Schattenblick →INFOPOOL →EUROPOOL → POLITIK

SOZIALES/150: Hass auf Zuwanderer und wachsender Rechtspopulismus in Europa (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Dezember 2012

Migration: Hass auf Zuwanderer und wachsender Rechtspopulismus in Europa - Doch vorerst keine UN-Konferenz

von Thalif Deen


Zahlen oder Menschen? Migranten vor Lampedusa - Bild: © Ilaria Vechi/IPS

Zahlen oder Menschen? Migranten vor Lampedusa
Bild: © Ilaria Vechi/IPS

New York, 14. Dezember (IPS) - Am 18. Dezember begehen die Vereinten Nationen den Internationalen Tag der Migranten unter schlechten Vorzeichen. Untersuchungen zufolge nimmt die Migrantenfeindlichkeit vor allem in Europa immer weiter zu. Wirtschaftskrise, Islamophobie und das Erstarken rechter Kräfte in Ländern wie Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Schweden und Spanien sind Faktoren, die dafür verantwortlich gemacht werden.

Trotz der besonderen Rolle, die die Einnahmen der Migrantinnen und Migranten für die wirtschaftliche Entwicklung spielen, drücken sich die Vereinten Nationen seit langem davor, eine internationale Migrationskonferenz anzuberaumen, wie sie in einer Resolution der UN-Vollversammlung von 1993 empfohlen wurde.

Widerstand komme vor allem von den reichen westlichen Staaten, die auf den Import von Arbeitskräften angewiesen seien, sagt Joseph Chamie, ein ehemaliger UN-Vertreter und Forschungsleiter des 'Centre for Migration Studies' in New York. "Eine solche Konferenz würde die Souveränität dieser Staaten in Migrationsfragen beträchtlich einschränken." Chamie hält es deshalb für unwahrscheinlich, dass die Weltorganisation in naher Zukunft eine globale zwischenstaatliche Konferenz zum Thema internationale Migration einberufen wird.


Hochrangiger Dialog im nächsten Jahr

Immerhin wird die 193 Mitgliedsländer zählende UN-Vollversammlung irgendwann im nächsten Jahr einen hochrangigen Dialog zum Thema abhalten. Nach Ansicht von Jean-Philippe Chauzy, Pressesprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Genf, stellt ein solcher Dialog die einmalige Gelegenheit dar, dem Thema Migration auf nationaler, regionaler und globaler Ebene Bedeutung zu verleihen.

"Ebenso bietet er die einmalige Chance, den Schutz und die Menschenrechte aller Migranten, auch der Illegalen und Gestrandeten einzufordern", meint der Experte. Eine Resolution der UN-Vollversammlung aus dem letzten Jahr lade die IOM ein, in Kooperation mit regionalen UN-Kommissionen und anderen relevanten Institutionen an den Vorbereitungen und der Durchführung dieses zweiten hochrangigen Dialogs zum Thema Migration mitzuwirken. Der erste Dialog war 2006 abgehalten worden.

Nach Ansicht von Chauzy müssen Schritte unternommen werden, die einen kompletten Wandel der öffentlichen Wahrnehmung von Migranten herbeiführen. Mit der Frage einer effektiven Kommunikation über Migration hatte sich bereits der Weltmigrationsbericht 2011 beschäftigt.

Auf einer programmatischen Ebene werde man mit Aufklärungskampagnen zugunsten eines besseren Verständnisses der Migration und der Leistungen von Migranten für die Gesellschaft fortfahren. Als Beispiele nannte er die in Südafrika laufende Kampagne 'Auch ich bin ein Migrant' und 'PLURAL+', eine gemeinsame Initiative von IOM und der UN-Allianz der Zivilisationen (UNAoC), die jungen Migranten die Gelegenheit gibt, ihre Migrations- und Integrationserfahrungen in Kurzfilmen zu thematisieren.

Chamie zufolge wird in der derzeitigen Debatte über die wirtschaftliche Unsicherheit der Fehler begangen, die demografische Entwicklung außen vor zu lassen. Doch weder politische Rhetorik noch Wunschdenken könnten die enormen Auswirkungen des demografischen Wandels im Zusammenhang mit der internationalen Migration verharmlosen.

"Das unterschiedlich verlaufende Bevölkerungswachstum und die Unterschiede in den Altersstrukturen und den Lebensstandards zwischen den mehr und weniger entwickelten Ländern werden für mächtige Pull- und Push-Faktoren sorgen, die auch weiterhin große internationale Migrationsströme produzieren werden."

In einer auf den 18. Dezember datierten Mitteilung erinnert die IOM an die Evakuierung von 200.000 Arbeitsmigranten aus Libyen während des Bürgerkrieges im letzten Jahr. Die meisten Migranten stammten aus einkommensschwachen Entwicklungsländern, die durch den Aufstand in Libyen plötzlich ohne Geld, Arbeit und Ausweispapiere dastanden, um in die Heimat zurückzukehren.

Ihr trauriges Schicksal veranlasste die internationalen Geber, Organisationen wie die IOM und das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) tatkräftig zu unterstützen, die Arbeitsmigranten aus Libyen herauszuholen. Die Weltbank beispielsweise finanzierte die Rückflüge von 35.000 Bangladeschern in die Heimat mit zehn Millionen US-Dollar.


Migrationsprobleme partnerschaftlich lösen

Diese Krise hat gezeigt, dass sich Konflikte und von Menschen gemachte Katastrophen, wenn sie die krisenanfälligsten Erdenbürger treffen, zu humanitären Krisen auswachsen können. Dazu meint IOM-Generaldirektor William Lacy Swing, dass die Suche nach humanen und wirksamen Lösungen komplexer und facettenreicher Probleme, die durch krisenbedingte Migrationsflüsse entstünden, starker Partnerschaften bedürfte.

Diese Partnerschaften könnten aus internationalen Organisationen, Mitgliedstaaten, nichtstaatlichen Akteuren wie Nichtregierungsorganisationen, Medien, Privatwirtschaft, religiösen Gruppen und transnationalen Gemeinschaften in der Diaspora entstehen. "Wir alle sind in der Verantwortung, die Menschenrechte aller Menschen auf Achse zu schützen." (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://cmsny.org/
http://www.ipsnews.net/2012/12/despite-crises-migration-still-a-political-hot-potato/

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 14. Dezember 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2012