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STRAFRECHT/055: Unionsweites Recht auf Prozesskostenhilfe im Strafverfahren (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 6. Mai 2015

Unionsweites Recht auf Prozesskostenhilfe im Strafverfahren

DAV begrüßt Votum des Europäischen Parlaments für hohe Standards


Brüssel/Berlin (DAV) Der DAV begrüßt die heutige Zustimmung des Europäischen Parlaments zu einer EU-Richtlinie, nach der verdächtige oder beschuldigte Bürger ein Recht auf Prozesskostenhilfe im Strafverfahren erhalten sollen. Der Ausschuss für Bürgerliche Angelegenheiten, Justiz und Inneres ging in seinem Votum deutlich über die Forderungen der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten hinaus.

Nach der heutigen Abstimmung sollen Beschuldigte und Verdächtige in Anknüpfung an die Richtlinie über den Zugang zum Rechtsanwalt während des gesamten Strafverfahrens unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben. Die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten der EU hatten lediglich ein Recht auf "vorläufige" Prozesskostenhilfe bei Freiheitsentzug und im Falle eines Europäischen Haftbefehls vorsehen wollen.

"Auch angesichts der bevorstehenden Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft ist es von herausragender Bedeutung, die Finanzierung der Verteidigung für Beschuldigte europaweit zu sichern", so Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Präsident des DAV. "Wenn die EU ein faires, rechtsstaatliches Strafverfahren gewährleisten will, darf es nicht darauf ankommen, in welchem Mitgliedstaat jemand einer Straftat beschuldigt wird."

Kritsch sieht der DAV jedoch das vorgesehene Zulassungsverfahren für PKH-Anwälte.

"Dass das EU-Parlament bestimmte Vorschriften zur Gewährleistung der Qualität der Prozesskostenhilfeberatung vorsehen will, ist sehr begrüßenswert", so Ewer weiter. "Das vom Europäischen Parlament vorgesehene Zulassungsverfahren für im Rahmen der Prozesskostenhilfe tätige Rechtsbeistände stellt hingegen eine deutliche Einschränkung der anwaltlichen Berufsausübungsfreiheit dar und ist deshalb abzulehnen." Zum einen drohten hochmotivierte Berufsanfänger so möglicherweise von einer Tätigkeit auf Prozesskostenhilfebasis ausgeschlossen zu werden. Zum anderen hielte eine erforderliche Akkreditierung erfahrene Strafverteidiger unter Umständen von einer Tätigkeit auf Prozesskostenhilfebasis ab, die häufig auf "pro bono" Basis ausgeübt werde.

Der DAV wird sich auch in den anstehenden Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten, der EU-Kommission und dem EU-Parlament dafür einsetzen, dass die vom Parlament vorgesehenen Standards für eine EU-weite Prozesskostenhilfe anknüpfend an das Recht auf anwaltlichen Beistand im ganzen Strafverfahren Bestand haben.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 16/15 vom 6. Mai 2015
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2015

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