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WETTBEWERB/049: Glos zur Tagung des Rates für Wettbewerbsfähigkeit (BMWi)


Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie - Berlin, 19. Februar 2007

Rat für Wettbewerbsfähigkeit

Pressestatement des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie Michael Glos MdB


Brüssel: Wollte man ein Motto für die heutige Tagung des Rates Wettbewerbsfähigkeit benennen, so würde ich sagen: "Stärkung der Position Europas im globalen Wettbewerb zum Nutzen von Bürgern und Unternehmen".

Mit dieser Intention will sich die Ratsformation Wettbewerbsfähigkeit auch in den Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs am 08./09.03.2007 einbringen.

Deshalb standen auch die Eckpunkte, die wir heute beschlossen haben und dem Europäischen Rat zuliefern werden, unter der Überschrift "Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit". Dieses Papier gibt Antworten auf die zentralen Fragen, mit denen die EU im wirtschaftlichen Bereich gegenwärtig konfrontiert ist,

nämlich:

- Stärkung des Binnenmarktes,
- Bessere Rechtsetzung,
- Forschung und Innovation,
- Ausschöpfung des Potentials der Schlüsselsektoren und der KMU sowie
- Stärkung der externen Wettbewerbsfähigkeit.

Wir werden alle diese Themen im Verlaufe des Jahres noch intensiv zu erörtern haben, wenn die Kommission ihre neue Binnenmarktstrategie vorlegt.

Zu den gefundenen Kompromissen möchte ich inhaltlich folgendes bemerken:

Sie wissen, wie umstritten die Liberalisierung der Postmärkte ist.

Es ist uns aber gelungen, die Bedeutung dieser Frage für die Stärkung des Binnenmarktes im globalen Wettbewerb herauszustellen. Dabei soll zugleich eine befriedigende Lösung für die Finanzierung der Universaldienste sichergestellt werden. Der Rat hat ebenso die Bedeutung geringerer Roaming-Gebühren und eines effizienten Binnenmarktes für Gas und Strom als wesentliche Elemente für die Stärkung Europas im globalen Wettbewerb betont.

Alle Mitgliedstaaten haben die Bedeutung der zügigen und rechtzeitigen Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht erkannt und erfolgreich bestehende Defizite abgebaut.

Deshalb haben wir jetzt als Vorschlag an den Europäischen Rat beschlossen, die Defizitmarke von bisher 1,5% auf 1% Schritt für Schritt bis 2009 zu reduzieren.

Ausführlich haben wir uns mit der Frage der Besseren Rechtsetzung beschäftigt.

Dies ist ein Schlüsselelement für die Zukunft des Binnenmarktes und ein Schwerpunktthema des Frühjahrsgipfels neben Energie und Klimaschutz.

Der Wettbewerbsfähigkeitsrat hatte die Aufgabe, für dieses Thema den Boden für den Frühjahrsgipfel zu bereiten, so wie der Energierat letzte Woche für den Energie-Aktionsplan. Das ist uns gelungen.

Der Rat hat das ehrgeizige Aktionsprogramm der Kommission zum Bürokratieabbau, das Vizepräsident Verheugen am 24.01.2007 vorgelegt hat, grundsätzlich gebilligt.

Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass wir mit der Umsetzung unmittelbar nach dem Frühjahrsgipfel beginnen können. Zentrales Element ist ein 25% Abbauziel für Bürokratielasten aus EU-Recht einschließlich der nationalen Umsetzungsgesetzgebung.

Durch ein erstes Maßnahmenpaket, das die Kommission Anfang März vorlegen will, wollen wir bereits schnell wirksame erste Entlastung schaffen, möglichst noch unter deutscher Präsidentschaft.

Auch die Mitgliedstaaten wollen sich ihrerseits in eigener Verantwortung bis 2008 ehrgeizige Bürokratieabbauziele setzen. Da gab es viele Vorbehalte, aber am Schluss konnten wir uns auch über dieses wichtige flankierende Element einigen.

Die Kommission wird ihr derzeitiges System der Folgenabschätzung überprüfen. Auf dieser Grundlage wird der Rat in 2008 weitere Optionen erwägen. Dazu gehört auch die stärkere Einbeziehung unabhängiger Experten. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung des deutschen Normenkontrollrates.

Im Rahmen von Forschung und Innovation haben wir uns auf die Rekrutierung junger Wissenschaftler und deren Mobilität in Europa, die Entwicklung eines europäischen Strategieplans für Energietechnologie, gemeinsame Technologieinitiativen, das Europäische Technologieinstitut und den Schutz geistigen Eigentums konzentriert.

Wie schöpfen wir das Potential von industriellen Schlüsselsektoren, insbesondere KMU, besser aus, ist eine weitere wichtige Frage.

Mit den Problemen der Automobilindustrie hatten wir uns zuvor bereits befasst und ich werde dazu gleich noch etwas sagen. Wegen ihrer Motorfunktion für Beschäftigung und Innovation kommt den KMU eine besondere Bedeutung zu.

Deshalb haben wir für diesen Wirtschaftsbereich die Bedeutung einer Verfahrensbeschleunigung und -erleichterung bei der Firmengründung und den verbesserten Zugang zu Risikokapital besonders unterstrichen.

Wir haben darauf hingewiesen, dass wir uns für das Handwerk von der vierten Europäischen Handwerkskonferenz im April in Stuttgart und für den Tourismus von der Europäischen Tourismuskonferenz im Mai wichtige Impulse für diese Wirtschaftszweige erhoffen.

