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FUNDSTÄTTEN/058: Leipziger Ägyptologe findet Überraschendes am Platz der Schöpfung (idw)


Universität Leipzig - 17.04.2015

Leipziger Ägyptologe findet Überraschendes am Platz der Schöpfung


Foto: © Universität Leipzig, Dr. Dietrich Raue

Überraschungsfund im Grundwasser: Etwa 2.400 Jahre alte Inschrift des Königs Nektanebo I.
Foto: © Universität Leipzig, Dr. Dietrich Raue

Eigentlich war das Grabungsteam um Dr. Dietrich Raue und Dr. Aiman Ashmawy vom Ägyptischen Antikenministerium im Kairoer Tempelbezirk Heliopolis auf der Suche nach 3.500 Jahre alten Umfassungsmauern. Was die Experten jedoch vor etwa drei Wochen zwischen Müllbergen und teils illegal gebauten Häusern fanden, überraschte Raue, den Kustos des Ägyptischen Museums der Universität Leipzig, dann doch sehr: In zwei bis drei Metern Tiefe stieß das deutsch-ägyptische Grabungsteam auf das Fragment einer großen Königsstatue aus Rosengranit (1213 bis 1203 vor Christus) und einige Meter weiter auf insgesamt sieben, etwa 2.400 Jahre alte Basaltreliefs.


Sie stellen eine Nilgott-Prozession aus der Zeit des ägyptischen Königs Nektanebo I., der von 380 bis 363 vor Christus regierte, dar. Die wertvollen Funde wurden direkt ins 500 Meter entfernte Freilichtmuseum Matariya gebracht und sind dort dauerhaft zu sehen. "Es ist ein absoluter Glücksfall und passiert auch nicht allzu oft, dass man solche Sachen findet", sagt Raue, der 2012 die Grabungen in Heliopolis initiierte. "Das ist der Ort, an dem laut ägyptischer Mythologie die Welt erschaffen wurde, das theologisch-religiöse Zentrum Ägyptens", erklärt der Ägyptologe.

Gemeinsam mit Studierenden der Universität Leipzig, einem niederländischen Zeichner, einem belgischen Geoarchäologen und einem Bauforscher aus Cottbus sowie Restauratoren und Archäologen aus Ägypten suchte Raue in den vergangenen Wochen im nordwestlichen Teil der 22-Millionen-Metropole Kairo nach dem einst berühmten, aber verschollenen Tempel. "Das ist eine echte Gemeinschaftsunternehmung", meint Raue.

Zunächst stieß das Team - wie erwartet - auf die mächtigen, etwa 17 Meter breiten und ebenso hohen Tempelmauern. Danach folgte mit der Ausgrabung der Reliefs und des Fragments die kleine Sensation. Wie die Fachleute erst vor kurzem erfuhren, gibt es dafür aber eine ebenso logische wie einfache Erklärung: Im Alten Ägypten nutzte man die mächtigen Umfassungsmauern, um darauf weitere Tempel zu errichten. Einiges von dem, was davon übrig blieb, fand nun Raues Team. Die Grabungsbedingungen waren teilweise schwierig. Da die geschichtsträchtigen Stücke unter dem Grundwasserspiegel lagerten, musste während der Arbeiten immer wieder das Wasser abgepumpt werden. Wenn der Strom für die Motorpumpe ausfiel, lief das Loch schnell voll.


Foto: © Universität Leipzig, Dr. Dietrich Raue

Grabungsgelände von Heliopolis - zwischen Müllbergen und Wohnhäusern in der Millionenmetropole Kairo.
Foto: © Universität Leipzig, Dr. Dietrich Raue

Dennoch sind die Experten gespannt darauf, welche Schätze das Areal noch zu bieten hat und wollen die Grabungen fortführen. "Unser Forschungsziel ist es, endlich die Tempel zur reichen historischen Überlieferung zu finden, da sie in vielerlei Hinsicht Vorbild für Ägypten waren", erläutert Raue, dessen Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der deutschen Botschaft in Kairo und anderen Partnern finanziell unterstützt wird. Dabei ist Eile geboten, denn der Platz der Schöpfung wird nach und nach mit Wohnhäusern bebaut, und die ägyptische Hauptstadt wächst ständig weiter. Im September fliegt Raue wieder für vier bis sechs Wochen nach Kairo und wird mit seinem Team in der Umgebung der Funde wieder graben. Bis dahin arbeiten seine ägyptischen Kollegen weiter vor Ort und suchen in dem rund einen Quadratkilometer großen Gebiet weiter nach steinernen altägyptischen Zeitzeugen. Dafür müssen sie sich aber erst durch die gigantischen Müllberge kämpfen. Der Aufwand könnte sich lohnen. "Wir rechnen mit zahlreichen weiteren Funden und Tempelresten", sagt Raue.



Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution232

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Leipzig, Dipl.-Journ. Carsten Heckmann, 17.04.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2015

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