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STRAFRECHT/036: Bewährungsstrafen grenzüberschreitend überwachen (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin/Luxemburg, 13. Juni 2007

EU will grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Überwachung von Bewährungsstrafen verbessern


Bewährungsauflagen bei Straftätern sollen künftig EU-weit überwacht werden können. Auf die wesentlichen Eckpunkte für einen entsprechenden Rahmenbeschluss haben sich heute die EU-Justizminister unter dem Vorsitz von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries verständigt. Ziel der gemeinsam von Deutschland und Frankreich angestoßenen Initiative ist es, die Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Überwachung von Bewährungsstrafen und alternativen Sanktionen (z.B. gemeinnützige Arbeit, Schadenswiedergutmachung oder die Teilnahme an sozialen Trainingskursen) zu verbessern. Auf diese Weise soll die Resozialisierung des Verurteilten gefördert, Rückfälle verhütet und damit ein besserer Opferschutz ermöglicht werden.

"Die deutsch-französische Initiative dient dem Schutz des Opfers und der Öffentlichkeit, vor allem aber auch der sozialen Wiedereingliederung des Täters. Eine erfolgreiche Resozialisierung verhindert neue Straftaten und ist damit der beste Opferschutz für die Zukunft. Eine Strafe oder ein Strafrest kann zur Bewährung ausgesetzt werden, um dem Straftäter unter staatlicher Aufsicht eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft und ein straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen. Als Hilfestellung dazu gibt es während der Bewährungszeit regelmäßig Auflagen und Weisungen, ein Bewährungshelfer kann dem Betroffenen zur Seite gestellt werden. Um diese kontrollierte Wiedereingliederung auch bei Straftätern möglich zu machen, die ihren Lebensmittelpunkt nach einer Entlassung auf Bewährung nicht im Vollstreckungsstaat haben, brauchen wir eine grenzüberschreitende Bewährungsüberwachung. Mit den heute geeinigten Eckpunkten bin ich sehr zuversichtlich, dass eine politische Einigung zu dem dafür notwendigen Rechtsinstrument in naher Zukunft möglich sein wird", sagte die EU-Ratsvorsitzende und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Das neue europäische Rechtsinstrument soll sicherstellen, dass jemand der beispielsweise in Deutschland zu einer Bewährungsstrafe oder zu alternativen Sanktionen verurteilt wurde, in Frankreich leben und arbeiten kann, ohne dass dadurch die Wirkung der verhängten Bewährungsmaßnahmen beeinträchtigt wird. Die Mitgliedstaaten sollen sich im Rahmenbeschluss dazu verpflichten, als Aufenthaltsstaat die Verurteilung einer Person ohne größere Formalitäten anzuerkennen und die verhängten Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen zu überwachen. Der jeweilige Mitgliedstaat soll die Auflagen und Weisungen so behandeln, als wären sie von einer eigenen Behörde erlassen worden.

Der Entwurf zielt darauf ab zu vermeiden, dass Gerichte bei Angeklagten mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland entweder erst gar keine Bewährungsmaßnahmen auferlegen oder aber gleich eine Vollzugsstrafe aussprechen, nur um zu vermeiden, dass der Verurteilte durch Rückkehr zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt letztlich sanktionslos bleibt, weil eine Überwachung von Auflagen und Weisungen bislang nicht grenzüberschreitend erfolgt.

Nach der derzeitigen Rechtslage besteht keinerlei Möglichkeit, Bewährungsmaßnahmen eines in Deutschland Verurteilten im Ausland zu überwachen und deren Einhaltung zu kontrollieren. Die regelmäßig auf die Person des Täters abgestimmten Maßnahmen wie Therapieauflage, Beiordnung des Bewährungshelfers oder das Kontaktverbot mit bestimmten Personen gehen ins Leere.

"Hat beispielsweise ein Gericht in Deutschland einem Drogenabhängigen eine Therapie auferlegt, kann diese derzeit nicht weitergeführt werden, wenn der Verurteilte - aus welchen Gründen auch immer - ins EU-Ausland umzieht. Ein Rückfall, der mit der Therapie gerade verhindert werden soll, wird damit umso wahrscheinlicher. Durch die grenzüberschreitende Bewährungsüberwachung soll gewährleistet werden, dass bereits begonnene Maßnahmen nach einer Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts in einen anderen Mitgliedstaat nicht abgebrochen werden müssen. Künftig soll der Täter in den Staat seines gewöhnlichen Aufenthalts gehen können, ohne negative Folgen für seine Wiedereingliederung befürchten zu müssen. Denn unser Vorschlag stellt sicher, dass die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats die Weiterführung der Therapie überwachen", erläuterte Zypries.

Inhaltlich soll der Anwendungsbereich neben der Bewährungsstrafe unter anderem auch die Reststrafenbewährung und alternative Sanktionen umfassen. Unter alternativen Sanktionen werden solche Maßnahmen verstanden, die als eigenständige Strafe verhängt werden. Regelmäßig soll der Vollstreckungsstaat die Zuständigkeit für alle nachfolgenden Entscheidungen wie Widerruf und Straferlass übernehmen. Damit trägt der die Verantwortung für den weiteren Verlauf der Überwachung der Maßnahmen und auch für die eventuelle Vollstreckung der Strafe nach einem Widerruf.

Dokumente
Press Release in english:
https://ssl.bmj.de/files/-/2243/Press_Release_in_english.pdf

Communiqué de presse en français:
https://ssl.bmj.de/files/-/2244/Communiqué_de_presse_en_français.pdf


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Quelle:
Pressemitteilung vom 13.06.2007
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Ulf Gerder, Dr. Henning Plöger, Christiane Wirtz
Mohrenstr. 37, 10117 Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juni 2007