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SOZIALES/146: Europas Bürger haben Nachholbedarf in entwicklungspolitischer Bildungsarbeit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. September 2011

EU: Nachholbedarf in entwicklungspolitischer Bildungsarbeit

von Daan Bauwens


Brüssel, 7. September (IPS) - An Spendenfreudigkeit für Not leidende Entwicklungsländer lassen sich Europas Bürger kaum übertreffen, doch über die Ursachen und Hintergründe der dort herrschenden Armut, über Migration und die globalen Unterschiede erfahren sie nur wenig. Die Institutionen der Europäischen Union geizen bei der finanziellen Unterstützung der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit. So sind nach Angaben der in den 27 europäischen Ländern vertretenen internationalen Hilfsorganisation 'AidWatch' in ihrem diesjährigen 13-Milliarden-Euro-Budget nur 30 Millionen Euro für diesen Zweck vorgesehen.

Experten kritisieren, der EU fehle bislang eine klare Strategie in Sachen einer entwicklungspolitischen Bildungsarbeit, die ihr Augenmerk auf die globale Entwicklung richtet. Das Problem kam jetzt im Europaparlament auf einer vom Parlamentarischen Entwicklungsausschuss organisierten Anhörung erstmals überhaupt zur Sprache.

Die Europäische Kommission gibt lediglich 0,38 Prozent ihrer öffentlichen Entwicklungshilfe für die einschlägige Bildungsarbeit aus. Die Vereinten Nationen und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen fordern mindestens drei Prozent.

Auf nationaler Ebene gibt es in den meisten europäischen Ländern bereits eine entwicklungspolitische Bildungsarbeit. Erst kürzlich haben Portugal, Spanien und Tschechien Strategien entwickelt, um in ihren Ländern das Engagement für Entwicklungspolitik zu stärken. Die britische Regierung überarbeitet derzeit ihre bisherige Informations- und Aufklärungspolitik in Sachen Entwicklungshilfe.

"Mit den 30 Millionen Euro, die die Europäische Kommission in die entwicklungspolitische Bildung steckt, werden in Europa Projekte der Zivilgesellschaft und der lokalen Behörden finanziert", berichtete der Aktivist Tobias Troll von DEEP ('Developing Europeans' Engagement for the Eradication of Global Poverty'), dem entwicklungspolitischen Bildungsprogramm der Dachorganisation ziviler europäischer Hilfs- und Entwicklungsorganisationen (CONCORD).

"Das Geld fließt in Schulprojekte und Initiativen von Jugendorganisationen", erklärte er. "Es wird jedoch weder für die gezielte Werbung für Spendenfonds noch für die Förderung von Hilfsorganisationen und Informationen über deren Arbeit ausgegeben", kritisierte Troll.


Begrenztes Bürgerwissen

CONCORD-Sprecher Daniel Puglisi sagte IPS: "Trotz ihrer breiten Unterstützung für die Entwicklungspolitik wissen EU-Bürger noch zu wenig über die globalen Probleme." CONCORD-Vorstandsmitglied Rilli Lappalainen stimmte ihm zu: "Sie sollen mehr über die Ungleichheit auf der Welt erfahren und die Geschichte kennen, die hinter Armut und Migration steht."

Nach dem Ende des Hearings versprachen etliche EU-Parlamentarier, sich in Zukunft verstärkt dafür einzusetzen, dass die Öffentlichkeit besser über Entwicklungspolitik informiert wird und sich für deren Anliegen stärker engagiert.

Der für Entwicklungspolitik zuständige lettische EU-Kommissar Andris Piebalgs erklärte: "Die EU muss Entwicklungshilfe nicht nur generell stärker unterstützen, sondern auch für ein stärkeres Engagement ihrer Bürger sorgen. Ich glaube, wir können ihre Haltung und ihre Einstellung dazu positiv beeinflussen. Deshalb werde ich Aktionen unterstützen, die dies erreichen wollen." (Ende/IPS/mp/2011)


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 7. September 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2011