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STRAFRECHT/051: Richtlinienvorschlag zum Recht auf Rechtsbeistand im Straverfahren angenommen (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 11. Juli 2012

Recht auf Rechtsbeistand: DAV begrüßt Abstimmungsergebnis im EP-Ausschuss

Gleichzeitig appelliert er an den Rat, sich ebenfalls für starke Beschuldigtenrechte einzusetzen



Berlin/Brüssel (DAV). Am 10. Juli 2012 hat der federführende Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments seinen Bericht über den - vom Deutschen Anwaltverein (DAV) in seiner Stellungnahme Nr. 64/2011 begrüßten - Richtlinienvorschlag zum Recht auf einen Rechtsbeistand im Strafverfahren angenommen. Wie vom DAV wiederholt gefordert, behält dieser den von der Kommission mit dem Vorschlag eingeschlagenen Weg zu EU-einheitlichen Mindeststandards bei und nimmt außerdem erforderliche Konkretisierungen vor. Damit ist aus Sicht der DAV eine gute Verhandlungsgrundlage für die mit dem Rat anstehenden Verhandlungen gegeben. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, da der Rat durch seine am 8. Juni 2012 vorgelegten Allgemeinen Ausrichtung eine sehr bedenkliche Position eingenommen hat, zur der sich der DAV bereits in seiner Stellungnahme Nr. 59/2012 kritisch geäußert hat.

Der DAV ist zunächst erfreut über die von den Parlamentariern vorgenommene Klarstellung, dass unter "Rechtsbeistand" der Beistand durch einen Rechtsanwalt zu verstehen ist.

Während der Rat darüber hinaus die inhaltliche Ausgestaltung des anwaltlichen Beistandes allein dem nationalen Recht unterwerfen will, sehen die Parlamentarier eine wichtige Stärkung der Unterstützung durch den Anwalt vor. Zum einen soll ein Beschuldigter unabhängig von der Art der Befragung das Recht haben, einen Anwalt hinzuzuziehen. Zum anderen soll der Rechtsanwalt neben dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft zur Beweiserhebung beitragen können.

Zentral ist für den DAV aber insbesondere die uneingeschränkte Bejahung der Vertraulichkeit zwischen Anwalt und Mandant. "Der DAV versteht die freie und nicht überwachte Kommunikation als Herzstück der Anwalts-Mandanten-Beziehung. Diese ist nach deutschem Verfassungsverständnis als Kernbereich der privaten Lebensführung absolut geschützt", so Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident. Mit Blick auf die vom Rat gewünschten staatlichen Eingriffsmöglichkeiten in das Berufsgeheimnis ist der DAV über das parlamentarische Bekenntnis in dem Richtlinienvorschlag für eine absolute und ausnahmslose Vertraulichkeit sehr erleichtert.

Dies gilt gleichfalls für die Klarstellung, dass etwaige Ausnahmen von dem Recht auf Rechtsbeistand nur von unabhängigen Justizbehörden angeordnet und nebst der Begründung auch schriftlich dokumentiert werden sollen. Die vom Rat vorgesehene Anordnung durch "jede zuständige Behörde" - also auch die Polizei selbst - wäre ein zu großes Einfallstor für Missbrauch.

Auch die Pflicht zur Belehrung eines Beschuldigten, dass er einen etwaigen Verzicht auf einen Rechtsanwalt jederzeit wiederrufen kann, und die Erweiterung der Verteidigungsmöglichkeiten im Ausstellungsstaat eines Europäischen Haftbefehls werden vom DAV begrüßt.

Angesichts der anstehenden inoffiziellen Dreierverhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission ("Trilog") appelliert der DAV an den Rat, dieser möge seine destruktive Haltung aufgeben und gemeinsam für belastbare Beschuldigtenrechte eintreten, die das erforderliche Vertrauen in die strafprozessualen Standards der Mitgliedsstaaten zu schaffen vermögen.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 15/12 vom 11. Juli 2012
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2012