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INTERVIEW/014: "Freiheit statt Angst" - Treffpunkt Brüssel, Maryse Artiguelong (SB)


Interview mit Maryse Artiguelong am 17. September 2011 in Brüssel


Maryse Artiguelong ist Generalsekretärin der internationalen Menschenrechtsorganisation Association Européenne pour la défense des Droits de l'Homme (AEDH - "Europäische Gesellschaft zur Verteidigung der Menschenrechte") [1]. Die AEDH tritt für ein demokratisches und offenes Europa der Menschenrechte ein, das auf Freiheit, sozialer Gleichheit und nachhaltiger Wirtschaft aufgebaut und frei von Diskriminierung ist. Die AEDH besteht inzwischen aus 26 Organisationen in 24 Ländern, davon 19 aus der EU und wurde im Jahre 2000 gegründet.

Maryse Artiguelong - Foto: © 2011 by Schattenblick

Maryse Artiguelong
Foto: © 2011 by Schattenblick

Schattenblick: Frau Artiguelong, was ist der Schwerpunkt der humanitären Arbeit der European Association for the Defence of Human Rights (EADH)?

Maryse Artiguelong: Menschenrechte im Allgemeinen, dazu zählen für uns soziale und kulturelle Rechte, Staatsangehörigkeit, Asyl, Reisefreiheit und speziell auch Datenschutz.

SB: Datenschutz - Sie haben vorhin gesagt, daß es in Frankreich zum Beispiel große Probleme mit der Ausweisung von Migrantinnen und Migranten gibt und "unsichtbare" Parlamentsbeschlüsse, respektive Gesetze, wie sie zum Beispiel bei der Ausweisung von Roma zum Tragen kommen. Das Thema Datenschutz jedoch wird von den meisten Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten eher stiefmütterlich oder überhaupt nicht behandelt, das ist noch ein Minderheitenthema.

MA: Ja, aber wir sind der Meinung, daß es ohne Datenschutz keine Freiheit und ohne diese keine Demokratie geben kann. Daher ist es für uns ein sehr wichtiges Thema.

SB: Wie ist die Situation in Frankreich? Sind dort die Datenschutzaktivistinnen und -aktivisten genauso laut und sichtbar wie in der BRD?

MA: Nun, wir als MenschenrechtsaktivistInnen und -organisationen sind sehr besorgt über die diskriminierenden Gesetze, Fluggast-Datenspeicherung/PNR, Polizeiakten und Videoüberwachung. All das ist sehr schlimm, wir sind wirklich auf einem schlimmen Weg.

SB: Wie ist die öffentliche Meinung, gibt es Resonanz?

MA: Leider kann man das nicht sagen. Wir sind eine Minderheit. Die Menschen sorgen in erster Linie um die wachsende Arbeitslosigkeit, um steigende Preise, die Finanzkrise und das allgemeine Tagesgeschehen. Vor allem jedoch gibt es eine starke Ablehnung von Migrantinnen und Migranten. Die Lage ist also sehr schwer.

SB: Werden diese auch Opfer der zunehmenden Überwachung und Mißachtung der Privatsphäre, zum Beispiel zu ihrer Standort- und Statusbestimmung?

MA: Genau dafür wird die Überwachung eingesetzt. So werden spezifische Datenbänke über Roma angelegt, die wir bekämpfen. Man kann sagen, daß die Maßnahmen speziell auf die Bekämpfung von Migrantinnen, Migranten und Arme abgestimmt sind.

SB: Also wie in Deutschland auch. Was unternimmt Ihre Organisation gegen diese Entwicklung?

MA: Wir sind nicht nur eine humanitäre, sondern in erster Linie auch eine sehr politische Organisation. Wir üben Druck auf die Regierung und ihre Entscheider aus und zeigen der Öffentlichkeit, daß die dort ergriffenen Maßnahmen unfair sind.

SB: Haben Sie eine Botschaft an die deutschen Aktivistinnen und Aktivisten?

MA: Helft Griechenland! (lacht)

SB: Ich danke Ihnen für das Interview.

Fußnote:

[1] http://www.aedh.eu/Intervention-de-l-AEDH-lors-de-la.html [2]

29. November 2011