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AGRAR/1556: 30 Prozent mehr für die ersten 50 Hektar (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 363 - Februar 2013
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

30 Prozent mehr für die ersten 50 Hektar
Agrarausschuss des EU-Parlaments stimmt für neues Instrument zur Umverteilung von Direktzahlungen

von Ulrich Jasper



Ein neuer Vorschlag findet nun Eingang in die Verhandlungen zur Reform der EU-Agrarpolitik. Der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments hat mehrheitlich einem Änderungsantrag zugestimmt, der einen Aufschlag auf die Direktzahlungen für bis zu 50 ha je Betrieb vorsieht. Finanziert werden soll diese "ergänzende Zahlung für die ersten Hektarflächen" aus der Summe an Direktzahlungen, die dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt zusteht. Damit bewirkt das Instrument eine Umverteilung von Direktzahlungen zwischen den Betrieben eines Mitgliedstaats, und zwar von den flächenstarken Betrieben zu den kleineren und mittleren Betrieben. Die Regelung soll nicht verpflichtend in der ganzen EU eingeführt werden, sondern jeder einzelne Mitgliedstaat soll im ersten Anwendungsjahr der Reform-Beschlüsse selbst beschließen, ob er diese Regelung einführt.

Im einzelnen sieht der Ausschuss-Beschluss vor, dass der Mitgliedstaat jeweils selbst festlegt, für wie viel Hektar je Betrieb der Aufschlag maximal gezahlt werden soll. 50 ha sind als maximale Hektarzahl im Beschluss genannt, es könnten aber auch z.B. 20 ha sein, wie es der AbL-Bundesvorstand fordert. Zweitens muss der Mitgliedstaat festlegen, wie viel Geld er aus dem ihm von der EU zugestandenen Topf an EU-Direktzahlungen für diesen Aufschlag einsetzen will. Hier nennt der Ausschuss-Beschluss maximal 30 Prozent des Topfes.


Beispiel Deutschland

Bei den rund 5,2 Milliarden Euro, die der Ausschuss in den nächsten Jahren Deutschland an Direktzahlungen zur Verfügung stellen Will, entsprechen 30 Prozent insgesamt 1,56 Mrd. Euro.

In Deutschland haben von den knapp 300.000 in der Statistik geführten landwirtschaftlichen Betrieben 72 Prozent höchstens 50 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Diese 213.000 Betriebe bewirtschaften zusammen 23 Prozent der deutschen Nutzfläche. Aber nicht nur diese Betriebe würden den Aufschlag für ihre maximal 50 ha Flächen bekommen, sondern auch alle größeren Betriebe für ihre "ersten" 50 ha. Insgesamt würde somit etwa die Hälfte der gesamten Nutzfläche in Deutschland den Aufschlag erhalten. Um das zu finanzieren, würden die Direktzahlungen für die andere Hälfte der Nutzfläche natürlich sinken. Ohne Aufschlagsregelung liegt die Direktzahlung in Deutschland für jeden Hektar (im Durchschnitt aller Bundesländer) bei rund 311 Euro (Basisprämien und Greening zusammen). Wenn Deutschland den Aufschlag einführen würde und dafür 30 Prozent der Zahlungen nutzt und den Aufschlag für bis zu 50 ha je Betrieb gewährt, dann würden für bis zu 50 ha je Betrieb rund 410 Euro gezahlt und für die Flächen, die ein Betrieb über 50 ha hinaus bewirtschaftet, nur noch rund 218 Euro. Anders ausgedrückt: Betriebe mit bis zu 50 ha gewinnen gut 30 Prozent Direktzahlungen. Der Zugewinn für den Gesamtbetrieb reduziert sich mit zunehmender Betriebsgröße: bei 100 ha gibt es keinen Zugewinn mehr, und Betriebe mit über 100 ha verlieren. Ein 1.000 ha-Betrieb verliert z.B. 27 Prozent, ein 10.000 ha-Betrieb verliert fast 30 Prozent.


Zielsetzung

Zur Begründung der vorgeschlagenen Neuregelung steht im Beschluss des Ausschusses, dass damit "der Vielfalt der Betriebe im Hinblick auf deren wirtschaftliche Größe, die Wahl ihrer Erzeugnisse und Beschäftigungslage besser Rechnung" getragen werden soll.

Der Vorschlag wird auch vom französischen Agrarminister Stephan Le Foll stark gepuscht. Er will mit dem Aufschlag Kürzungen bei Mutterkuhhaltern, Rindermästern und auch Milchviehbetrieben vermeiden. Diese Kürzungen werden als Folge der Umstellung von den in Frankreich heute noch gekoppelt gezahlten Rinderprämien hin zu regional einheitlichen Zahlungsansprüchen je Hektar befürchtet. Zudem profitieren die in der Regel größeren Ackerbaubetriebe von gestiegenen Marktpreisen für Ackerfrüchte, während diese gestiegenen Getreide- und Futterpreise den Tierhaltern als höhere Kosten auf die Füße fallen. Die vorgeschlagene Regelung soll hier einen gewissen Ausgleich schaffen.


Ausschuss für Obergrenze

Eine Mehrheit im Ausschuss des EU-Parlaments stimmte für den Vorschlag der EU-Kommission zur Einführung einer betrieblichen Ober- bzw. Kappungsgrenze bei 300.000 Euro Basisprämie und der vorgeschalteten gestaffelten Kürzung zwischen 150.000 und 300.000 Euro, wobei die tatsächlichen Lohnkosten des Betriebes vorher abgezogen werden. Allerdings sollen Betriebe von Genossenschaften und anderen juristischen Personen von den Grenzen ausgenommen bleiben, so der Ausschuss.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 363 - Februar 2013, S. 5
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2013