldbauer)


Schwere Ausschreitungen der faschistischen Forza Nuova vor Stichwahl in Rom

Zahlreiche Verletzte beim Sturm auf die Zentrale der CGIL-Gewerkschaft
Generalsekretär Landini fordert Verbot

von Gerhard Feldbauer, 11. Oktober 2021


Wie die staatliche Nachrichtenagentur ANSA berichtete, ist es in Rom am Wochenende zu schweren, von der faschistischen Forza Nuova (FN) angeführten Ausschreitungen gekommen, bei denen die Zentrale der Gewerkschaft CGIL am Corso d'Italia gestürmt und verwüstet wurde, wobei drei Polizisten verletzt wurden. Hunderte Demonstranten hatten auch versucht, zum Regierungssitz von Ministerpräsident Mario Draghi vorzudringen, wurden aber von der Polizei mit Wasserwerfern aufgehalten. Bei den Straßenkämpfen mit der Polizei, die auch Tränengas und Schlagstöcke einsetzte, gab es zahlreiche Verletzte, darunter 38 Polizisten. Am Abend griffen etwa 30 Personen die Notaufnahme eines Krankenhauses an, in der ein Verletzter der FN behandelt wurde. Laut ANSA wurden hier vier Menschen verletzt, darunter eine Krankenschwester, die mit einer Flasche am Kopf getroffen und niedergeschlagen wurde.

Am Sonntag wurden die beiden FN-Anführer, ihr Chef Roberto Fiore und dessen Vize, Giuliano Castellino, sowie zwölf Faschisten festgenommen. 600 Demonstranten wurden laut ANSA identifiziert.

Die Demonstration der ob ihres offenen Bekenntnisses zum Faschismus Mussolinis bekannten FN war von der abgewählten, aber noch amtierenden Bürgermeisterin von Rom, Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), genehmigt worden. Für die Frontfrau der rechten Sterne-Führung spielte auch keine Rolle, dass der den Antrag stellende FN-Führer Fiore ein stadtbekannter faschistischer Terrorist ist, dessen Forza Nuova in zwei Urteilen des Kassationsgerichts als "nazi-faschistische Formation" eingeschätzt wurde. Warum auch hätte sie die Demonstration verbieten sollen, hatte man doch auch in Brüssel nichts dagegen gehabt, dass Fiore 2008 den frei gewordenen Sitz der Enkelin des "Duce" Alessandra Mussolini im EU-Parlament einnahm.

CGIL-Generalsekretär Maurizio Landini nannte den Vandalismus einen "organisierten Akt faschistischer Gewalt" und forderte: "Alle diese Formationen, die sich auf den Faschismus beziehen, müssen aufgelöst werden." Der Parlamentarier des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) Emanuele Fiano kündigte an, seine Partei werde "in der Abgeordnetenkammer einen dringenden Antrag stellen, um die Auflösung der Forza Nuova und der anderen offen faschistischen Bewegungen zu fordern".

Zum Anlass der Proteste wurde formell genommen, dass diese Woche zusätzliche, von der Draghi-Regierung beschlossene Corona-Regeln in Kraft treten: Ab 15. Oktober müssen Beschäftigte im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft einen Nachweis für eine Impfung, eine Genesung oder einen negativen Test vorlegen. Die Tests sind kostenpflichtig. Das führte dazu, dass sich viele No Vax-Anhänger unter den Demonstranten befanden. Der Chef der faschistischen Lega Matteo Salvini, als deren Stoßtrupp die FN bekanntermaßen immer agiert, versuchte sich davon zu distanzieren und "Solidarität mit der CGIL für den erlittenen Angriff" zu demonstrieren: "Ich stehe den Arbeitern nahe, die friedlich ihre Rechte und Freiheiten verteidigen." Beobachter halten das Ganze, wie auch einem Bericht des kommunistischen Online-Portals Contropiano zu entnehmen war, jedoch für ein geplantes Manöver der Lega, um beim Ballottaggio, der Stichwahl am kommenden Wochenende erneut zu versuchen, das faschistische Image zu verdecken, um Stimmen der Mitte zu gewinnen und zudem weitere Stimmen für Mitte-Links zu verhindern.

Dafür spricht, dass die faschistische Casa Pound, die immer an der Seite der FN auftritt, sich diesmal zurückhielt, um den faschistischen Bewerber zur Stichwahl in Rom, Enrico Michetti, auf dessen Liste drei ihrer Mitglieder für das Stadtparlament kandidierten, nicht bloßzustellen. In den Plan passt, wie ANSA am Montag weiter berichtete, dass die FN ankündigte, "die Revolte" weiter anzuheizen. "Bis der Grüne Pass endgültig zurückgezogen wird", werde "die Volksrevolution mit oder ohne uns nicht aufhören". Das bedeute, so die Agentur, "Guerilla-Krieg in Rom".

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Quelle:
© 2021 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 26. Oktober 2021

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