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STRAFRECHT/046: Bundesregierung erleichtert Abschöpfung illegal erworbener Vermögen (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 21. Januar 2009

Bundesregierung erleichtert europaweite Abschöpfung von Erträgen aus Straftaten


Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Zusammenarbeit mit anderen EU-Mitgliedstaaten bei der Abschöpfung von illegal erworbenem Vermögen verbessert wird. Der Entwurf setzt einen Rahmenbeschluss der EU zur gegenseitigen Anerkennung von Einziehungsentscheidungen um. Danach müssen die Mitgliedstaaten Gerichtsentscheidungen aus anderen EU-Staaten vollstrecken, mit denen die Tatbeute und die Tatwerkzeuge eingezogen werden.

"Kriminelle dürfen aus ihren Straftaten kein Kapital schlagen. Außerdem müssen wir sicherstellen, dass sie die Tatwerkzeuge nicht für weitere Straftaten verwenden. Mit unserem Gesetzentwurf schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass eine europaweite Vollsteckung von ausländischen Einziehungs- oder Verfallsentscheidungen nicht durch bürokratische Hürden und unterschiedlichen Rechtssystemen unnötig erschwert wird. Damit tragen wir gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten der EU dafür Sorge, dass Straftäter ihr Vermögen zum Schutz vor staatlichem Zugriff nicht einfach ins Ausland verlagern können und dadurch ungeschoren davon kommen", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Nach deutschem Strafrecht können Gegenstände, die zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat gebraucht wurden, durch gerichtlichen Entscheid eingezogen werden. Auch kann der Verfall von Vermögenswerten angeordnet werden, die durch Straftaten erlangt wurden - beispielsweise gehen Gewinne aus Drogenverkäufen dann an den Staat. Vergleichbare Regeln gibt es auch in den nationalen Rechtsordnungen der anderen EU-Mitgliedsstaaten. Hat der Täter das Geld allerdings bereits ins Ausland geschafft, konnte eine solche gerichtliche Anordnung bisher nur mit erheblichem bürokratischem Aufwand vollstreckt werden.

Künftig wird die Vollstreckung von rechtskräftigen ausländischen Einziehungs- und Verfallsentscheidungen erleichtert, weil die in einem Mitgliedstaat der EU ergangene Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich anerkannt wird. Auf die so genannte beiderseitige Strafbarkeit kommt es danach in der Regel nicht mehr an. Dadurch wird die Verfolgung von Taten wie beispielsweise die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Terrorismus, oder Waffen- und Drogenhandel verbessert. Die Mitgliedstaaten können in engen begrenzten Fällen die Vollstreckung verweigern. Verweigerungsgründe ergeben sich beispielsweise dann, wenn der Betroffene wegen derselben Tat bereits in einem anderen Staat verurteilt wurde oder die gerichtliche Entscheidung in seiner Abwesenheit erging. Die Umsetzung des Rahmenbeschlusses erfolgt durch entsprechende Regelungen im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG).

Beispiel:
Ein Gericht in Lyon verurteilt einen Drogenhändler und ordnet den Verfall seines Gewinns aus Drogengeschäften in Höhe von 50.000,00 Euro an. Nachdem die französische Behörde Vermögen der verurteilten Person bei einer Bank mit Sitz in Stuttgart feststellt, übersendet sie die Entscheidung an die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Diese lässt das Konto sperren und schöpft einen Betrag von 50.000,00 Euro nach einer Entscheidung des Landgerichts Stuttgart über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Urteils ab.

Wenn der Vollstreckungserlös weniger als 10.000,00 Euro beträgt, verbleibt er in dem Staat, in dem das Vermögen abgeschöpft wurde. Liegt der Betrag darüber, wird die Hälfte des Betrages an den anderen Staat abgeführt. In dem Beispielsfall würde die deutsche Behörde also 25.000,00 Euro an die französische Behörde abgeben. Auch mit Staaten außerhalb der Europäischen Union kann Deutschland künftig im Einzelfall eine Regelung über die Aufteilung des abgeschöpften Vermögens treffen.

Aus Anlass der Umsetzung des Rahmenbeschlusses soll das IRG auch um Regelungen erweitert werden, nach denen der Verletzte einer Straftat unter verbesserten Voraussetzungen eine staatliche Entschädigungsleistung aus dem deutschen Anteil erhalten kann. Durch das Gesetz sollen die Anforderungen an den Nachweis des Schadens erleichtert werden. Künftig ist nicht mehr erforderlich, dass ein deutsches Gericht einen Schadensersatzanspruch festgestellt hat. Es genügt auch die Vorlage eines ausländischen Titels, wenn er in Deutschland vollstreckbar ist.

Beispiel:
Ein Gericht in Kopenhagen verurteilt einen Autohändler wegen betrügerischen Verkaufs eines Gebrauchtwagens an einen Deutschen. Gleichzeitig wird der Verfall des Kaufpreises von 7.000,00 Euro angeordnet. Wird diese Anordnung in Deutschland für vollstreckbar erklärt, muss die zuständige Behörde - in der Regel die Staatsanwaltschaft - auf Antrag des Verletzten das Geld an ihn auszahlen.

Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Die parlamentarischen Beratungen sollen noch in dieser Wahlperiode abgeschlossen werden.

Dokumente
RegE Umsetzungsgesetz Rahmenbeschluss Einziehung:
http://www.bmj.de/files/-/3455/RegE_Umsetzungsgesetz_Rahmenbeschluss_Einziehung.pdf


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Quelle:
Pressemitteilung vom 21.01.2009
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Dr. Henning Plöger, Dr. Isabel Jahn,
Johannes Ferguson, Ulrich Staudigl
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2009