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BUCHTIP/262: "Die Universität Jena in der Frühen Neuzeit" (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 16.10.2008

Bollwerk des Glaubens und Hort der Freiheit

Historiker der Universität Jena präsentieren "Die Universität Jena in der Frühen Neuzeit"


Jena (16.10.08) Der trutzige Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen auf der einen, der feinsinnige Dichter Friedrich Schiller auf der anderen Seite: zwei Persönlichkeiten, die untrennbar mit der Geschichte der Jenaer Universität verbunden sind. Beide standen für ihren ganz eigenen Begriff der Freiheit ein, beide prägten Tradition und Selbstverständnis der Universität, die in diesem Jahr ihr 450-jähriges Bestehen feiert.

Den Bogen vom Kurfürst Johann Friedrich, genannt "Hanfried", bis zu Schiller schlägt das Buch "Die Jenaer Universität in der Frühen Neuzeit", das gerade erschienen ist. Im Jubiläumsjahr der Friedrich-Schiller-Universität Jena wird danach gefragt, was die Jenaer "Salana" zu einer Traditionsuniversität werden ließ, wie es Dr. Joachim Bauer formuliert. Der Leiter des Universitätsarchivs fungiert gemeinsam mit den Historikern Prof. Dr. Georg Schmidt, Dr. Andreas Klinger und Dr. Alexander Schmidt als Herausgeber. Die vier sind selbst als Autoren vertreten und sie haben zahlreiche, vornehmlich junge Autoren gewonnen, die Erkenntnisse des Sonderforschungsbereiches "Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800" einfließen lassen, ohne dass die zehn Kapitel zu einem Sammelband geworden sind.

"Wir machen kein Mysterium daraus, sondern zeigen, wie die Universität überlebt hat", sagt Bauer. Auf 216 Seiten entwerfen die Autoren das Bild einer lebendigen Universität, die tiefe Krisen durchlebte und zu unglaublichen Höhen gelangte. Am Anfang stand die Niederlage des Kurfürsten Johann Friedrich I. im Schmalkaldischen Krieg, in dessen Folge Kurwürde und Universität Wittenberg verloren gingen. Nach der Gründung der Jenaer "Hohen Schule" im Jahr 1548 folgten erbitterte theologische Streitigkeiten, an deren Ende sich Jena als "Hort des wahren Luthertums" etabliert hatte. Der Verweis auf den "unverfälschten" Luther brachte sowohl die Dynastie der Ernestiner als auch die Universität mehrmals an den Rand ihrer Existenz, zugleich sicherte er Identität und eigenes Profil der "Salana". Jena galt immer als Hort der Freiheit, trotz des konsequenten Beharrens auf dem "wahren Glauben" und der damit einhergehenden Orthodoxie in theologischen Fragen.

Breiter Raum wird dem spannungsvollen Verhältnis zwischen Stadtbürgertum und Universitätsangehörigen eingeräumt. Der Leser erfährt vom wilden Studentenleben, das sich unter anderem in einer hohen Quote unehelicher Geburten niederschlug und vom gespannten Verhältnis zwischen Studiosi und "Philistern". Ursache war vor allem die unterschiedliche Gerichtsbarkeit, der beide Gruppen unterstanden. Wurde die Universität zunächst als Fremdkörper im beschaulichen Weinbauernstädtchen Jena empfunden, ergab sich doch über die Jahrhunderte eine symbiotische Verbindung, gar eine Abhängigkeit beider Partner. Ein Verhältnis, das nahezu unverändert bis heute Bestand hat.

"Die Universität Jena in der Frühen Neuzeit" bietet eine spannende Lektüre, von den Anfängen der Universität bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der reich bebilderte Band richtet sich an den interessierten Leser, der sich im Jubiläumsjahr ein lebendiges Bild von den ersten 300 Jahren der Jenaer Universität machen möchte. Zugleich regt die Lektüre zum Nachdenken über den Freiheitsbegriff an, der stets ein Markenzeichen der Jenaer Universität war und - wie es Rektor Prof. Dr. Klaus Dicke im Vorwort anmahnt - gerade unter dem Diktat des Bologna-Prozesses zu verschwinden droht.

Georg Schmidt, Joachim Bauer, Andreas Klinger, Alexander Schmidt (Hg.): Die Universität Jena in der Frühen Neuzeit, Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg 2008, 216 Seiten, Preis 18 Euro, ISBN 978-3-8253-5525-8

Weitere Informationen unter:
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Stephan Laudien, 16.10.2008
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2008