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INNEN/537: Auf dem Weg in ein "Schwarzes Europa"? Salvini und Le Pen schmieden rechte Allianz (Gerhard Feldbauer)


Auf dem Weg in ein "Schwarzes Europa"?

Italiens Lega-Chef Salvini und Frankreichs Marie Le Pen vom Rassemblement National wollen europäische Allianz für Sieg bei EU-Wahlen schmieden

von Gerhard Feldbauer, 10. Oktober 2018


Italiens Führer der rassistischen Lega, Matteo Salvini, und Frankreichs Chefin des neofaschistischen Rassemblement National (früher Front National), Marie Le Pen, wollen zu den EU-Wahlen im Mai 2019 ein Bündnis ihrer Parteien schmieden. Es soll die Grundlage einer Allianz aller rechtsextremen Kräfte Europas für einen Wahlsieg bilden. Das ist, wie aus Berichten der Nachrichtenagentur ANSA schon vom Montag und den heutigen in zahlreichen Medien hervorgeht, das Ergebnis ihrer Gespräche am Montag in Rom.

Laut La Repubblica wollen beide Parteien "zu den EU-Wahlen im Mai 2019 'eine Freiheitsfront und eine Allianz der Wähler' bilden". Laut Salvini seien auch "gemeinsame Kandidaten möglich". Die Achse Salvini-Le Pen soll, so weitere Presse-Stimmen, den Kern einer weiter reichenden Allianz bilden, die über die sogenannten Visegrád-Staaten - zu denen neben Ungarn und Tschechien auch Polen und die Slowakei gehören und jetzt auch Schweden stoßen dürfte - alle neofaschistischen Wählerpotenziale einbeziehen soll. Salvini stellte klar, "ein Austritt aus dem Euro stehe nicht auf der Tagesordnung". Es gehe um den "Aufstieg eines Europas der Nationen". Le Pen führte aus, "wir kämpfen mit Salvini nicht gegen Europa, sondern gegen diese Europäische Union, um Europa zu retten". Da wird, wie das linke Manifesto schreibt, das Ziel deutlich. Es gehe darum, eine "eine kontinentale Rechte" für "ein schwarzes Europa" zu schaffen.

Das Spektakel wird mit kaum glaubhafter Demagogie (aber dennoch bei einer Wählermehrheit, wie das Anwachsen der Zustimmung zur Lega zeigt) inszeniert. Ausgewiesene Vertreter des Kapitals in der EU wie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dessen Wirtschafts- und Finanzkommissar Pierre Moscovici werden "als Feinde attackiert, die sich in Brüssel im Bunker verschanzt haben" und nicht ihre Sessel räumen wollen. Vom Kampf "gegen die Globalisierung" ist die Rede, für die "neue Werte" gesetzt werden sollen. Es wird von "einer Revolution des gesunden Menschenverstandes, die sich unaufhaltsam in ganz Europa ausbreitet" geschwafelt. Die EU sei "zu einem totalitären System geworden", die, so die Neofaschistenführerin Le Pen, bekämpft werde, um "das wahre Europa zu retten".

Charakteristisch auch die Ortswahl. Das Treffen fand im Gebäude der Unione Generale del Lavoro (UGL) statt, der faschistischen Gewerkschaft, die mit 2 Millionen Mitgliedern, darunter auch Rentner und Arbeitslose, als viertgrößte Gewerkschaft agiert, und, wenn auch nicht immer offen, unternehmerfreundlich ist und für Sozialpakte eintritt. Die UGL, vermerkt Manifesto, lässt sich seit jeher "vor den Karren der Lega spannen" und hat Salvini im Süden, einer Hochburg des Faschismus seit Mussolinis Zeiten, den Weg zu seinen Wahlerfolgen geebnet.

Der Mailänder Corriere della Sera verweist auf die nach jüngsten Umfragen erneut angestiegenen Wahlchancen der Lega, die in Norditalien auf 33,8 Prozent (vor Märzwahlen 28,5) gestiegen sind. Die Lega, die in einer Allianz mit ihrem rechten Regierungspartner, der Fünf-Sterne-Bewegung, antreten will, könnte im Mai 2019 stärkste Italien-Fraktion in der EU werden und der Achse Salvini-Le Pen einen rechtsextremen europäischen Wahlsieg insgesamt sichern.

Jean-Claude Juncker fiel zu diesem Treffen in Rom nichts weiter ein, als die von Salvini und Le Pen ausgehende faschistisch-rassistische Gefahr auf Ideen von "dummen und begrenzten Nationalisten beschränkt" zu sehen und will dazu lediglich "eine Debatte anstoßen". Das läßt bezweifeln, dass man in Brüssel die Gefahr erkannt hat, ganz zu schweigen davon, ob man gedenkt, dagegen etwas zu unternehmen.

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Quelle:
© 2018 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2018

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