Im Rahmen der Stärkung der externen Wettbewerbsfähigkeit ruft der Rat im Zusammenhang mit der WTO-Doha-Runde die wichtigsten Partner dazu auf, konstruktiv zusammenzuarbeiten, um die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.

Gleichzeitig sollen aber auch schnell Mandate zu bilateralen oder regionalen Freihandelsabkommen angenommen werden, damit entsprechende Verhandlungen beginnen können.

Wir erwarten außerdem mit Interesse die revidierte Marktzugangsstrategie der Kommission, damit wir überprüfen können, welche zusätzlichen Maßnahmen die EU ggf. ergreifen muss, damit sich unsere Unternehmen auf Drittmärkten noch besser positionieren können.

Schließlich haben wir die Kommission ermuntert, weltweit für besseren Schutz geistigen Eigentums und den verstärkten Kampf gegen Produktpiraterie einzutreten.

Daneben wollen wir auch unsere Schutzinstrumente gegen unfaire Handelspraktiken überprüfen. Dazu hatte die Kommission uns im Dezember vergangenen Jahres ein Diskussionspapier vorgelegt.

Nun noch einige Bemerkungen zu den übrigen Tagesordnungspunkten:

Ich habe bereits vorher kurz die Automobilindustrie angesprochen. Auf der Basis der Vorarbeiten einer hochrangigen Gruppe hat die Kommission am 7. Februar 2007 die Mitteilung "Ein wettbewerbsfähiges Kfz-Regelungssystem für das 21. Jahrhundert - Stellungnahme der Kommission zum Schlussbericht der hochrangigen Gruppe CARS 21" vorgelegt.

In die Aussprache zu diesem Punkt haben wir auch die Mitteilung der Kommission zur Überprüfung der Strategie der Gemeinschaft zur Minderung der CO2-Emissionen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen einbezogen.

Alle Mitgliedstaaten vertraten die Meinung, dass angesichts der hohen Bedeutung der Automobilindustrie das Gemeinschaftsrecht so ausgestaltet werden muss, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit auch zukünftig gesichert ist.

Die Wirtschaftsminister sind der Auffassung, dass wir für das Problem der CO2 - Emissionen einen "integrierten Ansatz" benötigen, der z.B. auch die Nutzung von Biokraftstoff, verbesserte Reifen u.a. einbezieht.

Unter Verschiedenes hat unter meinem Vorsitz Vizepräsident Verheugen dem Rat die wichtige Mitteilung zum freien Warenverkehr vorgestellt.

Die zugehörigen Einzeldossiers "Gegenseitige Anerkennung" und "New Approach" sind wichtige Vorhaben für die deutsche Präsidentschaft und wir werden unverzüglich mit den Beratungen in den Ratsarbeitsgremien beginnen.

Es ist mir wichtig, hier besonders darauf hinzuweisen, dass die neuen Vorschläge zum freien Warenverkehr nicht das hohe Verbraucher- und Umweltschutzniveau in der Gemeinschaft beeinflussen werden.

Als erfreuliches Ergebnis hat sich bei der Vorstellung des Binnenmarktanzeigers durch die Kommission gezeigt, dass das durchschnittliche Defizit bei der Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht nunmehr auf 1,2% gesunken ist.

Wir müssen aber weiter ambitioniert vorgehen. Daher haben wir jetzt dem Europäischen Rat vorgeschlagen, eine Defizitgrenze von 1% gegenüber bisher 1,5% festzuschreiben.

Frau Kommissarin Kuneva hat das Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Verbraucherschutz vorgestellt.

Frau Bundesjustizministerin Zypries hat verdeutlicht, dass wir die Arbeiten der Kommission begrüßen, im Zusammenhang mit dem Gesamtvorhaben "Europäisches Vertragsrecht" auch eine systematische Überprüfung des Verbraucherrechts zu verfolgen.

Innerhalb der nunmehr anstehenden Konsultationen werden die Mitgliedstaaten dazu sicherlich detaillierte Stellungnahmen abgeben.

Frau Justizministerin Zypries konnte heute ebenfalls berichten, dass das Europäische Parlament am 15. Februar dem vom Rat im Januar gebilligten Vorschlag zu einer Richtlinie über die Ausübung der Stimmrechte durch Aktionäre von Gesellschaften, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben und deren Aktien zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, zugestimmt hat.

In Zukunft können auch Aktionäre bei Hauptversammlungen börsennotierter Aktiengesellschaften in EU-Staaten ihre Stimme elektronisch abgeben.

Die Richtlinie baut Hürden ab, die Aktionäre bisher überwinden müssen, wenn sie sich im EU-Ausland an Unternehmen beteiligt haben und ihre Rechte ausüben wollen.

Beim Mittagessen haben wir einen Meinungsaustausch zu einem kohärenten Ansatz für Wettbewerbsfähigkeit, Klimawandel und sichere Energieversorgung geführt.

Wir waren uns weitgehend darüber einig, dass

- Klimaschutzpolitik nicht im Alleingang der Gemeinschaft erfolgen kann, sondern eine weltweite Wettbewerbsgleichheit hergestellt werden muss,

- andere Industriestaaten ermutigt werden müssen, beim
Emissionshandel mitzuziehen und

- die CO2-Preisentwicklung in einem Rahmen zu halten ist, der für die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer europäischen Wirtschaft verträglich ist.


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Quelle:
BMWi-Pressemitteilung vom 19. Februar 2007
Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Pressestelle des BMWi
Telefon: 01888-615-6121 oder -6131
E-Mail: buero-p2@bmwi.bund.de
Internet: www.bmwi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Februar 2007