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FORSCHUNG/124: Sprachliche Spuren der Etrusker in ihren östlichen Einflußgebieten (Ernst Strnad)


Sprachliche Spuren der Etrusker in ihren östlichen Einflussgebieten

Von Ernst Strnad


Nachdem die Auffassung des Etruskologen Dr. sc. phil. Ernst Strnad in Bezug auf Herkunft und Sprache der Etrusker Italiens durch genetische Untersuchungen eine weitere (direkte bzw. indirekte) Bestätigung erfahren hat, sucht er nach sprachlichen Spuren dieses Volkes im vorderen Orient, wohin ihre Kultur primär ausstrahlte. So nahm er, was andere scheuten, die Eigennamen (Götter-, Orts- und Personennamen) in der dichterischen Sprache Homers unter die Lupe, der ja nach Auffassung vieler Altertumswissenschaftler im westlichen Anatolien geboren und sich auch besuchsweise zu den Etruskern in Italien begeben haben soll.

Nach den Strnadschen Forschungen sind die sprachlichen etruskologischen Einflüsse auf diese Eigennamen überwältigend, angefangen beim Namen Homers selbst, über die Namen Odysseus und Olymp bis Pergamon und Troja, die ausnahmslos, wie nicht anders zu erwarten, sprechende Namen sind, und nicht nur Odysseus = Rückkehrer!

Dabei bedient sich Ernst Strnad des Arabischen als einer gut erhaltenen altsemitischen Sprache und eines ebenso alten agglutinierenden Idioms sowie wohlbekannter linguistischer Regeln (wie des Übergangs von b/w zu p, des Liquidlautwechsels u.dergl.m.), wie er das bei den onomastischen Ausdrücken eines Vergils (Deutung von Aeneas als "Witwer", Camilla als Schöne usw.) tat.

Auf Grund seiner Sprachvergleiche bedeuten beispielsweise: Agamemnon (Oberbefehlshaber) wörtlich der "Gesamtstädtische", Iphigenie (bei Homer Iphianassa) die "Tochter", Homer (von ar. Amir) den "Fürst" bzw. "Befehlshaber", ferner Olymp (verwandt mit Alpes) den "Hohen" (Berg), Pergamon (Festung und Stadt) soviel wie "Burg der Stadt", Troja (verwandt mit Atrium) "Palast", Athene (Tochter des Zeus), wörtlich die "Kluge", Gaia (vorgriechische Gottheit) die lebensrelevante Erde, Zeus (griechisch poetisch Zena) den "Himmel".

Schlussfolgerung: So wie die etruskischen Namen bei Vergil lateinisch beeinflusst sind, so sind die bei Homer vorkommenden Eigennamen etruskischer Prägung und letztlich nur griechisch verformt. Die These, dass die Etrusker diese Namen und Begriffe von den Griechen übernommen hätten, stimmt nicht, es verhält sich genau umgekehrt. Die Griechen des frühen Altertums übernahmen sie von den Etruskern, deren Hochkultur vor die der Griechen fällt. Die frühen Griechen pflegten rege Kontakte zur etruskischen Hochkultur, von der sie viel lernten, was nicht nur die Auffassung von Dr. sc. phil. Ernst Strnad ist. Es sei nur auf seine im Druck befindlichen "unveröffentlichten Beiträge" hingewiesen (s. auch http://www.archivbbaw.de/ Strnad, Ernst).


Zum Autor:
Als Polyglott, der auch Lateinisch und Arabisch beherrscht, bekam Dr. Ernst Strnad in den 80er Jahren eine Berufung als Dozent an die Humboldtuniversität zu Berlin. Er erhielt den Auftrag, einen Lehrstuhl für Etruskologie zu begründen. Dort war bis 1994 hauptamtlich als Dozent tätig und wurde mit Vollendung des 66. Lebensjahres emeritiert. Bis heute arbeitet er freiberuflich als Historiker für Altertumswissenschaft mit Schwerpunkt Geschichte der Etrusker, Römer und alten Griechen.


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Quelle:
© 2010 Ernst Strnad
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2010