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BUCHTIP/015: Geisteswissenschaft als Wirklichkeitswissenschaft (idw)


Ruhr-Universität Bochum - 15.01.2008

Die postsäkulare Gesellschaft
Geisteswissenschaft als Wirklichkeitswissenschaft

Soeben erschienen: Tagungsband eines RUB-Symposiums


Als sich vor fast einem Jahr zahlreiche Experten aus Wissenschaft, Politik und Justiz in der Ruhr-Universität Bochum zu einem Symposium "Dialektik der Säkularisierung" trafen, war das "akademische Unternehmung" und "Kraftprobe" zugleich: Philosophen, Theologen, Historiker und Politiker fragten danach, was eine Gesellschaft zusammenhält, nachdem zumindest in Westeuropa die Religion diese Funktion immer mehr verliert. Entstanden ist daraus nicht nur eine lebhafte Debatte, sondern auch der 440 Seiten starke Tagungsband "Postsäkulare Gesellschaft", der vor kurzem im Verlag Karl Alber erschienen ist. Herausgegeben vom Bochumer Philosophen Prof. Walter Schweidler gibt das Buch die Beiträge des Symposiums wieder und spannt dabei den Bogen vom "Unabstimmbaren" in der Demokratie über das säkularisierte Europa bis hin zum - vermeintlichen - Gegensatz von "Verweltlichung" und Islam. Abgerundet wird der Band durch ein Geleitwort von Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert.

Ein Ratgeber für kritische Bürger

Die Ergebnisse der Tagung wie auch des Buchs bringt Prof. Schweidler so auf den Punkt: "Geisteswissenschaften sind Wirklichkeitswissenschaften". Eine "sozialtechnologische Expertise" über unsere Gesellschaft sollten die Leser daher nicht erwarten: Der Band sei vielmehr Ratgeber für eine "kritische Öffentlichkeit". Er richte sich an Bürger, die sich mit Fragen der Legitimation und Ordnung des Zusammenlebens auseinandersetzen - Fragen, die sich an niemanden delegieren ließen, so der Herausgeber. "Religion und Kultur, Kunst und Architektur, Bildung und Erziehung, Demokratie und Rechtsstaat: all das sind nicht Vorkommnisse, an die wir herantreten wie an das Plantetensystem oder einen Ameisenhaufen, sondern es sind Antworten, die der Mensch auf die Frage nach der Wirklichkeit seines Wesens gegeben hat."

Drei Leitfragen, viele Antworten

Der rote Faden des Bandes sind drei fachübergreifende Leitfragen: Gibt es "Unabstimmbares" in der Demokratie, etwa unumstößliche und unveränderliche Prinzipien? Gibt es eine - womöglich europäische - Leitkultur? Und gibt es eine "postsäkulare" Gesellschaft, die nach dem Prozess der Verweltlichung nun die Religion und ihre Werte wieder stärker in den Blickpunkt nimmt? In insgesamt sechs Kapiteln gehen die Autoren mit ihren Beiträgen auf diese Fragen ein und beleuchten sie unter je verschiedenen Schwerpunkten und Aspekten.

Namhafte Autoren und fachübergreifende Forschung

Zu den Autoren zählen u. a. die namhaften Philosophen Peter Sloterdijk und Robert Spaemann, der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Winfried Hassemer sowie Bundestagspräsident Norbert Lammert, der zugleich Schirmherr der Tagung an der RUB war. Veranstaltet vom Lehrstuhl für Praktische Philosophie (Prof. Schweidler) war das Symposium eingebettet in den Forschungsschwerpunkt "Religion und Säkularisierung" der RUB, an dem mehrere Institute und Fakultäten beteiligt sind, u. a. evangelische und theologische Theologie, Philosophie, Geschichte und Ostasienwissenschaften.

Walter Schweidler (Hg.):
Postsäkulare Gesellschaft.
Perspektiven interdisziplinärer Forschung.
Verlag Karl Alber, Freiburg, München 2007
440 Seiten, 39 Euro, ISBN: 978-3-495-48287-2

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution2


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 15.01.2008
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2008